Jubiläumsjahr 2023:Ein Prosit auf Dorfens Wirtshäuser

Jubiläumsjahr 2023: Dorfener Wirtshausgeschichte in Kalenderform, herausgegeben wird sie von der Geschichtswerkstatt Dorfen.

Dorfener Wirtshausgeschichte in Kalenderform, herausgegeben wird sie von der Geschichtswerkstatt Dorfen.

(Foto: Repro: Thomas Daller)

Die Geschichtswerkstatt Dorfen bringt einen Kalender heraus. Er hält die Erinnerung wach an viele längst verschwundene Gaststätten vom Eigner Bot bis zur Soafa.

Von Thomas Daller, Dorfen

Bier hat in Dorfens Geschichte eine besondere Rolle gespielt. Natürlich denkt man dabei zuerst an den Bierkrieg, bei dem 1910 in Dorfen zwei Wirtshäuser in Brand gesteckt wurden, weil der Bierpreis von 24 auf 26 Pfennige angehoben worden war. Aber das Bier und die Gastronomie haben der Stadt bereits im 17. und 18. Jahrhundert zu Wohlstand verholfen, als Dorfen nach Altötting der meist besuchte Wallfahrtsort in Süddeutschland war.

Insgesamt vier Millionen Pilger sollen damals die Dorfener Wallfahrtskirche besucht haben, hungrig und durstig nach der langen Wanderung. Sechs Brauereien und 21 Wirtshäuser konnten in der Blütezeit gut davon leben. Leider existieren nicht mehr viele davon. Doch die Geschichtswerkstatt Dorfen hält die Erinnerung daran wach: Sie hat für 2023 einen Kalender zur "Dorfener Wirtshausgeschichte" herausgegeben, der das Zeug dazu hat, der Renner im Dorfener Weihnachtsgeschäft zu werden.

Die Lokalhistoriker der Geschichtswerkstatt hatten bislang ihren Schwerpunkt darauf gelegt, die NS-Geschichte in Dorfen zu erforschen. Anlässlich des Stadtjubiläums "1250 Jahre Dorfen" im Jahr 2023 haben sie sich der Historie der Wirtshäuser in Form eines Kalenders angenommen. Die Autoren haben einige der vielen Wirtshäuser von früher und heute ausgewählt, die sie jeweils mit Text und Bild vorstellen. Sechs davon hatten dazugehörige Brauereien, die es seit Anfang des 16. Jahrhunderts bis ins 20 Jahrhundert hinein gab. Das waren der Gaiglbräu (Gasthaus und Brauerei Streibl), der Trommerbräu (Brauerei und Gasthaus Bachmayer), der Bräu im Winkl (Brauerei und Gasthaus Wailtl), der Englbräu und der Jakobmayer. Zwei davon existieren immer noch, beziehungsweise wieder, der Jakobmayer und der Wailtl.

Das Johanniscafé versucht als Genossenschaft dem Wirtshaussterben Einhalt zu gebieten

Einige Wirtshäuser werden in dem Kalender als Ensemble zusammengefasst, weil sie in unmittelbarer Nachbarschaft zueinander lagen: Englbräu, Weinwirtschaft Zelzer und Brandmeier (heute Gasthaus am Markt) sowie Eiber, Mölzlbräu und Diemermetzger am Marienplatz. Weitere wurden ausgewählt, weil es über sie besondere Geschichten zu erzählen gibt: Soafa, Lebzelter, die Gaststätte Eigner Bot, der Greißl und das Gasthaus Kolb. Und natürlich dürfen auch der Bluespunkt in Oberdorfen nicht fehlen sowie das Johanniscafé, das als Genossenschaft neue Wege beschreitet, um dem Wirtshaussterben Einhalt zu gebieten.

Jedes Wirtshaus wird mit alten Fotos vorgestellt, die an ein Dorfen erinnern, das man sich immer noch gut vorstellen kann, auch wenn manche Gebäude nicht mehr existieren. Mit den Wirtshäusern sind Geschichten wie die des Bierkriegs oder der Widerstand gegen die Isentalautobahn verknüpft, aber auch alte Zeitungsartikel über Mord und Totschlag. Und die Autoren klären rätselhafte Namen auf, wie beispielsweise "Eigner Bot". Diese ungewöhnliche Bezeichnung kam daher, dass Mitte des 19. Jahrhunderts der Besitzer Michael Eigner hieß und von Beruf, außer Gastwirt, der "Münchnerbote" war. Er transportierte Waren von und nach München, Bote war damals eine gebräuchliche Berufsbezeichnung.

Auch das Gasthaus Lebzelter hat eine bewegte Geschichte und sie hat mit Met zu tun

Auch das Gasthaus Lebzelter hat eine bewegte Geschichte. Lebzelter waren spezialisierte Bäcker, die Lebkuchen herstellten. Und dazu brauchten sie Honig. Da lag es nahe, den Honig auch zu anderen Zwecken zu verwenden, nämlich zur Herstellung von Met. Den Honigwein durften sie an Gasthäuser verkaufen und manchmal hatten sie auch selbst das Schankrecht wie Franz Heigl, der von 1816 an als Lebzelter in der Apothekergasse nachgewiesen ist.

Abgerundet wird das Spektrum durch die Wirtschaften, in denen sich die rührige links-alternative Szene in den vergangenen Jahrzehnten traf und trifft. 1976 entstand in Oberdorfen aus einem Landgasthof die Musikkneipe Bluespunkt. In dem Saal, in dem früher Hochzeiten gefeiert wurden und Kirtatänze stattfanden, spielten Blues-Legenden wie James Booker, Albert Mangelsdorf gab dort Jazzkonzerte und angesagte Krautrocker wie Guru Guru, Kraan, Embryo, Amon Düül und Schroeder Roadshow traten dort auf.

Auch Dorfens "Alternativkneipe", die Soafa, darf im Kalender nicht fehlen

1984 kam in Dorfen als weitere "Alternativkneipe" die Soafa dazu, aus der Birgit Binder und Hans Fischer eine weithin bekannte Kleinkunstbühne machten, in der Künstler wie die Biermöslblosn, Sigi Zimmerschied oder Georg Ringsgwandl auftraten. 1990 wurde dann auch noch das Johanniscafé eröffnet, das Peter Willim fast 30 Jahre lang betrieb. Geöffnet war es weniger tagsüber, dafür bis spät in die Nacht. Willims Mitarbeiter wandelten es dann 2019 in eine Genossenschaft um.

Georg Wiesmaier, einer der Autoren des Wirtshauskalenders, sagte, dass die Wirtshausgeschichte viel Dorfener Geschichte widerspiegele. Bei der Themensuche für einen Beitrag zum Dorfener Jubiläumsjahr 2023 sei man sich daher schnell einig geworden. Auch er selbst gehe gern ins Wirtshaus, bereits als junger Bub sei er von der Mutter mitgeschickt worden, wenn der Vater, ein Landwirt, einen Viehhandel mit ein paar Bier gefeiert habe: "Sie hat gewusst, wenn ich dabei bin, bleibt er nicht so lange aus."

Der Kalender ist für acht Euro in der Dorfener Buchhandlung, den Gaststätten Jakobmayer, Lebzelter, Johanniscafé, Bluespunkt sowie im Bürgerbüro des Dorfener Rathauses erhältlich.

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