Ebersberg:Angebot gegen Langeweile

Beschäftigungskiste für Menschen mit Demenz bei der Stadtbibliothek

Von Johanna Feckl, Ebersberg

Langeweile kann zermürbend werden, wenn sie von morgens bis abends andauert, Tag für Tag, Woche für Woche - immer. Für viele Demenzerkrankte gehört das jedoch zu ihrem Alltag. Ihr Gedächtnisschwund lässt vieles, was früher selbstverständlich war, nicht mehr zu. Bei fast allen Dingen sind sie auf Unterstützung angewiesen, damit sie die Langeweile nicht verschluckt: einen Roman lesen, Spazierengehen, eine Sendung im Fernsehen verfolgen, ein Plausch mit Freunden oder Bekannten, Handarbeit oder die Gedanken einfach ein wenig kreisen lassen - ohne Hilfe funktioniert das nicht mehr. Seit kurzem hat die Stadtbücherei in Ebersberg nun eine "Beschäftigungskiste" in ihrem Bestand, die Angehörige und Betroffene unterstützt, um gegen die Langeweile Abhilfe zu schaffen. Anlässlich des Welt-Alzheimertages spendete der Karlsruher Verlag "Sing-Liesel" der Bücherei die Box im Wert von 250 Euro.

"Wir freuen uns riesig darüber und bedanken uns sehr für diese Spende", sagt die stellvertretende Büchereileiterin Brigitte Tohanean-Knall. Immer wieder kämen Menschen zu ihnen auf der Suche nach Büchern, um sich über die Krankheit zu informieren. Doch nicht immer geht es um den Umgang mit Alzheimer-Betroffenen, häufig suche die Kundschaft auch nach Anregungen für Aktivitäten. Mit der Beschäftigungsbox besitzt die Bücherei nun eine üppige Auswahl an verschiedenen Medien zum Thema Demenz.

Die Schenkung enthält zum einen informative Bücher, etwa einen Ratgeber, in dem Angehörige über ihre persönlichen Erfahrungen im Umgang mit demenziell erkrankten Menschen berichten. Zum anderen gibt es in der Kiste aber auch eine große Auswahl an Titeln für den direkten Kontakt mit den Betroffenen. So etwa die "SingLiesel", ein singendes Buch und gleichzeitig Namensgeber für den Verlag, der die Medien spendete. Per Knopfdruck kann der Demenzkranke Volkslieder wie "Die Tiroler sind lustig" oder "Schneewalzer" abspielen und natürlich mitsingen. Oder ein Buch mit Sprichwörtern und Reimen, bei denen die letzten Wörter fehlen und ergänzt werden müssen. Das Schriftbild ist dabei recht groß gehalten, sodass Menschen mit einer anfänglichen oder leichten Demenz die Texte noch eigenständig lesen können.

Neben Büchern in diesem und ähnlichem Stil gibt es auch einige Spiele , die an die speziellen Bedürfnisse von Menschen mit Demenz angepasst sind, wie beispielsweise ein Memory: Auf einem Kartenpaar ist dasselbe Bild eines Volksmusikers zu sehen, einmal steht der Vor- und das andere Mal der Nachname dabei. Oder verschiedene Puzzles mit Blumenmotiven, die aus jeweils vier sehr großen Teilen bestehen.

Die meisten Bücher und Spiele aus der Schenkung setzen auf solche Dinge, die man gewöhnlich im Kindes- oder jungen Erwachsenenalter lernt. Solches Wissen festigt sich im Langzeitgedächtnis und geht damit auch als letztes im Verlauf der Gedächtniskrankheit verloren. In aller Regel können die Betroffenen diese spielerischen Aufgaben auch bei einer fortgeschrittenen Demenz noch lösen. Solche Erfolgserlebnisse in Verbindung mit der simplen Tatsache, dass man der Langeweile entkommt, sprechen für sich. Die Hollywood-Ikone Greta Gabo formulierte es einst so: "Das Leben ist so wunderbar, wenn wir nur etwas damit anzufangen wüssten." Dieses Prinzip bleibt auch für Demenzerkrankte bestehen.

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