Süddeutsche Zeitung

Einrichtungsverbund Steinhöring:Wieder im Dienst

Nach massiven Protesten lässt die Katholische Jugendfürsorge die entlassene Leiterin des Einrichtungsverbundes Steinhöring, Gertrud Hanslmeier-Prockl, zurück auf ihren Posten - zumindest bis auf weiteres

Von Wieland Bögel, Steinhöring

In die Causa um die Entlassung der Chefin des Betreuungszentrums Steinhöring kommt Bewegung. Wie die Pressestelle des Trägers, die Katholische Jugendfürsorge der Erzdiözese München und Freising, am Pfingstmontag bekanntgab, soll Gertrud Hanslmeier-Prockl bereits am kommenden Montag wieder ihre Arbeit aufnehmen. Ob Hanslmeier-Prockl dauerhaft der Einrichtung, in der sie sehr beliebt ist und deren Verbund auch die St.- Nikolaus-Schule in Erding angehört, erhalten bleibt, ist indes noch nicht sicher.

Lange hatten sie sich in Schweigen gehüllt, die Verantwortlichen der Katholische Jugendfürsorge. Mehrere Wochen war die Leiterin des Einrichtungsverbundes Steinhöring bereits freigestellt, ohne dass es die Vorstände für nötig erachteten, dazu öffentlich Stellung zu nehmen. Als dies gar nicht mehr zu vermeiden war, weil Mitarbeiter und Betreute der Einrichtung immer lauter Solidarität mit der geschassten Chefin bekundeten, bemühte man sich auf Trägerseite weiterhin um größtmögliche Schmallippigkeit. Von unüberbrückbaren Differenzen war die Rede, die man im gemeinsamen Gespräch vergeblich versucht habe auszuräumen, zu deren Natur man aber aus Gründen von Vertraulichkeit und Datenschutz nichts sagen könne.

Dafür redeten die Unterstützer Hanslmeier-Prockls. Aus Mitarbeiterkreisen wurde schnell bekannt, dass die suspendierte Chefin wohl zu laut Kritik geübt haben soll, konkret sei es um unrentable Bereiche innerhalb der Katholischen Jugendfürsorge gegangen. Hier habe Hanslmeier-Prockl auf rote Zahlen hingewiesen und entsprechende Verbesserungsvorschläge gemacht, die den Oberen in der Jugendfürsorge nicht gepasst hätten.

Tatsächlich scheint diese Version der Ereignisse der Wahrheit zu entsprechen. Denn auch wenn es in etwas verklausulierter Form geschieht, werden diese Vorgänge in der aktuellen Pressemeldung aus der Jugendfürsorge im Grunde bestätigt. Hanslmeier-Prockl habe Vorstand und dem Aufsichtsrat gegenüber "Forderungen und Vorschläge" geäußert. Die, so der Wortlaut des Schreibens der "Sorge um die zukünftige Entwicklung des Vereins" entsprungen seien. "Sie waren aber auch - unter Abwägung aller damals dem Aufsichtsrat und Vorstand vorliegenden Informationen - der nachvollziehbare und naheliegende Grund, die Kündigung auszusprechen."

Man habe sich "diesen Schritt nicht leicht gemacht", heißt es weiter in der Pressemitteilung - und ist offenbar nicht mehr unbedingt von dessen Richtigkeit überzeugt. "Alle Beteiligten sind daran interessiert, in eigener Verantwortung und außerhalb einer gerichtlichen Entscheidung Grundlagen für ein erneutes und vertrauensvolles Miteinander zu schaffen." Als erster Schritt habe der Vorstand beschlossen, die Freistellung Hanslmeier-Prockls aufzuheben, mit Wirkung zum 17. Juni, also Montag kommender Woche.

Was nun der konkrete Anlass war, die geschasste Chefin wieder zurückzuholen, darüber gibt es keine wirkliche Information. Es wird allerdings auf die Mitgliederversammlung Ende Mai und die dort beschlossene Mediation unter Leitung von Egon Endres verwiesen. Was beides wohl nur zustande gekommen war, weil der Widerstand gegen die Entlassung Hanslmeier-Prockls durchaus massiv gewesen war. Neben Protesten in der Einrichtung selbst, wo unter anderem eine große Solidaritätsveranstaltung stattgefunden hatte, gab es eine solche auch bei der Auftaktverhandlung am Arbeitsgericht. Wenige Tage darauf wurden dem Vorstand der Jugendfürsorge mehr als 1000 Unterschriften gegen den Rauswurf Hanslmeier-Prockls übergeben. Auch die Politik hat Stellung bezogen: In einem Schreiben an Erzbischof Reinhard Marx forderten Landrat Robert Niedergesäß (CSU), die Landtagsabgeordneten Thomas Huber (CSU) und Doris Rauscher (SPD), Europaabgeordnete Angelika Niebler (CSU), der Bundestagsabgeordnete Andreas Lenz (CSU), die ehemalige stellvertretende Ministerpräsidentin Christa Stewens (CSU) sowie die Bezirksrätinnen Ottilie Eberl (Grüne) und Susanne Linhart (CSU), die Kündigung wieder aufzuheben.

Ob es letztlich dazu kommt, ist indes noch offen. Denn zunächst ist nur die Freistellung Hanslmeier-Prockls aufgehoben, über die Kündigung, die im September wirksam würde, ist offenbar noch nicht abschließend entschieden.

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Quelle:
SZ vom 11.06.2019
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