Ebersberg:Schnee von gestern

Lesezeit: 2 min

Auf den Pisten ist alles im grünen Bereich. Das bringt die Betreiber hiesiger Skilifte ins Schwitzen: Ihnen entgehen diese Saison hohe Einnahmen. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Für hiesige Skiliftbetreiber ist die diesjährige Wintersaison ein Reinfall. Doch nicht alle sitzen auf dem Trockenen

Von Dorian Baganz, Ebersberg

Klassische Theorien über den Kapitalismus lehren einen, dass Inaktivität gleich Tod bedeutet. Schaut man dann aus dem Fenster, lässt den Blick über die grünen Wiesen streifen, drängt sich einem die Frage auf: Wie geht es eigentlich den hiesigen Skiliftbetreibern? Droht ihnen, nun ja, der finanzielle Exitus?

"Wir verbrennen da einen Haufen Geld", sagt Andreas Schmidt, seines Zeichens Vorsitzender vom "Förderverein Waldsportpark Ebersberg", welcher den dortigen Skilift unterhält. Die Schneeflaute sorgt auch hier - wie könnte es anders sein? - für ewig stillstehende Räder. Allein, Schmidt ärgert sich nicht über entgangene Gewinne, "wir wollen ja keine Kasse machen" Das Problem: Der Erlös aus dem Geschäft mit dem Skilift, welcher am kommenden Weihnachten sein 50-jähriges Bestehen feiert, gehen direkt in die Förderung des Waldsportparks, "wir brauchen die Einnahmen!" Auf der Gelände kann man unter anderem noch Stockschießen, Fußball, Tennis und Leichtathletik betreiben. Nun fehlt dort ein Betrag von knapp 4000 Euro - die Ausbeute des Liftes während der vergangenen Skisaison. Und das, wo gerade die gesamte Sportanlage saniert wird, "da fließen Unmengen an Geld rein."

Auch beim Weigl-Lift in Glonn ist man enttäuscht. So ein Skilift sei ein ziemliches "Zeitfressding", sagt Maximilian Schneider, "wir sind aber immer happy, wenn er läuft." Die Anlage wurde vor 40 Jahren von seinem Großvater errichtet und befindet sich noch heute im Familienbetrieb der "Schneider GbR". Der Schneemangel sei für die Firma zwar ein "Verdienstausfall", erklärt er gegenüber der Süddeutschen Zeitung, aber es handele sich keineswegs um die Haupteinnahmequelle der Familie. Die Mutter betreibt den Weigl-Hof, nach dem der Skilift benannt wurde, der Vater ist Programmierer. Er selbst als "Junior" arbeite in der Marketing-Branche. "Wir bleiben nicht auf dem Trockenen sitzen." Doch auch ein stillstehender Lift verursacht Kosten. Andreas Schmidt erklärt die Situation für die Ebersberger Anlage: Alle zwei Jahre käme der TÜV zur Kontrolle, was jedes Mal zwischen 300 und 400 Euro koste. In jedem dritten Jahr müssten die Prüfer eine "induktive Seilprüfung" vornehmen, "das ist so eine Art Röntgenaufnahme für das Zugseil." Kosten dafür: 500 Euro.

Auch beim Weigl-Lift hat der TÜV vorbeigeschaut. Was Maximilian Schneider besonders nervt, ist die Volatilität des Wetters. "Winter, entscheid' dich!" Denn angenommen es sei für eine längere Zeit knackig kalt gewesen, hätte man mit künstlicher Beschneiung die Wiese in ein winterliches Paradies verwandeln können. Doch selbst wenn es in den nächsten Wochen noch einmal länger frostig werden sollte, sei es für derartiges zu spät, sagt er: Die Hauptsaison erstrecke sich über die Weihnachtstage und in den bevorstehenden Faschingsferien kämen zu wenige Besucher.

Den Kunstschnee-Trick kann man beim Skilift des Wintersportvereins Glonn (WSV) - mangels Schneekanone - nicht anwenden. "Wir Wintersportler beobachten seit 25 Jahren, dass der Schnee unbeständiger wird", sagt Josef Axenböck, Betriebsleiter der Anlage. Seit den 1990ern seien die Tage, an denen der Lift hätte laufen können, "kontinuierlich zurückgegangen." Zwischen 3000 und 5000 Euro Umsatz sei dem Verein deshalb alleine in der laufenden Saison durch die Lappen gegangen. Um die ständigen TÜV-Kosten zu bezahlen, habe der WSV Rücklagen gebildet, "wir leben nicht von der Hand in den Mund." Sollten die kargen Winter in den nächsten Jahren jedoch anhalten, könnte das zu Finanzierungslücken führen. Denn: Auch der WSV nutzt die Einnahmen aus dem Skilift-Geschäft für Investitionen; zum Beispiel für Kleidungszuschüsse zugunsten der Jugendmannschaften. "Dann muss ein Trikotsatz mal eine Saison länger halten", beklagt Axenböck. Inaktivität gleich Tod? Nein, Andreas Schmidt wird im kommenden November "auf jeden Fall" alles für die Pistengaudi präparieren. Kapitalismus hin oder her.

© SZ vom 27.01.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: