Drei Männer vor Gericht:Viele Aussagen, wenig Klarheit

Auch nach neun Zeugen ist nicht zweifelsfrei bekannt, wer wen am 5. Februar 2017 in Taufkirchen angriff und verletzte

Von Gerhard Wilhelm, Erding

Was geschah wirklich in der Nacht des 5. Februar 2017 gegen 2 Uhr auf der Landshuter Straße in Taufkirchen? Wer schlug wen? Wer war der Angreifer und wer das Opfer? Auf der Anklagebank saßen am Amtsgericht Erding drei junge Männer aus Eritrea, die in dieser Nacht einen Berufskraftfahrer aus Taufkirchen erst zu Boden geschubst und ihn dann mit Füßen getreten haben sollen, was für die Staatsanwaltschaft den Straftatbestand der schweren Körperverletzung erfüllt. Doch einerseits beteuerten die Angeklagten, dass nicht sie die Angreifer waren, sondern der Mann sowie zwei weitere Personen, die er zur Unterstützung herbei geholt habe. Aber auch nach Aussagen von neun Zeugen, von denen sich die meisten an nicht mehr viel erinnern konnten, war nicht klar, was tatsächlich passiert war. In zu vielen Punkten wichen die Aussagen voneinander ab. Ein zweiter Verhandlungstermin an diesem Mittwoch mit zwei weiteren Zeugen soll mehr Licht in den Vorfall bringen.

Ein paar Konstanten gibt es: Gegen 1.55 Uhr waren die drei Flüchtlinge nach einem Biergarten- und Diskobesuch auf dem Heimweg. Auf der Landshuter Straße waren sie etwas lauter und singend unterwegs, als sie von einem Mann vor einer Bar aufgefordert wurden, doch bitte leiser zu sein. Auch das Ende der Geschichte ist bekannt: Die Polizei stoppte die drei wenig später nördlich der Straße. Eine Zeugin des Vorfalls, die am Mittwoch aussagen soll, war ihnen gefolgt und hatte der Polizei laufend von ihrem Aufenthaltsort berichtet. Die Polizei nahm die Personalien auf, dann konnten alle nach Hause gehen.

Was dazwischen passierte, dazu gibt es variierende Aussagen. Die jungen Männer behaupten, dass der Mann ihnen nachgelaufen sei und einen von ihnen zu Boden geschubst habe. Der dritte Eritreer, der nur als Zeuge aussagen musste, sagte, er sei dazwischen gegangen und sei von dem "kräftigen Mann" zu Boden gestoßen wurde. Danach sei der Mann zurück zu einer nahen Bar und habe "Unterstützung" geholt, einen Mann und eine Frau. Der Mann habe einen von ihnen in den Schwitzkasten genommen, der ursprüngliche Angreifer sei auf dem nassen Gehsteig ausgerutscht. Als sich ihr Freund aus dem Umklammerung lösen habe können, sei man schnell weggegangen, weil man keinen Streit haben wollte.

Bei der Vernehmung wenige Tage nach dem Geschehen hatte einer der Angeklagten seinerseits Strafanzeige gegen den ersten Angreifer gestellt, weil der ihn zweimal mit der Faust gegen den Kopf geschlagen habe. Der Mann, der von den jetzt Angeklagten verletzt worden sein soll, konnte sich nur daran erinnern, dass er zu Boden gerissen worden sei und seinen Kopf vor Tritten geschützt habe. Bei der Attacke habe er eine kleine Platzwunde am Kopf sowie Verletzungen am Knie und am Fußgelenk erlitten. Allerdings lag kein ärztliches Attest vor, nur Lichtbilder von den Verletzungen. Vor der Attacke habe er den jungen Männern zugerufen, sie sollten leiser sein.

Ein Zeuge konnte aus eigener Anschauung berichten, dass jemand am Boden lag und er dazwischen ging, um zu helfen. Einen habe er in den Schwitzkasten genommen, den anderen einfach weggehalten. Als der eine aus dem Schwitzkasten gekommen sei, seien alle drei geflohen. Ein Anwohner an der Landshuter Straße, der durch den Lärm aufgeweckt worden war, sah von seinem 40 Meter entfernten Balkon drei Männer, die um einen halb liegenden Mann herum standen und ihn traten. Zudem gab es verschiedene Aussagen über die "Flucht" der drei Eritreer: einmal alle zu Fuß, einmal einer mit dem Fahrrad.

Selbst die Aussagen der Polizisten, die die drei Männer später stoppten, um die Personalien aufzunehmen, unterschieden sich. Einmal seien alle drei am Anfang ruhig gewesen, ein anderes Mal von Anfang an sehr aggressiv. Einmal sei der Geschädigte beim Eintreffen am Tatort schon weg gefahren worden vom Rettungswagen, der zweite Polizist will ihn dort dagegen noch vernommen haben. Jetzt soll die Frau, die ihren Bekannten in der Bar um Hilfe gebeten hat und den drei Asylbewerbern gefolgt war, zur Klärung des Vorfalls beitragen.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: