Ein Mosaikstein für die Stadtentwicklung:In den Tiefen der Erdinger Geschichte

Ein Mosaikstein für die Stadtentwicklung: Rund zwei bis zweieinhalb Meter tief sind die Archäologen bisher auf dem Grundstück an der Landshuter Straße bei ihrer Grabung vorgedrungen. Gefunden wurden unter anderem Mauerreste, die aus dem Mittelalter stammen.

Rund zwei bis zweieinhalb Meter tief sind die Archäologen bisher auf dem Grundstück an der Landshuter Straße bei ihrer Grabung vorgedrungen. Gefunden wurden unter anderem Mauerreste, die aus dem Mittelalter stammen.

(Foto: Renate Schmidt)

Bei Ausgrabungen auf dem Grundstück an der Landshuter Straße 4 wurden bisher vor allem Mauerreste gefunden. Die ältesten stammen aus dem Mittelalter. Doktorand Emanuel Schormair hofft auf einen archäologische "6er", den Fund einer Latrine oder Brunnen

Von Gerhard Wilhelm, Erding

"Eine Sensation wie zum Beispiel ein Merowingergrab haben wir bisher nicht gefunden, aber mehr als wir erwartet haben", sagt Willi Wagner vom Arbeitskreis Archäologie am Museum Erding. Bisher hat das Team der Grabungsfirma Planateam in Zusammenarbeit mit ehrenamtlichen Helfern vom Archäologischen Verein Erding mehrere Mauerreste auf dem Grundstück an der Landshuter Straße 4 ausgegraben, die bis auf die Zeit des Mittelalters zurück datiert werden können. Der Großteil wird aber eher der neueren Zeit zugeordnet. Dazu wurden Keramik und Tonscherben gefunden. "Zurzeit sind wir erst bei der Sammlung und Dokumentierung der Funde, aber die Grabung an der Landshuter Straße, so nah am früheren und heutigen Marktplatz, dem Schrannenplatz, ist ein weiterer Mosaikstein für die Stadtentwicklung", sagt Emanuel Schormair. Die Ausgrabungen sind Teil seiner Doktorarbeit und des Projektes "Erding im ersten Jahrtausend".

"Interessant wird es, wenn wir in tiefere Schichten vorstoßen, bis zum gewachsenen Boden auf dem die ersten menschlichen Siedlungen gebaut wurden", sagt der Doktorand, der für die Auswertung der Funde zuständig ist. Ein "6er im Lotto" wäre es, wenn man einen alten Brunnen oder eine Latrine fände, da diese früher gerne als Mülldeponie verwendet worden seien. Schicht für Schicht komme man, je tiefer man grabe, mehr in der Zeit zurück. Auch Wagner, der auch Stadtheimatpfleger für Archäologie ist, hofft auf Brunnenreste. "Es ist jedenfalls durch den Bombentreffer im Zweiten Weltkrieg weniger Schaden entstanden in der Bodenstruktur, als befürchtet."

Das abgerissen Haus an der Landshuter Straße, in dem lange die Hypo-Vereinsbank ihren Sitz hatte, war wegen des Bombentreffers in Teilen jüngeren Datums. Deshalb hatte das Landesamt für Denkmalpflege dem Abriss auch zugestimmt. Vorerst sollen die archäologischen Grabungen bis Mitte November weiter gehen. Dann sollen die Arbeiten für einen Neubau an der Stelle wieder aufgenommen werden - dort soll eine Rathauszweigstelle entstehen.

Die Grabungen an der Landshuter Straße sollen, wie die beim Gewandhaus Gruber, Turmladen und Am Rätschenbach 12 erstmals belastbare Daten zur Stadtgeschichte liefern. Da nur wenige spätmittelalterlichen Schriftquellen aus dem 12. und 13. Jahrhundert vorliegen und eine Gründungsurkunde und damit ein exaktes Gründungsjahr für Erding nicht existiert, müssen archäologischen Bodenforschung Licht ins Dunkel der Erdinger Stadtgeschichte bringen. Ideal wäre der Fund von Holzstücken oder organischem Material, da diese eine relativ exakte Datierung mit der C14-Methode über ein radioaktives Isotop des Kohlenstoffatoms zulassen.

Emanuel Schormair lobt, dass die Stadt in Zusammenarbeit mit der Vor- und Frühgeschichte/Provinzialrömische Archäologie der Ludwig-Maximilans-Universität München die Frühgeschichte und Entstehung Erdings erforschen will. "Die Stadt ist da ein Vorbild. Nicht viele Städte geben den Archäologen so viel Freiraum, um die eigene Geschichte zu erforschen." Und Studenten erhielten zudem die Chance zu so einem spannenden Thema ihre Doktorarbeit zu schreiben. "Und je tiefer wird graben, umso interessanter wird es."

In Altenerding hatten die Archäologen erst vor ein paar Monaten einen wichtigen Fund gemacht: am Gaugrafenweg stand im 7. oder 8. Jahrhundert ein frühmittelalterlicher karolingische Königshof. Auch dort ist ebenfalls ein Doktorand von Professor Bernd Päffgen als Grabungsleiter zuständig: Marc Miltz, der die Befestigung des Königshofs untersucht. "Wir geben uns sozusagen den Staffelstab weiter. Marc ist für die Zeit bis ungefähr zur Gründung Erdings zuständig und ich für die Zeit danach bis zum Dreißigjährigen Krieg, der in Erding leider auch viel zerstörte", sagt Emanuel Schormair.

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