Lesung in Erding:Die eigene Ruhe ist das beste Instrument

Lesung in Erding: Brigitte Emmering stellt im Aktiv-Treff ihr neues Buch "Hab etwas Zeit für mich bitte" vor.

Brigitte Emmering stellt im Aktiv-Treff ihr neues Buch "Hab etwas Zeit für mich bitte" vor.

(Foto: Renate Schmidt)

Autorin Brigitte Emmerling berichtet im Aktiv-Treff über ihre positiven Erfahrungen in ihrem Beruf als Heilerziehungspflegerin. Das Erlebte hat sie in ihrem neuen Buch verarbeitet.

Von Johannes Lesser, Erding

Das Haus der Begegnung in der Erdinger Innenstadt ist gut gefüllt. Etwa 20 Personen haben sich zur Lesung der Autorin und ehemaligen Heilerziehungspflegerin Brigitte Emmerling eingefunden. Jeden Montagvormittag lädt der Aktiv-Treff zu Kaffee und Kuchen ein. Zum Rahmenprogramm gehören auch Vorträge und Lesungen.

Brigitte Emmerling ist 66 Jahre alt und blickt auf ein bewegtes Leben zurück. 20 Jahre lang war sie verheiratet, ist Mutter von drei Kindern. Dann kamen die Trennung und ein Neuanfang. Mit 44 Jahren begann sie die Ausbildung in der gemeinnützigen Behindertenhilfe Algasing. Drei Jahre zuvor hatte sie dort als Stationshilfe angefangen. Sie habe eine neue Struktur im Leben gebraucht und nach einer Tätigkeit im sozialen Bereich gesucht, erzählt sie.

Obwohl die Ausbildung fordernd war, konnte Emmerling dort auch für das Leben außerhalb ihrer Arbeit in Algasings lernen. Mit dem Beginn ihrer Tätigkeit war sie nach Dorfen gezogen und baute sich dort über die Jahre ein großes Netzwerk an Freunden und Bekannten auf. Dorfen wurde für sie zu einer richtigen Heimat. Arbeit und Stadt seien das Beste gewesen, was ihr passieren konnte, sagt sie heute. Aus der absolvierten Ausbildung zog sie damals neues Selbstvertrauen.

In dieser Zeit fing sie zudem an zu schreiben, zunächst nur für sich selbst. Über einen längeren Zeitraum kamen immer mehr Geschichten zusammen und Emmerling entschloss sich, sie in einem Buch zusammenzufassen und zu veröffentlichen. Als es schließlich erschien, sei sie noch unsicher gewesen, schildert sie. Aber diese Unsicherheit verflüchtigte sich bald. Mittlerweile hat Brigitte Emmerling vier Bücher veröffentlicht.

Trotz ihrer unterschiedlichen Themen haben sie die gleiche Intention: Sie sollen die Leserinnen und Leser zum Nachdenken anregen und sie dazu bringen, über ihre Tätigkeiten, die Dinge, die sie umgeben, und die Begriffe, die sie verwenden, genauer nachzudenken und sie näher zu betrachten. Dabei liegt der Fokus auf positiven Themen. Darauf legt sie auch Wert bei der Auswahl ihrer Geschichten.

In diesen wechselt die Autorin in ihrem neuesten Werk "Hab etwas Zeit für mich, bitte" auch die Perspektiven und lässt damit Einblicke in die Welt von Menschen zu, die ihren Alltag nicht selbstbestimmt meistern können. Es fließen ihre Erfahrungen in Algasing ein. Mit nicht sprechenden Bewohnern werde viel nonverbal kommuniziert, erzählt Emmerling, es brauche viel Empathie und Zeit, um deren Bedürfnisse zu erkennen.

Der steigende Zeitdruck ist ein Problem

Dabei sei die eigene Ruhe das beste Instrument. Sich die Zeit nehmen, um sich über die Hintergründe der Bewohner zu informieren, um dann etwas machen zu können, das sie beruhigt - das war etwas, was Brigitte Emmerling selbst erst lernen musste und nun an junge Pflegekräfte weitergibt. Die Faszination des Berufs ist für sie, dass man von den Bewohnern viel zurückbekommt, wenn ihnen Hilfe gegeben wird. Auch wenn das durch den steigenden Zeitdruck immer schwieriger werde.

Als die Autorin ein Kapitel aus ihrem aktuellen Buch vorstellt, das eine Alltagssituation aus der Perspektive eines kleinen Jungen mit Autismus schildert, applaudiert der ganze Raum. Im Anschluss nimmt sie sich Zeit, um Fragen zu beantworten. Dabei erzählt sie, dass es im Verständnis für Menschen mit geistiger Behinderung in den vergangenen 30 Jahren eine große Entwicklung gegeben habe. Brigitte Emmerling beendet die Lesung mit einem Gedicht über die Zeit und wie wichtig es sei, sie bewusst wahrzunehmen.

Das positive Feedback freut sie. Lesungen waren schon länger geplant, aber die Corona-Pandemie stand dem Vorhaben zunächst im Weg. Abseits des Schreibens hat Brigitte Emmerling in der nächsten Zeit einiges vor. So gehen aktuell die Proben zur Aufführung von Goethes Faust in Dorfen los, bei der sie als Statistin zu sehen sein wird. Außerdem geht sie gerne spazieren, trifft Freunde und unterstützt das Team in Algasing ehrenamtlich. Der Generation ihrer Enkel rät sie, mit dem zufrieden zu sein, was sie haben, und ehrlich durchs Leben zu gehen.

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