Süddeutsche Zeitung

Erding:Arabisch-Lehrer dringend gesucht

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Nur dank einer Notlösung finden wieder Kurse an der Volkshochschule statt. Wer die Sprache lernen will, muss viel wiederholen. "Jeden Tag mindestens 15 Minuten, sonst ist man verloren", sagt Kursleiterin Mariam Khalifa Bris

Von Judith Issig, Erding

Arabisch, das ist eine Weltsprache: 300 Millionen Menschen sprechen diese Sprache. Mit den Flüchtlingen, zum Beispiel aus Syrien und dem Irak, kommen immer mehr arabischsprachige Menschen in den Landkreis. Einige werden auf Dauer bleiben. Viele von ihnen lernen Deutsch, auch an der Volkshochschule (VHS) in Erding. Seit mehr als 15 Jahren bietet die VHS auch Kurse in Arabisch an. Die Nachfrage ist seither ungebrochen hoch. "In ganz Deutschland lernen immer mehr Menschen Arabisch", sagt Eleni Lehner. Sie organisiert die Sprachkurse an der VHS. Doch Lehner hat ein Problem: Sie braucht dringend einen neuen Arabischlehrer.

Im Herbst 2014 hatte sie einen besonderen Dozenten gefunden: Masoud Mohamad, ein Syrer, der aus Damaskus geflohen war und in Isen eine Bleibe gefunden hatte. Er hatte selbst an der VHS in Erding Deutsch gelernt und so schnell Fortschritte gemacht, dass Lehner ihn direkt als Lehrer für seine Muttersprache verpflichtete. Doch Masoud Mohamad musste umziehen. Und Eleni Lehner stand ohne Lehrer da, aber dafür mit jeweils neun Anmeldungen für einen Anfänger- und einen Fortgeschrittenenkurs. Geplanter Kursbeginn: Oktober 2015. Lehner blieb nichts anderes übrig, als beide Kurse abzusagen.

Von Februar an kann sie jetzt wieder einen Anfänger- und einen Fortgeschrittenenkurs anbieten. Mariam Khalifa Bris, die bis vor sieben Jahren Arabischkurse an der VHS in Erding gegeben hatte, springt als Aushilfslehrerin ein. Der Haken: Khalifa Bris ist berufstätig, hat drei kleine Kinder - und kann die Kurse nur an einem Freitagabend geben. "Erfahrungsgemäß laufen die Kurse freitags nicht", sagt Lehner. Auch noch so fleißige Schüler möchten am Freitagabend lieber ins Wochenende starten, statt sich in einen Sprachkurs zu setzen. Obwohl es für beide Niveaus ausreichend Interessenten gab, haben sich für den Anfängerkurs erst sieben, für den Fortgeschrittenenkurs erst zwei Teilnehmer angemeldet, sagt Lehner: "Ob der Fortgeschrittenenkurs stattfinden kann, ist fraglich. Und das, obwohl alle aus dem letzten Kurs weitermachen wollten."

Die Suche nach einem neuen Lehrer ist nicht leicht. "Ich will Profis", sagt Eleni Lehner, "es reicht nicht, nur Muttersprachler zu sein". Kenntnisse in der Erwachsenenbildung oder ein Pädagogikstudium sind von Vorteil. Masoud Mohamad hatte in seiner Heimat Anglistik studiert, auch Mariam Khalifa Bris hat Kenntnisse in Linguistik. Letztendlich entscheidet Lehner aber im Einzelfall, wer als Dozent geeignet ist. "Sobald wir einen Kursleiter finden, wird der Kurs wieder am Mittwoch stattfinden", verspricht sie. Für das kommende Sommersemester, das im Februar beginnt, ist es dann aber schon zu spät. Für viele Arabischschüler wird es schwierig werden, das Gelernte zu behalten, ohne die Übung im Kurs. Wer die Sprache wirklich lernen will, muss viel wiederholen. "Jeden Tag mindestens 15 Minuten, sonst ist man im Arabischen verloren", sagt Kursleiterin Mariam Khalifa Bris. Besonders schwierig sei die arabische Aussprache für die deutschen Schüler. Khalifa Bris lässt ihre Kursteilnehmer fühlen, an welchen Stellen die Luft beim Sprechen durchströmt. "Wir lachen viel im Kurs", sagt sie.

Erst nach ungefähr einem Jahr an der VHS könnten die meisten Sprachschüler einfach Dinge sagen: Begrüßungsfloskeln, sich vorstellen, Gespräche beim Einkaufen führen. Schließlich muss man zu Beginn wie ein Erstklässer ein völlig neues Alphabet lernen. "Manche Buchstaben unterscheiden sich nur durch Punkte", sagt Khalifa Bris. Dann aber mit den neu ankommenden Syrern und Irakern zu kommunizieren wird schwierig, sagt Khalifa Bris. Wer nur Hocharabisch kann, versteht von den verschiedenen arabischen Dialekten oft nur die Hälfte. Manche Wörter bedeuten das gleiche.

Khalifa Bris ist mehrsprachig: Ihre Mutter ist Spanierin, der Vater "Araber", wie sie selbst sagt. Den Großteil ihrer Kindheit hat sie im Irak verbracht, einen Teil des Studiums in England, jetzt lebt sie in München und arbeitet am Flughafen. Mit ihren Kindern spricht sie im irakischen Dialekt, doch an der VHS unterrichtet sie Hocharabisch. Schriftstücke, offizielle Dokumente, Nachrichten, das alles wird in Hocharabisch verfasst, doch jedes Land und jede Region hat einen eigenen Dialekt.

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SZ vom 25.01.2016
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