Süddeutsche Zeitung

Dorfen:Volksfest vor Gericht

Die langjährigen Festwirte der Prost-Mahlzeit GbR klagen gegen die Stadt, die den Festbetrieb 2020 an den Landshuter Gastronomen Patrick Schmidt vergeben hat

Von Florian Tempel, Dorfen

Die langjährigen Dorfener Festwirte Ilse und Peter Klotz, Robert Eicher und Ernst Hennel fechten die Vergabe des Volksfestes 2020 an den Landshuter Gastronom Patrick Schmidt an. Das Verwaltungsgericht München muss nun darüber entscheidend, ob die Auswahl des neuen Festwirts auf korrekte Art und Weise erfolgt ist. Tatsächlich bestehen daran erheblich Zweifel. Während andernorts die Auswahl eine Volksfestwirts mit einem Punktesystem vorgenommen wird, bei dem auch nicht-finanzielle Kriterien wie die Ortsansässigkeit eines Bewerbers eine Rolle spielen, gab es das so in Dorfen nicht. Hier scheint letztlich nur das Geld gezählt zu haben: Gastronom Schmidt bot der Stadt mehr Pachtzins und versprach einen günstigeren Bierpreis und erhielt deshalb den Zuschlag.

Bei einem Volksfest darf man, wie aus Urteilen verschiedener Verwaltungsgericht zu ähnlich gelagerten Fälle hervorgeht, nicht maßgeblich auf finanzielle Aspekte abstellen. Der Festbetrieb auf einem Volksfest ist keine normale Dienstleistung. Die finanziellen Aspekte einer Bewerbung dürfen nur ein Kriterium unter vielen anderen sein. Beispielhaft und dem Verwaltungsgericht München sicher bestens vertraut, sind die detaillierten Kriterienkataloge und Bewertungssysteme für das Münchner Oktoberfest.

Die Kläger, die als Prost-Mahlzeit GbR 15 Jahre lang den Festbetrieb in der Dorfener Eishalle verantwortet haben, wollten sich nicht öffentlich zu ihrer Klage äußern. Auch die Stadtverwaltung teilte mit, man gebe "zum anhängigen Verfahren kein Statement ab". Noch-Festwirt Schmidt sieht die Sache hingegen gelassen: "Egal wie es ausgeht, das ist nicht mein Problem." Seine Vorbereitungen für 2020 liefen weiter, viele Verträge seien schon abgeschlossen, "Bedienungen und Musi muss ich jetzt buchen".

Falls er gerichtlich rausgekegelt werde, sieht Schmidt zwei mögliche Szenarien: Wenn es die Prost-Mahlzeit-Wirte dann zeitlich noch hinkriegen sollten, den Festbetrieb zu organisieren, werde er von der Stadt Schadenersatz verlangen. Oder er mache doch den Festwirt, weil andernfalls das Volksfest gar nicht stattfinden könnte, und die Stadt müsse dann eben die Kläger entschädigen. Schmidt kennt als Landshuter die Konstellationen. In der niederbayerischen Hauptstadt wurde die Vergabe eines Festzeltes für die Bartlmädult 2017 erfolgreich angefochten. In Landshut gab es zwar ein Bewertungssystem, das aber nicht ordnungsgemäß angewandt wurde.

"Das Verwaltungshandeln der auswählenden Behörde muss transparent und nachvollziehbar sein"

In Dorfen ist hingegen nicht mal ein System erkennbar, nach dem die Festhallenvergabe erfolgte. Das zeigt sich schon darin, dass die Mitglieder des Hauptausschusses bei der Sitzung am 17. Juli völlig erstaunt waren, dass sich ein Auswärtiger um den Festbetrieb beworben hatte. In all den Jahren zuvor war Ortsansässigkeit immer ein entscheidendes Kriterium gewesen. Wie bei den Einheimischenmodellen für vergünstigtes Bauland ist es zwar nicht mehr erlaubt, Ortsansässigkeit zur Vorbedingung für eine Bewerbung zu machen. Allerdings darf man sie weiterhin als wichtiges Kriterium ansetzen. So ist es zum Beispiel in Landshut, wo Patrick Schmidt Festwirt auf der Bartlmädult ist. Die Ortsansässigkeit werde in Landshut so stark bewertet, sagt Schmidt, dass Bewerber, die nicht aus der Stadt kommen, kaum keine Chance haben. In Dorfen war nichts dergleichen bei der Bewertung vorgesehen, weil es hier gar kein Punktesystem gibt. In Dorfen wurde die Vergabe des Festbetriebs eher so behandelt, wie man die Bauarbeiten für ein öffentliches Gebäude vergeben würde. Teilnehmer der Sitzung erinnern sich, dass ihnen von Bürgermeister Heinz Grundner (CSU) gesagt wurde, man müsse das finanziell beste Angebot annehmen, es ginge nicht anders.

Viele Stadträte waren dennoch stark irritiert und unzufrieden. Die Hinweise des Bürgermeisters, man müsse sich für den Landshuter Patrick Schmidt entscheiden, empfanden viele als nicht nachvollziehbar. Stadträte aus allen Fraktionen brachten in der Debatte Aspekte ein, die für die langjährigen Festwirte der Prost-Mahlzeit GbR sprachen. Auch in der öffentlichen Diskussion nach der letztlich einstimmigen Entscheidung pro Patrick Schmidt, wurde kritisiert, dass der Beschluss kaum nachvollziehbar sei.

Vor Gericht wird genau das ein entscheidende Rolle spielen. Die Rechtsprechung verlangt, "dass das Verwaltungshandeln der auswählenden Behörde transparent und nachvollziehbar sein muss", wie es in einem Urteil des Verwaltungsgerichts Regensburg aus diesem Jahr zu einem ähnlich gelagerten Fall heißt.

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Quelle:
SZ vom 23.11.2019
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