Das Leben von Walter Kaufmann ist "schillernder als jedes Drehbuch". Diese Einschätzung der Regisseurin Karin Kaper und ihres Co-Regisseurs Dirk Szuszies ist keine Werbebotschaft, um ihren Dokumentarfilm mit Schmackes zu promoten. Wenn man die Ankündigung zu "Walter Kaufmann - Welch ein Leben!" liest - der Film ist in der kommenden Woche in einer Sondervorführung in Anwesenheit des Regieteams in Dorfen zu sehen - staunt man ehrfürchtig, was er alles erlebt hat. Im Leben dieses außergewöhnlichen Zeitzeugens, der im vergangenen Jahr im Alter von 97 Jahren in Berlin gestorben ist, spiegeln sich bedeutende Ereignisse, Katastrophen und Erschütterungen des 20. Jahrhunderts wieder.
Als Jizchak Schmeidler kommt Walter Kaufmann im Jahr 1924 in Berlin zur Welt. Er ist der Sohn der armen, jungen polnischen Jüdin Rachel Schmeidler. Sie gibt ihn zur Adoption frei und 1927 später nimmt ihn ein wohlhabendes Ehepaar aus Duisburg zu sich. "Aus dem Lumpenkind wurde ein Bourgeoiskind", sagt der alte Walter Kaufmann im Film, "und aus dem Bourgeoiskind wurde ein Wanderer durch die Welt."
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Während seine Adoptiveltern Johanna und Sally Kaufmann von den Nazis ermordet werden, wird Walter Kaufmann durch einen Kindertransport nach England vor der Vernichtung gerettet. Allerdings wird er in England interniert und per Schiff nach Australien verfrachtet, wo er fast zwei Jahre in einem Lager festgehalten wird. Er wird - in dieser Reihenfolge - australischer Soldat, Hochzeitsfotograf, Seemann und preisgekrönter Schriftsteller.
Mitte der Fünfzigerjahre entscheidet er sich, in die DDR zu gehen. Sein australischer Pass erlaubt es ihm gleichwohl, als Journalist und Schriftsteller überall dorthin zu reisen, wohin er es für richtig hält. So nimmt er als Beobachter und Autor Anteil an der Bürgerrechtsbewegung in den USA, am Prozess gegen Angela Davis, an der Revolution in Kuba, berichtet über die Auswirkungen der Atombombenabwürfe in Japan, den israelisch-palästinensischen Konflikt, begleitet die Entwicklung und den Zusammenbruch der DDR. Er erhält zahlreiche literarische Auszeichnungen wie den Fontane-Preis, den Heinrich-Mann-Preis sowie den Literaturpreis Ruhr.
Der Film über Walter Kaufmann hatte vor knapp einem Jahr beim Jüdischen Filmfestival Berlin-Brandenburg Weltpremiere, offizieller Kinostart war im September 2021. Dass er nun im s'Kino im Jakobmayer zu sehen ist, ist der Initiative der Geschichtswerkstatt Dorfen und des Kreisverbands der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft Erding zu verdanken.
Walter Kaufmann - Welch ein Leben! , Dokumentarfilm von Karin Kaper und Dirk Szuszies, Sondervorführung im s'Kino im Jakobmayer, Dienstag 5. Juli, 19.30 Uhr; Vorbestellung www.skino-dorfen.de.