Süddeutsche Zeitung

Erding:Die Böller sollen weg

In der Altstadt ist man sich einig: Feuerwerk an Silvester sollte verboten werden. Gründe gibt es viele: Schäden an den Gebäuden, Feinstaubbelastung und Verletzungsgefahr

Von Vanessa Neuss, Erding

Anwohner, Polizei, Feuerwehr und Rettungskräfte sind sich einig: Ein Böllerverbot in der Erdinger Altstadt ist sinnvoll. Bevor die Stadträte über ein Böllerverbot entscheiden, lädt OB Max Gotz (CSU) am nächsten Donnerstag, 14. November, Betroffene an den runden Tisch. So sollen alle Beteiligten Gehör bekommen. "Als Anwohner, Ladenbesitzer und Ardeo-Vorsitzender bin ich mehrfach von der Schießerei an Silvester betroffen und würde zu hundert Prozent hinter einem Verbot stehen", sagt zum Beispiel Wolfgang Kraus.

Hauptsächlich betroffen sind von der Knallerei die Anwohner und Ladenbesitzer in der Erdinger Altstadt. Emanuel Schwankl musste schon mehrere Schäden am Haus auf eigene Kosten reparieren lassen. Es sei höchste Zeit, etwas gegen die Böllerei in der Innenstadt zu unternehmen, sagt er. Trotz Schwierigkeiten dürfe man nicht vor einem Verbot zurückschrecken, sagt auch Kraus. "Wenn man sich an die Anfangszeiten des Rauchverbots in Bierzelten zurückerinnert, hätten viele auch nicht gedacht, dass es funktioniert. Nun raucht ganz selbstverständlich keiner mehr."

Noch bevor die Gruppierung Erding Jetzt den Antrag im Oktober gestellt hat, hatte Wolfgang Kraus' Bruder Hermann bereits im Januar einen Antrag für ein Böllerverbot in der Innenstadt eingereicht. In der Nachbarschaft wurde die Idee gut aufgefasst: "Wir konnten schon damals einige Unterschriften sammeln", so Kraus. Letztlich haben die Anträge das gleiche Ziel: die Böller aus der Altstadt zu verbannen.

"Silvester in der Innenstadt ist Krieg", sagt auch Florian Waxenberger vom Optikstudio Geyer am Schrannenplatz. Es gebe nicht nur immer mehr Böller und Raketen, vor allem der Umgang mit diesen wäre außer Kontrolle. Am Laden gab es zwar noch keine Schäden, dennoch versteht Waxenberger die Anwohner und hält ein Böllerverbot für sinnvoll. Für Stadtpfarrer Martin Garmeier steht noch ein anderer Grund im Fokus: der Umweltschutz. "Feuerwerk ist schön anzusehen, aber die Feinstaubbelastung ist enorm." Außerdem sehe die Stadt an Neujahr meist aus "wie Sau". Es gäbe zwar keine Garantie, dass die Umsetzung sofort funktioniere und sich alle daran hielten, dennoch müsse ein Anfang gemacht werden, sagt Kraus.

Die Erdinger Polizei steht grundsätzlich positiv dazu, auf Böller in der Altstadt zu verzichten. Der stellvertretende Inspektionsleiter Harald Pataschitsch findet allerdings, dass die Frage der Überwachung noch nicht geklärt ist. Es gäbe noch keinen Plan, wie die Stadt Erding sich dafür aufstelle. In anderen Städten im Umkreis gibt es bereits ähnliche Verbote, sagt er. Sowohl in Wasserburg als auch in Freising ist das Böllern in der Innenstadt nicht erlaubt. "Da können wir uns bestimmt einiges abschauen, falls es zu dem Verbot kommt."

In der Freisinger Innenstadt herrscht seit der Verschärfung des Sprengstoffgesetzes ein Böllerverbot. Es besagt, dass in unmittelbarer Nähe von Kirchen, Krankenhäusern, Kinder- und Altersheimen sowie historischen Gebäuden das Zünden von Silvesterkrachern verboten ist. "Die ganze Innenstadt ist tabu, allein schon wegen der vielen Kirchen und historischen Gebäuden", sagt Freisings OB Tobias Eschenbacher (FSM). Vor jedem Silvester weise die Stadt Freising die Bürger öffentlich darauf hin, dass Feuerwerkskörper nicht erlaubt sind. "Seitdem ist es deutlich ruhiger." Auch wenn es hin und wieder noch einige Ausreißer gäbe.

Auch die Feuerwehr und das Bayerische Rote Kreuz (BRK) in Erding befürworten die Einführung des Verbots. "Die Erdinger Altstadt ist sehr eng bebaut, dadurch kann es auch schnell brennen", sagt Stadtbrandinspektor Markus Gebauer. Das BRK weist noch auf andere Gefahren hin: In der Silvesternacht kommt es auch immer wieder zu Verletzungen. "Vor allem Augen- und Handverletzungen gibt es ab Mitternacht häufig", sagt Pressesprecherin Danuta Pfanzelt vom BRK. Sowohl für Einwohner als auch für Rettungskräfte sei es sicherer, auf das Böllern zu verzichten. Am besten in der ganzen Stadt, auch darüber wird diskutiert. Gotz hat diese Idee ins Spiel gebracht.

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Quelle:
SZ vom 07.11.2019
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