Süddeutsche Zeitung

Ebersberg:Lampenluder der Herzen

Die "Ebersberger Zaubernacht" bietet verblüffende Tricks und beste Unterhaltung

Von Michaela Pelz, Ebersberg

Kaninchen aus dem Hut? Pah! Zauberzeug von gestern. Heute werden Elektrogeräte zum Leben erweckt, Kartenmischmaschinen der besonderen Art präsentiert und geheime Gedanken verschiedener Personen in einer einzigen Botschaft enthüllt. Ob schwebende Kugeln, wirbelnde Devil Sticks, Manipulation, Mentalmagie oder magisches Quadrat - auch bei seiner dritten "Ebersberger Zaubernacht" bietet der Magische Zirkel München im Alten Speicher ein breit gefächertes Programm unterschiedlicher Zauberdisziplinen. Ein Abenteuer für alle Beteiligten, denn "wenn es keine tagelangen Proben gibt, sondern die Produktion nur für einen Abend zusammengestellt ist", kann alles mögliche passieren, wie Markus Laymann anmerkt. Der Rechtsanwalt und Sprechzauberkünstler, diesmal für die Regie zuständig, hätte sich aber keine Sorgen machen müssen - das wird schon beim witzigen Auftaktfilm klar. Die Begeisterung des bunt gemischten Publikums ist groß und bleibt ungebrochen, als es von Moderator Ben Profane nicht nur immer aufs Neue in Erstaunen gestürzt, sondern auch mit intelligent-ironischen Anekdoten bestens unterhalten wird.

So charmant ist der Mann mit dem Borsalino, dass jeder der Probanden, die er auf die Bühne holt, diese mit einem breiten Lächeln wieder verlässt - sogar nach dem in erster Linie für die Zuschauer erheiternden Klobrillen-Trick. Die Blicke wandeln sich ins Ungläubige bei dem, was Profane mit einer brennenden Zigarette anstellt, bevor er mit Laubbläser, Luftballon und Pogo-Stick zu einer menschlichen Kartenmischmaschine mutiert.

Doch auch die Leistungen der anderen Künstler sorgen für Verblüffung, etwa die durch jahrelanges Training geschulte Fingerfertigkeit eines Steffen Kaiser. In der Königsdisziplin Manipulation lässt er zu fetten Beats Karten durch seine Finger gleiten, bevor er das Blatt erst in Brand steckt, um es dann unversehrt aus der Packung zu nehmen. Später wird er mit Gitarristin Jutta André, die wie Kaiser vom Bodensee stammt, für einen Gänsehautmoment sorgen, als er, begleitet von ihrem Spiel und Gesang, im Dunkeln eine Leuchtkugel zum Schweben bringt. Nachdem sich Lokalmatador Florian Otto in atemberaubender Geschwindigkeit seines Anzugs zugunsten einer feschen Lederhose samt Weste entledigt hat - und damit seinem Beinamen "bayerisches Schmankerl" alle Ehre macht - frappiert er das Publikum, indem er die gedachten Details von Ort, Zeit und konsumierter Biermenge eines imaginären Wiesnbesuchs errät und sogar den Promi, der die Zeche zahlt. Markus Furtner alias Marcos Furtnero wirbelt zu spanischer Musik seine Devil Sticks so atemberaubend schnell und mit passendem Hüftschwung durch die Luft, dass das Publikum den studierten Mathematiker, der schon mit dem Cirque du Soleil auf Tour war, mit tosendem Applaus verabschiedet. Die Fähigkeiten von Fanny Crescentia Bimslechner, bürgerlich Kornelia Weiland, hätte sich schließlich wohl so mancher Abiturient gewünscht, beeindruckt die sympathische Dirndl-Trägerin doch nach einem Bierkrug-Hütchenspiel mit einem durch allerlei witzige Fakten angereicherten "magischen Quadrat", thematisch ebenfalls im Oktoberfest-Ambiente angesiedelt.

Höhepunkt des Abends ist jedoch zweifelsohne der "Lamp Act" des amtierenden europäischen und deutschen Meisters der Zauberkunst, Patrick Lehnen. Im Zentrum der berührenden Geschichte mit permanentem Wow-Effekt steht die Beziehung zwischen einem Mann und seiner Tischleuchte. Das vorwitzige Ding wird unerwartet lebendig und nimmt erst schüchtern, dann immer lockender und verwegener, Kontakt zu dem Schreibtischbesitzer auf, der seinerseits nach dem ersten Schreck immer mehr Gefallen findet an dieser kleinen, aber weitaus anmutigeren Schwester der Pixar-Lampe. Die komplett sprachfreie Darbietung ist so ausdrucksstark, dass man den Leuchtkörper im Handumdrehen ins Herz schließt und gebannt jeder seiner Bewegungen folgt. Mal ähnelt das Gerät einem drolligen Hund, dann wieder wird es zur eingeschnappten Zicke; die eingestreuten Zaubertricks nimmt man fast nur noch am Rande wahr. Am Ende der Nummer, an deren Umsetzung der Kölner mehrere Jahre gearbeitet hat, wünscht man sich, das ungleiche Paar möge bitte gleich noch einmal von vorne beginnen.

Wer weiß, vielleicht wird sich dazu eine Gelegenheit ergeben, wenn die Zaubershow 2020 wieder Station in Ebersberg macht - dann sogar mit internationaler Besetzung.

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Quelle:
SZ vom 14.05.2019
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