Entschuldigung hätte Teil der Strafe erspart:Streit um Hausverbot eskaliert

Lesezeit: 3 min

Flaschensammler werden am Flughafen nicht geduldet. Doch nicht jeder kümmert sich darum. (Foto: Marco Einfeldt)

Alkoholisierter Flaschensammler droht stellvertretender Marktleiterin am Flughafen, sie umzubringen. Fünf Monate Haft

Von Gerhard Wilhelm, Erding

Am Schluss der Verhandlung hatten sogar der Staatsanwalt und Richterin Sabine Schmaunz ein wenig Verständnis für den 38-jährigen Angeklagten, denn der Auslöser für die Anklage wegen zweifachen Hausfriedensbruch, Beleidigung und Bedrohung war letztlich ein Bon für zurückgegebene Pfandflaschen. Den hatte der Angeklagte in einem Supermarkt am Flughafen weder einlösen noch dafür einen Wein kaufen dürfen, da er dort Hausverbot hatte. Deshalb beschimpfte er die stellvertretende Marktleiterin wüst und bedrohte sie: "Ich bring dich um", soll er zu ihr gesagt haben. Das Urteil lautete schließlich auf fünf Monate Haft ohne Bewährung, da der 38-Jährige in den vergangenen zwei Jahren eine ganze Latte von Hausfriedensbrüchen begangen hatte.

"Ich kann es in gewissen Maßen verstehen, dass sie sauer waren, wenn man ihnen ihre einzige Einnahmequelle wegnimmt", sagte der Staatsanwalt. Der Angeklagte war aus der Justizvollzugsanstalt Landshut ins Amtsgericht Erding gebracht worden. Dort saß er seit dem Vorfall am 30. September, da er zur Tatzeit noch unter Bewährung auf freiem Fuße war - verklagt worden war er wegen wiederholten Hausfriedensbruchs. An dem Tag war er gegen 10.20 Uhr in den Supermarkt am Flughafen gegangen, um dort seine am Airport eingesammelten Flaschen in den Pfandautomaten zu werfen und um sich mit dem Bon eine Flasche Wein zu kaufen. Einen Beruf hat der Angeklagte nicht, nicht mal eine Ausbildung. Vor Gericht gab er an, dass er vom Flaschensammeln lebe.

Der 38-Jährige ist in dem Einkaufsmarkt kein Unbekannter. Die stellvertretende Leiterin schilderte ihn vor Gericht als "nicht vertrauenswürdigen Kunden", der öfters schon "ausgeflippt" sei. Einen Diebstahl habe man ihm nie nachweisen können, aber ihm immer wieder mündlich Hausverbot erteilt. Diesmal sei die Sache aber eskaliert. Nachdem sie ihm gesagt habe, dass er im Markt nicht erwünscht sei und deshalb auch keinen Wein kaufen könne, sei er aggressiv geworden und habe sie übelst beschimpft und auch mit dem Tode bedroht. Dass er auch kein Geld für seinen Bon bekam, sondern nur die Pfandflaschen zurück, habe ihn wohl noch mehr erbost, und er habe ihr den Bon vor die Füße und einmal ins Gesicht geworfen.

Obwohl der Angeklagte sie in einem Mischmasch aus Spanisch, Italienisch und Rumänisch beschimpfte, verstand es die Zeugin, "da ich selber gebürtige Rumänin bin." Als sie gemerkte habe, dass er ebenfalls Rumäne ist, erklärte sie ihm auf Rumänisch noch einmal, dass er Hausverbot habe. Die Drohungen des Mannes habe sie sehr ernst genommen, so aggressiv wie er gewesen sei. Letztlich nahmen ihn die herbeigerufen Polizisten mit auf die Wache, wo er sich aber weigerte einen Alkoholtest zu machen und das Vernehmungsprotokoll zu unterschreiben. Nachdem man ihm noch einmal sagte, dass er Hausverbot habe, ließ man ihn frei.

Der Angeklagte räumte den Vorfall durchaus ein, aber an alles konnte er sich nicht mehr erinnern. Er gab an, bis zu dem Zeitpunkt bereits zwei Flaschen Wein und zwei bis drei Bier getrunken zu haben. Ein Alkoholproblem habe er aber seiner Meinung nach nicht. Er habe damals nicht eingesehen, warum er für den Bon keinen Wein bekommen sollte. So recht konnte er sich auch nicht mehr daran erinnern, dass er von der Wache sofort wieder zum Markt geeilt und dort die stellvertretende Leiterin verfolgt haben soll. Die flüchtete vor ihm. Die Verfolgung endete in einem Treppenhaus, dessen Türen nur per Chipkarte zu öffnen sind - und anschließend zum zweiten Mal auf der Wache.

Der Staatsanwalt und Richterin Schmaunz waren sich einig, dass der Angeklagte chronisch den Hausfrieden breche, aber deshalb kein "Krimineller" sei. Er sei auf Flaschensammeln als Einnahmequelle angewiesen. Verteidiger Martin Paringer wies darauf hin, dass man am Airport sehr schnell ein Hausverbot erhalte, da die FMG keine Flaschensammler auf ihrem Gebiet dulde. "Abfall ist Eigentum der Betreibergesellschaft" heiße es. Für Flaschensammler sei der Airport aber ein gutes Revier, da viele Fluggäste ihre Flaschen einfach wegwerfen würden. Der Angeklagte habe sich "um seinen Lohn" gebracht gefühlt und der Alkohol habe seines beigetragen. Drei statt fünf Monate Freiheitsstrafe seien angebrachter.

Richterin Sabine Schmaunz sah aber wie der Staatsanwalt die Notwendigkeit, ein deutliches Zeichen zu setzen angesichts dessen, dass der 38-Jährige immer schneller straffällig werde. Zudem habe er ohne Job bei seinem Leben keine gute Sozialprognose. Dass es doch fünf Monate wurden, lag vielleicht auch daran, dass der Angeklagte einen Ratschlag seines Verteidiger in den Wind schlug. Statt sich bei der Marktleiterin zu entschuldigen, sagte er im Gegensatz zu seinem Verteidiger, er habe nichts mehr zu sagen.

© SZ vom 22.12.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: