Dorfen:Jedes Schicksal hat ein Gesicht

Dorfen: EIn Bild der Ausstellung

EIn Bild der Ausstellung

(Foto: Renate Schmidt)

Die Fotoausstellung "Die Würde des Menschen ist unantastbar" ist derzeit im Gymnasium Dorfen zu sehen

Von Melanie Schwarzbauer, Dorfen

Saad stammt aus Bagdad. 2011 ist er über die Türkei geflohen. "Meine zwei Brüder wurden getötet. Meine Mutter hat mich weggeschickt, sie wollte mich nicht auch noch verlieren. Sie haben mich angeschossen, ich habe drei Operationen in der Türkei gebraucht", sagt der 30-Jährige. Randa, 37, wünscht sich, "dass wir uns gut mit den Einheimischen integrieren, damit meine Familie und meine Kinder eine gute Zukunft haben." Saad und Randas Kommentare sind Teil der Fotoausstellung "Die Würde des Menschen ist unantastbar", die derzeit im Gymnasium Dorfen zu sehen ist. Die Aussagen der beiden finden sich neben ungestellten Porträtaufnahmen von Flüchtlingen. Sie sollen dem Besucher ins Bewusstsein rufen, dass sich hinter dem "Flüchtling" immer auch ein Mensch mit einem tragischen Schicksal verbirgt.

Thomas Peschel-Findeisen und Peter Schaller sind Fotografen. Sie hatten bereits im Frühjahr 2014 die erste Idee zu diesem Projekt. Die zunehmende Brisanz des Themas drängte die beiden zur Umsetzung des Gedankens. Sie wollten Porträts der Flüchtlinge aufnehmen, ohne deren derzeitige Lebensumstände abzubilden oder ihnen Regieanweisungen zu geben. Einfühlsame Interviews durch Maria-Luise Berger sollten ihre persönliche Geschichte erfahrbar, sollten das Individuum hinter dem gesichtslosen Sammelbegriff "Flüchtling" sichtbar zu machen. "Die Würde des Menschen ist unantastbar", den Titel der Ausstellung sehen die Projektleiter als Programm: In jüngster Zeit, so sagen sie, würden Flüchtlinge hauptsächlich als homogene Masse betrachtet - und nicht als Menschen mit ihren persönlichen Ängsten, Sorgen und auch Hoffnungen.

Es gestaltete sich schwierig, überhaupt den Kontakt herzustellen, denn die Türen in den Flüchtlingsheimen und Erstaufnahmeeinrichtungen in Deutschland blieben den Fotografen verschlossen. "Auf unsere Anfragen erhielten wir oft keine Antwort", sagt Peschel-Findeisen. Durch persönliche Kontakte in Österreich erhielten sie dann doch noch die Möglichkeit, ihr Vorhaben in die Tat umzusetzen. Und zu ihrem Glück lernten sie einen engagierten jungen Iraker kennen, der das Projekt in seiner jetzigen Form überhaupt erst ermöglichte. "Altamimi Abdalhammed, ein Amateurfotograf, war uns eine große Hilfe, denn er diente nicht nur als Übersetzer, sondern fungierte vielmehr als Eisbrecher", kommentiert Peschel-Findeisen. Manche Flüchtlinge verweigerten aus Angst vor Repressalien gegen die Daheimgebliebenen Name und Interview, allerdings entstanden auch von ihnen aussagekräftige Fotografien.

Die Reaktion auf die Ausstellung war auf ihren bisherigen Stationen durchgehend positiv - die Bilder wurden bereits in Innsbruck, Kempten und München ausgestellt, weitere Ausstellungstermine in Deutschland und Österreich sind geplant. Den Fotografen wurde unisono attestiert, es sei ihnen bestens gelungen, mit ihrem Werk eine tiefere Einsicht in die Thematik zu geben und zumindest bei einigen Besuchern bestehende Vorurteile auszuräumen. Das Fotoprojekt im Gymnasium Dorfen ist noch bis 3. Dezember zu sehen.

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