Ella ist eine hübsche, sandfarbene Labradorhündin. Beim Fototermin in Erding blickt sie interessiert in Richtung Kamera und weicht Michaela T. nicht von der Seite. Ella ist die Assistenzhündin der 31-Jährigen und vor wenigen Wochen bei ihr eingezogen. Der Weg dorthin war lang.
Im Oktober vergangenen Jahres sollte Michaela T. ihre Assistenzhündin zum ersten Mal treffen. Die junge Frau leidet aufgrund einer posttraumatischen Störung immer wieder unter Krampfanfällen. Auslöser für den Kontrollverlust kann ein bestimmtes Geräusch oder Kleidungsstück sein. Zuweilen war es so schlimm, dass die 31-jährige junge Frau aus dem Landkreis Erding mehrmals die Woche ins Krankenhaus gebracht werden musste.
Das Schicksal von Michaela T. die ihren vollen Namen nicht nennen will, um nicht stigmatisiert zu werden, ging einem Erdinger Notarzt zu Herzen. Er rief bei Dominika Andryszczak-Bury, der Leiterin der Außenstelle des Weißen Rings Erding, an und erzählte ihr von einer jungen Frau, die immer wieder in die Notaufnahme gebracht werde. Ob der Verein nicht einen Assistenzhund vermitteln könne? Dominika Andryszczak-Bury nahm sich sofort der Sache an. Eine langwierige Suche begann. Sie dauerte fast zwei Jahre, bis die Assistenzhündin bei Michaela T. einziehen konnte.
Die speziell ausgebildete Hündin könne am Geruch erkennen, „dass sich was anbahnt“, erzählt die 31-Jährige. Ella stupse sie an oder lege ihre Pfote auf. Dann könne sie noch rechtzeitig ein Notfallmedikament nehmen oder sich zumindest rechtzeitig hinsetzen. „Seit ich Ella habe, bin ich nie mehr aus dem Stand zu Boden gestürzt“, erzählt Michaela. Auch die Zahl der Anfälle sei weniger geworden.
Inzwischen traue sie sich dank Ella wieder allein aus dem Haus
Eine wichtige Aufgabe der Labradorhündin ist es, die 31-Jährige zu beruhigen. Ella vermittelt Michaela T. Sicherheit. Im Oktober erzählte die 31-Jährige noch von der großen Angst, nach draußen zu gehen, von der Angst, wieder die Kontrolle zu verlieren. Dank Ella traue sie sich jetzt wieder allein aus der Wohnung, sie unternimmt Spaziergänge, „mit Ella lerne ich ganz neue Wege kennen“, sagt die junge Frau heute und lächelt. Freier und sicherer sei sie geworden, seitdem der Assistenzhund auf sie aufpasst. Auch in den Supermarkt traue sie sich inzwischen wieder allein. Zuvor ging das nur in Begleitung der Eltern.

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Noch nie zuvor hatte der Weiße Ring Erding einen Assistenzhund vermittelt. Dominika Andryszczak-Bury wälzte Akten, schrieb Anträge. Dabei erfuhr sie auch, dass ein Assistenzhund für Menschen mit Epilepsie keine Krankenkassenleistung ist. Knapp 30 000 Euro habe die Anschaffung gekostet, erzählt sie. Der Bezirk Oberbayern genehmigte einen Zuschuss von 15 000 Euro und beteiligt sich auch an den laufenden Kosten. Andryszczak-Bury setzte weiter alle Hebel für Zuschüsse oder Fördergelder in Bewegung. Es sei gelungen, die restliche Summe mithilfe von Spendengeldern aufzubringen, so Andryszczak-Bury.
Assistenzhündin Ella ist zugleich Freundin und Beschützerin der 31-Jährigen. Verhindern lassen sich die Anfälle leider nicht, und so ist es erst kürzlich auf offener Straße wieder passiert. Wer helfen will, der sollte dies berücksichtigen: Grundsätzlich die 112 wählen, der jungen Frau eine Decke unter den Kopf legen, sie möglichst nicht berühren – und den Hund niemals von ihr trennen. Ella müsse unbedingt an ihrer Seite bleiben, sagt die 31-Jährige, auch im Krankenwagen, denn da dürfe sie mitfahren.