Ebersberg/Erding:Lieber Chlor als Antibiotika

Auch Niebler kritisiert das Freihandelsabkommen TTIP

Von Karin Kampwerth, Ebersberg/Erding

Dass ihr dieser Abend eigentlich nicht passte, war Angelika Niebler deutlich anzumerken. Schließlich sind es Politiker wie die Vaterstettener CSU-Europaabgeordnete, die die Suppe auslöffeln dürfen, die ihnen Kollegen in Brüssel und Berlin eingebrockt haben. Denn die geheimen Verhandlungen um ein Freihandelsabkommen mit den USA, so viel ist klar, kommen in der Bevölkerung nicht gut an. Die Nebulösität der ganzen Angelegenheit führt dazu, dass das Abkommen, kurz TTIP, rundheraus abgelehnt wird. Die Antistimmung war auch auf der Ebersberger Alm zu spüren.

Was die Verhandlungsführer der Europäischen Kommission genau beraten, weiß auch Angelika Niebler nicht, die den Landkreis Erding mitbetreut. Die ersten Texte seien inzwischen zwar in einem Lesesaal zugänglich. Diesen dürfe man aber nur nach einem Antrag betreten: "Ohne Handy oder einen Stift in der Hand", wie Niebler sagte. Inhaltlich befasse sich das Europäische Parlament seit zwei Jahren mit TTIP, 2013 habe es die erste Stellungnahme abgegeben, und eines sei klar. "Eine Absenkung der europäischen Standards wird es mit uns nicht geben." Diese Sorge hatten aber die meisten im Raum. Eine Zuhörerin fürchtete, dass die Kennzeichnungspflicht von Lebensmitteln verwässert werden könnte. Dem würde das Parlament Niebler zufolge aber nicht zustimmen würde, weil man schließlich jahrelang darum gerungen habe.

Allerdings seien auch nicht alle in den USA begeistert von dem Abkommen. Während man hier Angst vor Chlorhühnchen habe, fürchte man dort Antibiotika im Fleisch. Die Umwelt-Aktivistin Rosi Reindl (ÖDP) entgegnete, dass aufgrund der gentechnischen Kontaminierung der Felder die Grenzwerte für amerikanische Bio-Produkte großzügiger seien. Für Angelika Niebler eine symptomatische Debatte: "Wenn etwas so sensibel wie die Landwirtschaft ist, sollte man sehen, ob man das nicht ausklammert."

Auch andere Bedenken teilt sie. Zum Beispiel die wegen der Schiedsgerichte, wo Anwälte ausbaldowern, wie nationale Gesetze umgangen werden können. Ein nicht öffentliches Verfahren mit parteilichen Richtern ohne die Möglichkeit, in Berufung zu gehen - "diese Kritik teile ich unisono", sagte Niebler. Stattdessen müsse ein bilaterales Handelsgericht aufgebaut werden. TTIP habe aber auch Vorteile, sagte sie. Dem Mittelstand würde der Handel in die USA erleichtert.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: