Weil er „Spaß machen“ wollte, sei er gegen 23 Uhr in den Club in der Erdinger Innenstadt gegangen, erinnerte sich das mutmaßliche Opfer an den 9. April 2022. Er habe getrunken und getanzt. Bis ihn der Angeklagte gegen vier Uhr gefragt habe, ob er eine Zigarette mit ihm rauchen wolle. Vor dem Lokal habe man über Belangloses geredet. Dann jedoch habe ihm der Wirt den „Spaß kaputt gemacht“, beschwerte sich der 25-Jährige. Der Angeklagte beteuerte bei dem Prozess am Erdinger Amtsgericht, dass er die Tat nicht begangen habe. Am Ende wurde er freigesprochen.
Der 25-Jährige sagte aus, dass der Wirt plötzlich sein „Gesicht geändert“ und ihm eine „richtige Faust gegeben“ habe. Seine Nase habe geblutet und er sei zu Boden gefallen. Im Krankenhaus wurde anschließend seine Nase versorgt, auch eine Schädelprellung diagnostizierten die Ärzte.
Der Angeklagte versicherte, er sei den ganzen Abend in der Diskothek gewesen und habe dort Musik aufgelegt. Obwohl es knapp drei Jahre her ist, könne er sich deshalb gut erinnern, weil sein Discjockey an dem Tag kurzfristig abgesagt hatte. Von dem Vorfall am Eingang sei ihm zwar berichtet worden, sagte der 36-Jährige, gab aber zu bedenken: „Vom Hörensagen hört man viel“. Wer zugeschlagen hat, könne er nicht sagen.
Das mutmaßliche Opfer sei vorher schon mehrere Male in seinem Club gewesen – ohne zu bezahlen. Manchmal sei er so betrunken gewesen, dass er sich nicht mehr auf seinem Stuhl habe halten können. „Du passt hier nicht rein“, habe er ihm klargemacht und ihm Hausverbot erteilt. Warum er ihn an jenem Samstag dennoch in sein Lokal gelassen hat, blieb offen.
Daraus, dass er gerne trinkt, machte der 25-Jährige keinen Hehl: „Wenn ich in eine Diskothek gehe, möchte ich betrunken sein – immer“. So auch am Tattag: Bevor er in die Bar gegangen sei, habe er sieben Bier getrunken und in der Bar mehrere Wodka-Energy-Drinks. Polizeibeamte berichteten, der junge Mann habe unmittelbar nach der Tat „wirre Angaben“ gemacht und sei nicht vernehmungsfähig gewesen. Die späteren Vernehmungen beschrieb einer der Beamten als „Hin und Her“: Mal habe sich der 25-Jährige weder an das Tatgeschehen noch an Alter und Aussehen des Täters erinnern können. Ein anderes Mal sei er sich sicher gewesen, dass es der Angeklagte war.
Den Sachverhalt „zurecht gedreht“
Vor Gericht schilderte er zunächst nur den Faustschlag. Erst als Amtsrichter Thomas Bauer ihm vorhielt, dass er bei der Polizei auch von Fußtritten gegen den Kopf berichtet hatte, gab er an, sich daran zu erinnern. „Mein Deutsch ist nicht so gut“, versuchte der Mann die Abweichungen zu erklären. Ein Dorfener Polizist berichtete, dass der Mann schon vor dem Vorfall aufgefallen war. Mehrmals sei er wegen Suizidgefahr ins Bezirkskrankenhaus in Taufkirchen eingewiesen worden. Dazu kamen Alkohol und möglicherweise Drogen. Es habe ihn gewundert, so der Beamte weiter, dass der 25-Jährige, der nach eigenen Angaben als Landwirtschaftshelfer gearbeitet hat, gegenwärtig aber arbeitslos ist, lange nicht behandelt worden sei. Mittlerweile ist der Mann offenbar wegen einer diagnostizierten Schizophrenie in Behandlung.
Wegen der vom Verletzten angegebenen Tritte mit dem Schuh hatte die Staatsanwaltschaft den Clubbetreiber wegen gefährlicher Körperverletzung angeklagt. Daran hielt die Staatsanwältin in Plädoyer nicht fest: Auf die Angaben des 25-Jährigen, der vier verschiedene Tatvarianten präsentiert habe, lasse sich eine Verurteilung nicht stützen. Dem schloss sich Bauer an: Das mutmaßliche Opfer habe den Sachverhalt „zurecht gedreht“. Allerdings sei auch die Einlassung des Angeklagten „nicht bis ins Letzte glaubhaft“. Merkwürdig sei vor allem sein Verhalten gegenüber der Polizei: Wer nichts mit der Tat zu tun hat, könne doch Angaben machen, gab der Richter zu bedenken. Letztlich gelte aber der Grundsatz: im Zweifel für den Angeklagten.