Erding:AWO setzt auf Neustart

Erding: Gertrud Eichinger, die neue Vorsitzende des AWO-Kreisverbands Erding.

Gertrud Eichinger, die neue Vorsitzende des AWO-Kreisverbands Erding.

(Foto: Regina Bluhme/oh)

Der Kreisverband will mit der neuen Präsidentin Gertrud Eichinger einen Schlussstrich ziehen unter zwei turbulente Jahre. Ob das so einfach gelingt? Noch ermittelt die Staatsanwaltschaft gegen ihren Vorgänger sowie den ehemaligen Vorstand.

Von Regina Bluhme, Erding

Einen Neuanfang für den Kreisverband der Arbeiterwohlfahrt (AWO) erhofft sich Gertrud Eichinger, die frisch gewählte neue Vorsitzende des Präsidiums. Ob der Schlussstrich so einfach gelingt, wird sich zeigen. In den vergangenen beiden Jahren ist doch einiges zu Bruch gegangen. Aktuell laufen noch immer Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Landshut wegen des Tatverdachts der Untreue sowohl gegen den langjährigen Vorsitzenden Fritz Steinberger als auch gegen die ehemaligen hauptamtlichen Vorstände, Karin Seibt und Christian Cosimo.

Dass eine externe Rechtsanwältin aus München zu einer Kreiskonferenz der AWO anreist und vor dem Programmpunkt "Neuwahlen" kurz ein Statement abgibt, ist schon ungewöhnlich. So geschehen am vergangenen Samstag in der außerordentlich einberufenen Versammlung des Erdinger Kreisverbands. Juristin Sandra Weitl-Ott ging zunächst auf die im September 2020 stattgefundene Präsidiumswahl ein. Dort hatte es Fritz Steinberger, jahrzehntelanges Mitglied und jahrelanger Vorsitzender des AWO-Präsidiums, kalt erwischt: Er war nicht wieder gewählt worden. Daraufhin hatte er angekündigt, die Wahl anfechten zu wollen, ein unabhängiges AWO-Schiedsgericht sollte über eine Wiederholung entscheiden. Bevor das Gremium aber überhaupt zu einer Entscheidung gekommen war, einigten sich laut Weitl-Ott aber Steinberger und der Kreisverband darauf, dass die Wahl auf jeden Fall wiederholt werden soll. Corona-bedingt habe diese erst jetzt stattfinden können.

Dann ging Sandra Weitl-Ott auf die im Juni 2021 fristlos erfolgte Kündigung der beiden hauptamtlichen Vorstände des AWO-Kreisverbands, Karin Seibt und Christian Cosimo, ein. Ein unabhängiges Schiedsgericht habe angeordnet, dass sowohl für Seibt und Cosimo als auch für Steinberger "die Rechte der Mitgliedschaft" für sechs Monate ruhen müssen. Die Sechs-Monate-Frist hatte bei der außerordentlichen Kreiskonferenz noch Gültigkeit, somit durften die drei auch nicht teilnehmen. Im Raum stünden durchaus schwere Vorwürfe, erklärte Weitl-Ott, aufgrund der Persönlichkeitsrechte der Betroffenen dürfe sie dazu aber keine näheren Angaben machen.

Wie Alexander Ecker von der Pressestelle der Staatsanwaltschaft Landshut auf Nachfrage der SZ bestätigt, ermittelt die Staatsanwaltschaft sowohl bei Karin Seibt und Christian Cosimo als auch bei Fritz Steinberger wegen der Tatverdachts auf Untreue. Gegenstand des Tatverdachts der Untreue sei zudem der Verdacht der Beschäftigung von Familienangehörigen zu überhöhten Bezügen. Im Rahmen der Ermittlungen fanden dieses Jahr am 27. Januar Wohnungsdurchsuchungen bei allen drei Beschuldigten statt. Dabei wurden laut Oberstaatsanwalt Ecker insbesondere Unterlagen, Mobiltelefone und ein Laptop sichergestellt. Die Ermittlungen und die Auswertung der Gegenstände dauerten derzeit an. Ein Ausschlussverfahren werde derzeit gegen die drei nicht angestrebt, erfuhren die Delegierten bei der Kreiskonferenz.

Erding: Fritz Steinberger im Juli 2020, damals noch als AWO-Chef, bei der Einweihung des AWO Jugendhauses.

Fritz Steinberger im Juli 2020, damals noch als AWO-Chef, bei der Einweihung des AWO Jugendhauses.

(Foto: Renate Schmidt)

Bei den Neuwahlen schaffte es dann Gertrud Eichinger auf Anhieb ins Amt, mit sechs Ja-Stimmen, vier Nein und einer Enthaltung sehr knapp. Markus Marschall, bisher schon Präsidiumsmitglied, und der erstmalig antretende Dino Oruc wurden im zweiten Wahlgang ins Präsidium gewählt. Auf Anhieb schafften es zwei junge Frauen: Anne Pohl und Emel Sengüler. Eichinger betonte, die AWO stehe für den Kampf für eine sozialgerechte Gesellschaft und für praktizierte Solidarität. Und sie verwies ausdrücklich darauf, dass ihr neues Amt ein Kontrollorgan sei. Hauptamtlicher Vorstand des AWO-Kreisverbands Erding ist seit wenigen Monaten Florian Selg.

Bei der außerordentlichen Kreiskonferenz am Samstag in der Erdinger Stadthalle war Nicole Schley nicht anwesend. Die AWO-Landesvorsitzende ist zugleich SPD-Bürgermeisterin in Ottenhofen und hat somit den Kreisverband vor ihrer Haustür. In einem Schreiben erklärt sie, dass sie froh sei, "das wir jetzt einen echten Neuanfang geschafft haben beim Kreisverband Erding und die Querelen der Vergangenheit hinter uns lassen können."

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