Ebersberg:Einstellung kommt teuer

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Angeklagte müssen Kosten für Gutachten bezahlen

Wenn ein Angeklagter vor Gericht erfährt, dass sein Verfahren eingestellt wird, dann sorgt das in aller Regel für Erleichterung. Nicht so bei zwei jungen Männern, die sich jüngst vor dem Ebersberger Amtsgericht verantworten mussten - und mit hängenden Köpfen aus dem Sitzungssaal schlichen, nachdem Richterin Vera Hörauf die Verhandlung ohne Urteil beendete. Der Grund dafür war, dass die beiden jetzt zwar nicht vorbestraft sind, allerdings ein teures Gutachten bezahlen müssen, das für den Prozess angefertigt worden ist.

Der Vorfall, weshalb die beiden jeweils 30-Jährigen überhaupt auf der Anklagebank gelandet sind, liegt ziemlich genau zwei Jahre zurück. Die Männer waren 2017 auf dem Grafinger Volksfest in eine Rangelei zwischen zwei Gruppen geraten. Laut Anklage soll dabei im Festzelt ein Biertisch hin und her geworfen worden sein - so lange, bis sich ein eigentlich unbeteiligter Mann eine blutige Nase geholt hat. Das Tischbein hatte ihn im Gesicht getroffen. Und so waren die beiden, die als einzige in dem Trubel geschnappt worden sind, nun wegen schwerer Körperverletzung angeklagt.

Für sie war es bereits der zweite Termin vor dem Amtsgericht. Bei der ersten Verhandlung konnten weder Zeugen, noch die Beschuldigten selbst zur Klärung der Sache beitragen, weil sich schlichtweg keiner mehr an den genauen Hergang erinnern konnte. Licht ins Dunkel sollte ein Video bringen, das den kompletten Vorfall dokumentiert. Um ihre Unschuld zu beweisen, erklärten sich die Angeklagten damals einverstanden, dass ein Gutachter die Aufnahme auswertet und der Prozess zu einem späteren Zeitpunkt fortgesetzt wird - was den beiden Männern letztlich nun teuer zu stehen gekommen ist.

Bei der jüngsten Sitzung nun lag das Videomaterial vor, doch die zweifelsfreie Unschuld der beiden konnten die Aufnahmen nicht beweisen. Vielmehr war darauf zu sehen, dass die Männer sehr wohl in dem kleinen Tumult mitgemischt haben, wenngleich auch nicht als treibende Kraft. Die beiden beteuerten aber, dass sie niemanden haben verletzen wollen. Auch das vermeintliche Werfen des Tisches entpuppte sich auf dem Video eher als Schieben und Drücken.

Das Gericht geriet deshalb in die Zwickmühle: Einerseits konnte man den Angeklagten beim besten Willen keine böse Absicht unterstellen, andererseits waren die Männer an der ganzen Sache auch nicht völlig unbeteiligt. Statt eines Freispruchs oder einer Verurteilung schlug Richterin Hörauf deshalb vor, das Verfahren einzustellen. Eine Frage war dabei allerdings noch zu klären: Wer kommt für das, wie die Vorsitzende sagte "sündhaft teure" Gutachten auf, das die Beklagtenseite hatte erstellen lassen? Immerhin hat die Analyse des Videomaterials knapp 6000 Euro gekostet. "Ich sehe nicht ein, dass die Staatskasse das zahlt", sagte Hörauf. "Da mach ich nicht mit."

Und so blieb den Angeklagten nur übrig, selbst ihren Geldbeutel zu öffnen, um einer Verurteilung und damit auch einer Eintragung ins Vorstrafenregister zu entgehen. Den Betrag haben die beiden Männer nach dem Grad der Beteiligung gesplittet. Einer von ihnen zahlt 4000 Euro, der andere 2000 Euro. Dafür durften sie als weiterhin unbescholtene Bürger den Gerichtssaal verlassen - wenngleich eben mit hängenden Köpfen.

© SZ vom 25.06.2019 / aju - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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