Energiewende im Landkreis Erding:Zu schwach für künftige Herausforderungen

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Der Netzbetreiber Tennet erneuert Stromtrassen auch im Landkreis Erding. Zwei Varianten werden auf ihre Raumverträglichkeit geprüft. Zwei Gemeinden sind besonders involviert

Von Philipp Schmitt, Finsing/Ottenhofen

Ohne eine leistungsfähige Infrastruktur wird die Energiewende nicht gelingen, auch im Landkreis werden die Weichen neu gestellt. Auch die Kapazitäten der Höchstspannungsstromleitungen zwischen Oberbachern im Landkreis Dachau und Ottenhofen reichen für den Wandel nicht mehr: Das 47 Kilometer lange Netz zwischen den beiden Umspannwerken soll zur Versorgung des Großraums München bis 2026 durch einen Ersatzneubau fit für die Zukunft gemacht werden. Zwei Varianten sollen jetzt auf ihre Raumverträglichkeit hin überprüft werden, sie tangieren in besonderem Maße die Gemeinden Finsing und Ottenhofen.

Der Netzbetreiber Tennet mit Hauptsitz in den Niederlanden hatte das aus den 1970er-Jahren stammende Netz, das zu etwa einen Drittel durch den Landkreis Erding läuft, von Eon übernommen und will die Leitungen durch die Gemeinden Finsing, Neuching, Moosinning, Ottenhofen erneuern. Zehn Korridorvarianten wurden für den Ersatzneubau geprüft, mittlerweile ist diese Auswahl auf zwei Varianten reduziert. Sie werden Anfang 2021 auf ihre Raumverträglichkeit geprüft werden. Verschiedene Korridore wurden dabei nur für den Abschnitt zwischen Finsing und Ottenhofen und für einen Abschnitt bei Haimhausen eingebracht. Auf diese Prüfung folgt ein Planfeststellungsverfahren, 2026 sollen die neuen Leitungen in Betrieb genommen werden, so der Plan. "Wir sind noch ganz am Anfang des Verfahrens", sagte dazu Katharina Heep von Tennet der SZ Erding. Der Konzern informiert derzeit über den aktuellen Planungsstand, wegen der Corona-Pandemie sind aber keine Veranstaltungen dazu möglich.

Zwischen Finsing und dem Umspannwerk in Ottenhofen gibt es zwei mögliche Korridore. Die Bestandstrasse würde bei Ottenhofen an einem Wohnbaugebiet vorbei führen, die andere würde auf Finsinger Flur einen Wald tangieren. Der Finsinger Bürgermeister Max Kressirer teilte dazu auf Anfrage mit, dass Finsing von dieser Alternativtrasse nur "marginal" betroffen wäre, das Waldstück müsse aber "aus naturschutzfachlicher Sicht" bewertet werden. "Die Trasse durch das Finsinger Holz wäre aber technisch relativ schwierig", vermutet Kressirer. Im Wald müssten hohe Strommasten gebaut werden, weil kleine Masten nach Stürmen technische Probleme verursachen könnten. Große Trassenabweichungen seien aber sowieso nicht möglich, weil jede Trasse beim Ottenhofener Umspannwerk anknüpfen müsse.

Die Bestandstrasse würde dagegen in Ottenhofen an einer Wohnbebauung, laut Planungsziel aber möglichst mindestens 400 Meter davon entfernt, vorbeiführen: "Da wäre die Trasse schon relativ nah dran", räumte Kressirer ein. Die Entscheidung, ob die Leitung über Ottenhofener oder Finsinger Flur gebaut wird, wird Kressirer zufolge erst im Planfeststellungsverfahren erfolgen, im Raumordnungsverfahren gibt es dazu noch keine klaren Aussagen. Im Bauamt der für Ottenhofen zuständigen Verwaltungsgemeinschaft Oberneuching hieß es dazu, dass die aktuelle Planung noch nicht im Detail bekannt sei: "Uns liegt dazu nichts Neues vor, Einzelheiten sind noch nicht bekannt." Vor einer Entscheidung müssten die Varianten genau untersucht werden.

Die Gemeinde Finsing hat die Mitteilung zum aktuellen Planungsstand auf der Homepage www.finsing.de veröffentlicht. Noch nicht beteiligt ist bislang der Bauernverband. Das sei "noch kein großes Thema", sagte der Geschäftsführer Gerhard Stock auf Anfrage. Auch beim Bund Naturschutz ist das Thema "noch nicht besprochen worden, es haben sich bei uns noch keine Betroffene gemeldet", hieß es.

Katharina Heep von Tennet teilte mit, dass der Netzbetreiber die zwei Varianten prüfe und beide Vor- und Nachteile hätten. Zwar läge die Finsinger Variante weiter von Wohnbebauung entfernt, dafür spreche für die Ottenhofener Variante das "Bündelungsgebot". Denn hier liegt die schon bestehende Stromtrasse neben der Staatsstraße. Die Mindestabstände von mindestens 400 Metern von Siedlungen sollen jedoch eingehalten oder möglichst auch verbessert werden, sagte die Tennet-Referentin für die Bürgerbeteiligung. Sie fügte an, dass auch im Außenbereich Abstände gewahrt und keine einzelnen Gebäude mit Leitungen überspannt werden sollen.

Die leistungsfähigeren Strommasten werden durchschnittlich - je nach Standort und technischen Anforderungen - etwa zehn Meter höher als die alten Anlagen werden. Bei Einzelgehöften soll einen Mindestabstand von 200 Metern eingehalten werden. Heep räumte jedoch ein, dass es im Außenbereich neuralgische Stellen gebe, "wo es eng werden könnte" und Mindestabstände vielleicht nicht eingehalten werden. Von der Bezirksregierung erwartet Tennet zur Raumverträglichkeit der Varianten die Beurteilung bis Ende 2021.

Katharina Hepp ist als Referentin für Bürgerbeteiligung für Fragen telefonisch (0921/50740-5889) oder per Mail ( katharina.heep@tennet.eu) erreichbar. Tennet informiert mit einem Video und Karten online unter www.tennet.eu/oba-ott).

© SZ vom 04.01.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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