Süddeutsche Zeitung

Dorfen:Mehr Platz machen

Unlängst wurde das Dorfener Rathaus mit einem Architekturpreis ausgezeichnet, nun soll der schmale Freiraum vor dem Gebäude ansprechender gestaltet werden. Das stößt nicht auf ungeteilte Zustimmung, denn es geht auch um Autoparkplätze

Von Florian Tempel, Dorfen

Vor wenigen Tagen durfte Bürgermeister Heinz Grundner (CSU) jubeln. Das in seiner Amtszeit erbaute Dorfener Rathaus ist für seine herausragende Architektur prämiert worden. "Ich bin begeistert!", ließ sich Grundner für eine Pressemitteilung zitieren. Der Preis ist eine große Anerkennung und bescheinigt dem vom Eichstätter Büro Diezinger Architekten entworfen Rathaus ein besonders gelungenes Gebäude zu sein. Die Jury des Deutschen Ziegelpreises lobte unter anderen "die subtile Fügung und den Reichtum der einfachen Fassadengestaltung".

Bei vielen Bürgerinnen und Bürgern in Dorfen hält sich die Begeisterung für die Formschönheit des neuen Rathauses in Grenzen. Es ist nicht so, dass alle im gleichen Maße wie die Architektur-Profis der Ziegelpreis-Jury das Rathaus für ein leuchtendes Beispiel der Baukunst halten. Womöglich liegt es aber auch daran, dass dem Rathaus etwas fehlt: ein schöner Vorplatz, durch den es erst richtig zur Geltung kommen könnte.

Die Preisrichter-Jury hatte zwar geschwärmt, dass das Dorfener Rathaus es schaffe, "trotz der beengten Lage, Ansprüchen wie Ästhetik, Individualität und Qualität eines öffentlichen, repräsentativen Gebäudes nachzukommen". Dennoch wurde auf Antrag der GAL nun im Bauausschuss beschlossen, etwas nachzuhelfen und den Rathausplatz trefflicher zu gestalten.

Die städtebauliche Grundkonzeption Dorfens ist fast 800 Jahre alt. Die planmäßige Anlage der Stadt unter Herzog Ludwig dem Kehlheimer beruht auf einem basalen Straßenkreuz in die vier Himmelsrichtungen sowie den vier Plätzen Marienplatz, Unterer Markt, Kirchtorplatz und Rathausplatz. Letzterer hat dabei das Pech, dass eine Straße mitten über ihn drüber läuft. Autoverkehr war bei der Stadtanlage im 13. Jahrhundert noch nicht berücksichtigt worden. Heute gehören Autos aber ganz normal zum Stadtleben dazu. Und deshalb ist vor dem Rathaus, wie naturgegeben, ein breiter Parkplatz angelegt worden. Das mag zwar praktisch sein für Autofahrer, die ihr Auto zentral in der Stadt abstellen wollen. Die acht bis zehn Längsparker vor dem Rathaus - so viele passen je nach "Parkdisziplin" dort hin, wie Bauamtsleiter Franz Wandinger dem Bauausschuss erklärte - kratzen jedoch an der Ausstrahlung des prämierten Gebäudes.

Das zeige sich immer wieder bei Hochzeiten, bei denen sich die fröhliche Festgesellschaft auf dem recht schmalen Bürgersteig vor dem Rathaus drängten, schrieb Gerald Forstmaier (GAL) in seinem Antrag. Ohne Parkplätze wäre das anders und man könnte auch besser auf die andere, grüne Seite des Rathausplatzes jenseits der Straße wechseln. Zudem gebe es vor dem Rathaus zu wenige Fahrradständer.

Bürgermeister Grundner erkannte ein "Dilemma". Wenn man "das durchaus knappe Gut Stellplätze" reduziere, schade das der "Belebung der Innenstadt", der Gastronomie und dem Einzelhandel. Die Parkplätze vor dem Rathaus sollten deshalb erhalten bleiben und bei Hochzeiten einige Tage zuvor gesperrt werden. Auch Sabine Berger (CSU) unterstützte das vehement. Für die Geschäftsleute in der Innenstadt sei es "elementar, dass vor ihren Läden geparkt werden kann". Dass es genügend Parkplätze gebe, sei man "auch den auswärtigen Bürgern schuldig". Ursula Frank-Mayer (GAL) sah es anders: "Die Gleichung, um so mehr Parkplätze desto besser geht es dem Einzelhandel, geht nicht auf." Und Walter Zwirglmaier (ÜWG) empfand es "bitter notwendig", den Rathausplatz besser zu gestalten: "Derzeit steht es nur als riesengroßes Gebäude da und hat keinerlei Ausstrahlung."

Mit großer Mehrheit beschloss der Bauausschuss schließlich, dass sich Stadtplanerin Martina Schneider der Sache annimmt und Möglichkeiten einer Platzgestaltung konzipiert - unter der Berücksichtigung, dass auch Parkplätze wichtig sind.

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Quelle:
SZ vom 18.02.2021
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