Stadtrat Dorfen:Schutzwirkung oder Bevormundung

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Dorfen ist eigentlich schön grün, aber viele alte Bäume fallen neuen Bauvorhaben zum Opfer. Einen Hebel, dies zu verhindern, hat der Stadtrat bislang nicht gefunden. (Foto: Renate Schmidt)

In Dorfen wird die Einführung einer Baumschutzverordnung diskutiert. Der Antrag kommt von der CSU. Die Meinungen gehen weit auseinander. Für die einen ist es eine elementare Notwendigkeit, andere warnen vor einem bürokratischen Monster.

Von Florian Tempel, Dorfen

Sind die Dorfener auf der Höhe der Zeit oder hinken sie hinterher? Die CSU-Fraktion im Stadtrat - jawohl, die CSU - plädiert überraschend und unerwartet für die Einführung einer Baumschutzverordnung. Der Bund Naturschutz (BN) in Bayern fordert schon lange, dass jede Kommune eine Baumschutzverordnung erlassen sollte. Doch eher wenige Städte und Gemeinden haben bislang eine. Bekannt ist vor allem die Münchner Verordnung, die schon 1976 eingeführt wurde.

Dass die Dorfener CSU ihr Herz für Bäume entdeckt hat und sie vor dem nicht reglementierten Zugriff ihrer Besitzer bewahren möchte, hat mit mehreren unübersehbaren Fällungen markanter Bäume zu tun. Am Dorfener Bahnhof stand, gewissermaßen schon immer, eine große Linde. Jetzt steht da gar nichts mehr. Der Baum hatte morsche Äste. Das war sein Todesurteil. Dabei war er im Wortsinn kerngesund. An der Isener Straße sind gleich mehrere große Bäume umgesägt worden. Waren die alle unheilbar krank? Die CSU geht sowieso eher pauschal auf Fällungen im Zusammenhang mit Bauprojekten ein. In ihrem Antrag für eine Baumschutzverordnung heißt es: "Im Rahmen von Baumaßnahmen im Stadtbereich Dorfen sind in den letzten Jahren eine Reihe von zum Teil großen Bäumen gefällt worden. Man hat dabei den Eindruck, dass diese Baumfällungen in manchen Fällen das für die Baumaßnahme notwendige Maß überschritten haben."

Ein verstörender Anblick war für viele der abgesägte Stumpf der mächtigen Linde am Dorfener Bahnhof, die wegen einiger morscher Äste umgelegt wurde. (Foto: privat)

Die anderen Fraktionen im Dorfener Stadtrat waren erst mal baff. Doch dann begann sehr schnell eine lebhafte Diskussion mit differenzierten Positionen und Argumenten. Die einen halten gar nichts von einer Baumschutzverordnung, weil das ein Eingriff in private Rechte sei und womöglich kontraproduktiv, da große Bäume noch schnell vor Inkrafttreten der Verordnung umgeschnitten würden. Anderen erscheint der Verwaltungsaufwand zu groß, wenn man nur für den Baumschutz mindestens eine ganze Sachbearbeiterstelle im Rathaus besetzen müsse. Die einen sagten, eine Baumschutzverordnung sei von elementarer Notwendigkeit, anderen nannten sie ein bürokratisches Monstrum. Mit 13:9 Stimmen wurde beschlossen, dass die Verwaltung etwas ausarbeiten und vorlegen soll. Mal sehen, was daraus wird.

Vielleicht geht es ja so aus, wie in Erding vor vier Jahren. Da war es ebenfalls die CSU-Stadtratsfraktion, die urplötzlich eine Baumschutzverordnung wollte. Anlass waren damals zwei radikalen Baumfällaktionen auf innerstädtischen Privatgrundstücken. So gehe das nicht, fand die CSU, es müsse unbedingt etwas passieren, damit so etwas nicht wieder vorkomme. Aber es wurde dann doch keine Baumschutzverordnung erlassen - die CSU hat ihren Antrag drei Monate später einfach wieder zurückgenommen.

Wer einen großen Baum fällen will, braucht gute Gründe

Die Kernpunkte einer Baumschutzverordnung sind eigentlich überall gleich. Geschützt werden Bäume und mehrstämmige Gehölze ab einem bestimmten Stammumfang, meist 80 Zentimeter, gemessen ein Meter über dem Boden. Obstbäume sind in der Regel nicht geschützt, in manchen Kommunen auch bestimmte Nadelbäume nicht. Wer einen großen Baum fällen will, muss sich bei der Stadtverwaltung vorher eine Genehmigung dazu einholen, die nur erteilt wird, wenn es gute Gründe gibt.

Eine Fällung wird genehmigt, wenn der Baum schwer krank ist - was ein Experte überprüft - oder der Baum die Nutzung des Grundstücks unzumutbar beeinträchtigt. Nicht nur das Fällen, sondern auch das Verstümmeln, Vergiften oder andere zerstörerischen Aktionen gegen einen Baum sind verboten. Bei Zuwiderhandlungen gibt es Geldbußen und die Pflicht zur Ersatzpflanzung, wobei ein großer alter Baum aber nicht durch einen kleinen Hänfling ersetzt werden kann. Die Stadtverwaltung legt fest, in welchem Maß Kompensation geleistet werden muss.

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