Einrichtungsverbund Steinhöring:"Ich komme wieder"

Lesezeit: 2 min

Leiterin Gertrud Hanslmeier-Prockl wehrt sich gegen ihren Rauswurf durch die Katholische Jugendfürsorge. Sie bekommt Zuspruch von Mitarbeitern und Menschen, die der Verbund betreut. Jetzt greift auch die Politik ein.

Von Viktoria Spinrad, Ebersberg/Erding

Die Kritik an der Entlassung der Leiterin des Einrichtungsverbunds Steinhöring (EVS) ist an der Spitze der katholischen Kirche angekommen. In einem fraktionsübergreifenden Protestschreiben an Kardinal Marx appellieren Ebersberger Politiker, die Kündigung von Gertrud Hanslmeier-Prockl durch den kirchlichen Träger, die Katholische Jugendfürsorge (KJF), zurückzunehmen. Der EVS Steinhöring hat auch Standorte im Landkreis Erding: Unter anderem gehört der Fendsbacher Hof und die St. Nikolausschule dem Verbund an.

Die Politik spricht von "Fassungslosigkeit".

Der Ebersberger Landrat Robert Niedergesäß (CSU), der Grafinger Bundestagsabgeordnete Thomas Huber (CSU), Europa-Abgeordnete Angelika Niebler (CSU), der Bundestagsabgeordnete Andreas Lenz (CSU), Landtagsabgeordnete Doris Rauscher (SPD) und die ehemalige Staatsministerin Christa Stewens (CSU) kritisieren in ihrem Schreiben an den Erzbischof von München und Freising die Kündigung, sie weisen auf christliche Werte hin und machen einen Vorschlag für einen Vermittler. Konkret heißt es, dass die Kündigung von Hanslmeier-Prockl auf allen Ebenen auf großes Unverständnis, "ja sogar auf Fassungslosigkeit" treffe. Der Einrichtungsverbund bedeute das "beste Beispiel für gelebte Inklusion von Menschen mit und ohne Behinderung.

Es könne nicht sein, dass von einem christlichen Träger keine "christliche Lösung" gefunden werden könne, in der sich beide Seiten einigen, "und zwar für die Menschen, die im Einrichtungsverbund leben und arbeiten." Die von der KJF als Entlassungsgrund genannten unüberbrückbaren Differenzen könne man sich "bei einem seit Jahrzehnten derart erfolgreichen Unternehmen nicht vorstellen." Die Politiker zitieren das Leitbild der KJF: "Wir greifen das Problem an und nicht den Menschen." Es entstehe jedoch der Eindruck, "dass hier im umgekehrten Sinne verfahren wird." Als Vermittler schlagen die Politiker den ehemaligen Präsidenten der katholischen Stiftungshochschule München, Egon Endres vor. "

Menschen mit Behinderungen und ihre Betreuer protestieren

Gertrud Hanslmeier-Prockl soll der KJF gegenüber rote Zahlen in einem Geschäftsbereich angekreidet und Verbesserungsvorschläge gemacht haben. Im April hat ihr die KJF zu Ende September gekündigt. Seit das am Montag bekannt wurde, hagelt es Proteste. Am Donnerstag kamen 60 Unterstützer ins Münchner Arbeitsgericht, wo sich die Klägerin und die KJF zunächst auf ein schlichtendes "Güterichterverfahren" abseits des Gerichtssaals einigten. Es soll in den nächsten Wochen unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfinden. Wenn es scheitert, wandert der Konflikt zurück in den Gerichtssaal: Die KJF ist dann in der Bringschuld und muss nachweisen, dass es einen triftigen Kündigungsgrund gibt.

Menschen mit Behinderungen, ihre Betreuer und Einrichtungsleiter waren ins Arbeitsgericht gekommen, um gegen die Entlassung ihrer Chefin zu protestieren. "Ich komme wieder", sagte Gertrud Hanslmeier-Prockl, als sie nach der Verhandlung eine jungen Frau mit Down-Syndrom umarmte. Über allem schwebte am Donnerstag die Frage: Wieso die Kündigung? In einer Pressemitteilung vom Donnerstag spricht die KJF von "ungerechtfertigten Vorwürfen" gegenüber dem Vorstand und Aufsichtsrat. Diese dürften sich auf Vermutungen beziehen, dass von Hanslmeier-Prockl geäußerte Kritik der Kündigungsgrund war.

Fest steht, dass Hanslmeier-Prockl gegen ihre Kündigung im April auf Weiterbeschäftigung geklagt hat. Details dazu waren in der zwanzigminütigen Güteverhandlung nicht zu erfahren. Der Anwalt des Trägervereins hielt sich zum Kündigungsgrund bedeckt, betonte aber, dass die KJF Argumente habe, "die zu einer Trennung führen können". Auch betonte er gleich zu Beginn, dass vonseiten der KJF "jederzeit die Tür offen für Gespräche" gewesen sei.

Sie will keine Abfindung, sondern ihren Job wiederhaben.

Hanslmeier-Prockl schüttelte dazu den Kopf. "Das stimmt so nicht", sagte die 46-Jährige und schilderte ihre Version. Demnach hatte sie Mitte März Kritik am Träger vorgebracht, "so, wie es das Kommunikations- und Leitungskonzept in unserem Betrieb erfordert". Im Nachgang soll sie ein Schreiben des Aufsichtsrats bekommen haben mit der Nachricht, dass dieser hinter dem Vorstand steht. Anfang April soll sie dem Vorstand ihr Angebot zur weiterhin konstruktiven Zusammenarbeit gemacht haben - um eine gute Woche später beim gemeinsamen Treffen gleich zu erfahren, dass man sich von ihr trennen wolle. Hanslmeier-Prockl will keine Abfindung - sie will ihren Job wiederhaben. "Ich will weiter für meine Mitarbeiter da sein", sagte sie.

© SZ vom 25.05.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: