Eitting:"Hier wäre es nicht mehr auszuhalten"

Für die Einwohner von Eittingermoos und die Nachbargemeinden geht es um die Existenz: Der Bau der dritten Start- und Landebahn bedeutet das Ende ihres Dorfes. Denn statt Idylle wird es hier vor allem Lärm und Abgase geben.

Matthias Vogel

Im Schwaigermoos stehen die Häuser leer, Bauzäune verwehren den Zugang, künden davon, dass die Gebäude bald abgerissen werden. Georg Wiester, Bürgermeister von Eitting, zeigt nach Westen, in Richtung des Freisinger Stadtteils Attaching. Er hat ein paar Rehe gesehen. "Die gibt's hier dann auch nicht mehr", sagt er. Mit "dann" umschreibt er den Fall, dass die Flughafen München Gesellschaft (FMG) die dritte Start- und Landebahn bauen darf.

Eitting: Ein Tag geht zu Ende. Hinter den Hügeln bei Eitting geht die Sonne unter und der Turm der Sankt Martin Kirche hebt sich von Niederding ab. Mit dem Bau der dritten Start- und Landebahn wäre es hier vorbei mit der Idylle.

Ein Tag geht zu Ende. Hinter den Hügeln bei Eitting geht die Sonne unter und der Turm der Sankt Martin Kirche hebt sich von Niederding ab. Mit dem Bau der dritten Start- und Landebahn wäre es hier vorbei mit der Idylle.

(Foto: bauersachs)

Wiester ist Verwaltungschef einer der Gemeinden in der Flughafenregion, die am stärksten von Lärm und Abgasen der zusätzlichen Starts und Landungen betroffen wären. Der Ort Eittingermoos wäre sogar zum Sterben verurteilt, so sagt er. Und deshalb kämpft Wiester. Er hat den SPD-Bundestagsabgeordneten Ewald Schurer eingeladen, zusammen mit sechs Einwohnern des 200-Seelen-Ortes stehen sie jetzt da, wo alles zubetoniert sein wird, wenn die Klagen gegen die Baugenehmigung abgeschmettert werden sollten. Die Betroffenheit soll verdeutlicht werden, daher die Ortsbegehung.

Und sie wird überdeutlich. Zwei Häuser im Schwaigermoos, also auf Oberdinger Flur, sind noch bewohnt. Die restlichen ehemaligen Bauernhöfe verrotten vor sich hin. Gleich an der Grenze zur Gemeinde Eitting wohnt Agnes Schranner. Die drei Eigentümer wissen wie ihre Nachbarn auch: Einen kräftigen Steinwurf von ihrer Grundstücksgrenze entfernt in Richtung Süden wird der Flughafenzaun verlaufen, 500 Meter weiter soll schon die Piste sein. In Richtung Norden erstreckt sich Eittingermoos noch einen guten Kilometer, bevor die nächste Lärmquelle die Grenze setzt: die Autobahn A 92. "Schon heute fahren hier 40 000 bis 50 000 Autos täglich vorbei", sagt Wiester.

Agnes Schranner jedenfalls fühlt sich von der FMG bestohlen. "Die Grundstückspreise sind bereits extrem gefallen", sagt sie. Auf den Airport-Betreiber wird sie nie wieder gut zu sprechen sein, selbst wenn - und daran glaubt sie fest - die dritte Startbahn nicht kommen sollte. "Dann hätte die FMG nämlich sehr günstigen Grund für Gewerbe gekauft." Jetzt ist es sie, die mit einer ausladenen Handbewegung nach Attaching deutet. Mit auf den Marsch hat sich auch Marianne Träger gemacht. Ihre Geschichte: Schon in Riem hatte sie in der Nähe der abhebenden Flieger gewohnt, war deshalb bewusst in das beschauliche Eittingermoos gezogen. Jetzt droht auch diese Existenz im Lärm zu versinken. Wegziehen will sie aber nicht, auch wenn Wiester dazu sagt: "Hier wäre es nicht mehr auszuhalten."

Dass Bürger von dort weichen sollen, wo sie schon ihr Leben lang sind, das macht auch Ewald Schurer wütend: "Der Mensch hat ein Recht auf Heimat", sagt er. Die Erweiterungspläne der FMG kann er aber auch aus einem anderen Grund nicht nachvollziehen: "Wir haben eine massive Krise der gesamten Luftfahrt. Mehr Fliegen trotz teuren Sprits, Luftverkehrsabgabe und Emissionshandels macht keinen Sinn. So zu tun, als ginge uns hier das alles nichts an, ist Autismus, ist Lüge." Wie denn er als Bundestagsabgeordneter die dritte Starbahn verhindern wolle, will Schranner wissen. "Wir, die Bayern-SPD und unsere Freunde aus Freising, kämpfen darum, unseren Beschluss gegen die dritte Starbahn aufrecht zu erhalten. Für Wiester ist der Trumpf ein anderer: "Wenn bei der Landtagswahl 2013 ein politischer Wechsel erfolg, also SPD, Grüne und Freie Wähler an die Macht kommen, dann stehen die Chancen gut, den Bau zu verhindern."

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