Süddeutsche Zeitung

Erding:Antrag gegen Dumping-Löhne

Soll in Schulen weiterhin Fremdpersonal putzen? Eigentlich hätte der Kreistag nur noch dem Antrag zustimmen müssen. Doch dann wurde diskutiert.

Florian Tempel

Vor Beginn der Sitzung schien noch alles klar: Die neue Fachoberschule-Berufsoberschule (FOS/BOS) würde, wie alle anderen Schulen in der Zuständigkeit des Landkreises, von einer Reinigungsfirma geputzt werden. Da der Landkreis aber nicht einfach den billigsten Anbieter verpflichten will, wurden für die Ausschreibung der Putzarbeiten Qualitätskriterien eingebaut, die Dumping-Firmen keine Chancen lassen.

Das schien ein kluger Vorschlag der Verwaltung zu sein, der vom Kreisausschuss des Kreistags nur noch abgesegnet gehörte. Doch so glatt lief es nicht. Stattdessen entwickelte sich eine Grundsatzdebatte um die Frage: Sollen überhaupt externe Reinigungsfirmen zum Zug kommen oder nicht besser - wie früher - eigene Putzleute angestellt werden?

Den Anstoß zur Diskussion gab Erdings Bürgermeister Max Gotz (CSU): "Ich bleibe dabei, dass es besser ist, mit fest angestelltem Personal die Schulen zu reinigen." Eine feste und zuverlässige Putzfrau sei doch das einzig Wahre. Die SPD-Vertreter im Ausschuss, Michaela Meister und Fritz Steinberger, sowie Helga Stieglmeier von den Grünen stimmten dieser Einschätzung entschieden zu. Die Forderung bekam zusätzliches Gewicht, als Josef Biller, der Leiter der Berufsschule von aktuellen Problemen mit den Putzleistungen einer Fremdfirma in seiner Schule berichtete.

Auf der anderen Seiten gab es allerdings auch Gegenargumente. Herbert Knur (CSU) sagte, die vor vielen Jahren getroffene Entscheidung, die Schulen des Landkreises von Fremdfirmen putzen zu lassen, habe zur Einsparung eines "nicht geringen sechsteiligen Betrags" geführt. Neben dem Kosten hätten seinerzeit jedoch auch noch andere Gründe gezählt. Wenn angestellte Putzkräfte erkrankten, sei die Arbeit einfach liegen geblieben. Eine Firma könne hingegen auf Personalausfälle besser reagieren. Zudem seien die Hausmeister mit der Beaufsichtigung der Putzleistungen überfordert gewesen. All diese Argumente müssten auch heute noch gelten.

Landrat Martin Bayerstofer (CSU) räumte ein, man habe mit den verschiedenen beauftragten Reinigungsunternehmen "unterschiedliche Erfahrungen" gemacht. Eine Lehre habe man jedoch daraus schon gezogen: Eine Ausschreibung, nach der einfach der billigste Anbieter genommen werden muss, wolle man nicht mehr durchführen. Für eine Ausschreibung, die durch Qualitätskriterien Billiganbieter weitgehend ausschließt, hat sich das Landratsamt deshalb Rat bei einem Sachverständigen für das Gebäudereinigungshandwerk geholt. Nach dessen Ausschreibungstext zählt der eigentliche Preis einer Firma nur 60 Prozent. Als weitere Vergabekriterien wurden unter anderem Schulungen des Personals, die technische Ausstattung, eine Darstellung der firmeninternen Qualitätssicherung, Maßnahmen zum Umweltschutz und vieles mehr eingebaut.

Der Kreisausschuss diskutierte hin und her, ob Fremdfirma oder eigene Angestellte wohl besser und günstiger putzten, entschied sich aber letztlich doch, den FOS/BOS-Auftrag an eine Firma zu vergeben. Nicht aus inhaltlichen, sondern nur aus formalen Gründen: Weil es eilte und die europaweite Ausschreibung der Putzarbeiten Ende der Woche losgehen muss. Und weil zur Entscheidung der Grundsatzfrage erst einmal Daten gesammelt und verglichen werden müssten. Bayerstorfer gab nicht nur der zuständigen Verwaltungsabteilung im Landratsamt den Auftrag, eine Zusammenfassung zum Thema zu erarbeiten, sondern forderte auch den Erdinger Bürgermeister Gotz auf, die Erfahrungen und Kosten bei den städtischen Schulen, die noch von eigens angestellten Putzleuten gereinigt werden, darzulegen.

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Quelle:
SZ vom 28.10.2010
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