Spendenaktion in Erding:Eine Welle der positiven Art

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Ende Januar begann Helga Geißler die Aktion mit einem Aufruf in mehreren Zeitungen - die Resonanz war gigantisch. (Foto: Renate Schmidt)

Helga Geißler hat eine Briefmarken-Sammelaktion ins Leben gerufen. Die Resonanz ist überwältigend, mit dem Erlös werden Ausbildungen in Entwicklungsländern finanziert.

Von Julian Illig, Erding

Dass manchmal die kleinen Dinge den Unterschied machen, ist eigentlich eine Binsenweisheit. Doch eine herkömmliche Briefmarke wiegt gerade einmal 0,03 Gramm. Da muss schon einiges zusammenkommen, damit etwas Nennenswertes zusammenkommt. Bei Briefmarkensammelaktion der Kolpingfamilie Erding hat es geklappt. Ende Januar veröffentlichte Helga Geißler, die Organisatorin der Aktion, einen Aufruf in mehreren Zeitungen. Seitdem hat sie sage und schreibe 300 Kilogramm Briefmarken bekommen und weiter an die Kolping-Zentrale in Köln geschickt. Dort werden die Briefmarken an Händler verkauft. Mit dem Erlös finanziert das Kolpingwerk Ausbildungsplätze für Jugendliche in Entwicklungsländern.

Eine richtige Welle sei es gewesen, sagt Helga Geißler, aber mal eine im positiven Sinne. Jeden Tag hätten Leute sie kontaktiert Päckchen abgegeben, insgesamt 130 Anrufe habe sie erhalten: "Das ist gigantisch gewesen!" Um das alles zu bewältigen hat sie einen ebenso fleißigen wie bescheidenen Mithelfer. Der 79-Jährige will aber lieber unerkannt bleiben."Ich kann nichts wegschmeißen, ich muss es herrichten", sagt er. Er schneidet die Briefumschläge so zu, dass etwa ein Zentimeter Rand um die Briefmarke herum stehen bleibt, dann sind sie versandfertig. Mit der Arbeit kommt er fast nicht hinterher, sagt er.

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Ein Nachbar helfe ihm nun manchmal beim Ausschneiden, "wir hoffen, dass wir das irgendwann hinbringen." Zwei Bananenschachteln und mehrere Kartons voll hat er schon ausgeschnitten. Die Leute bringen so viel vorbei, dass er gerade noch so in die Wohnung reinkommt. "Wenn ich im Garten fertig bin, dann schnippel ich halt wieder an den Briefmarken", beschreibt er seinen Alltag. Seit Jahre macht er das schon. Doch so viel wie jetzt, hatte er noch nie zu tun.

Die Menschen haben viel Zeit im Moment und misten ihre Dachböden und Keller aus. Oft finden sie alte Briefmarken-Alben von Kindern oder Großeltern, die sie dann zu Geißler und ihrem Helfer bringen. Auf den Aufruf hin habe sich auch eine Jugendgruppe aus München gemeldet, die zusammen mit Bewohnern von Altenheimen Briefumschläge sammelt, als Ersatz für gemeinsame Aktionen in Präsenz. Das Briefmarkensammelprojekt habe auch eine soziale Funktion für alle Mitwirkenden, gemeinsam an etwas zu arbeiten und Kontakte zu haben sei "in der Corona-Zeit eine gute Sache", sagt Helga Geißler.

Mit dem Erlös ist das Kolpingwerk in Köln sehr zufrieden. 13 831,53 Euro kamen im vergangenen Jahr auf diese Weise zusammen, dieses Jahr soll es noch mehr werden. Da die Briefmarken sonst bloß ungenutzt herumliegen, habe das Projekt nur finanzielle Vorteile für alle. Für ein Kilo Briefmarken bezahlen Händler im Schnitt etwa zehn Euro. 300 Euro kostet laut dem Kolpingwerk eine Ausbildung in einem Entwicklungsland: "So lässt sich mit kleinen Marken große Hilfe leisten."

Helga Geißler hofft derweil auf eine zweite Welle - nur an Briefmarken natürlich. Und darauf, dass noch viel ungenutztes Potenzial auf Dachböden schlummert. So wollen sie weiter viele kleine Dinge zu etwas Großem zusammenfügen, einen Unterschied machen.

Helga Geißler ist für Briefmarkenspenden unter Telefon 0171/49 80 037 zu erreichen.

© SZ vom 03.04.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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