Unsinninger Donnerstag:"Hemden-Verbot" empört Dorfener

Hemadlenzn

Eine Art Nachthemd-Verbot hatte die Dorfener Polizei ausgesprochen und offenbar mit renitenten Bürgerinnen und Bürgern gerechnet. Das Polizeiaufgebot war beeindruckend, es gab aber nichts zu tun. Die Beamten konnten sich einen schönen Lenz machen.

(Foto: Stephan Goerlich)

Umstrittene Äußerung des Polizeiinspektionsleiters wird in der Praxis jedoch nicht umgesetzt

Was wäre das für ein idealer Tag für einen Hemadlenzenumzug gewesen: Blauer Himmel, strahlender Sonnenschein, und dann noch die schön verschneite Stadt, passend zum Winter austreiben. Aber es sollte heuer nicht sein, dazu hätte man vorher erst noch Corona austreiben müssen. Die Dorfener hielten sich auch brav an die Infektionsschutzverordnungen und machten keinerlei Anstalten, sich in Gruppen zum Feiern zu treffen, zumindest nicht in der Öffentlichkeit. Privat allerdings könnte es die eine oder andere gesellige Runde gegeben haben, wenn man die Stückzahlen der vorbestellten Weißwürste als Maßstab nimmt, die bei den Metzgern über die Ladentheke gewandert sind.

Es gab ein großes Polizeiaufgebot in der Stadt. Sieben Kleintransporter, die anhand des Bamberger Kennzeichen als Bereitschaftspolizei zu erkennen war. Sie konnten sich einen schönen Lenz machen und einen gemütlichen Vormittag im Auto verbringen. Gelegentlich vertraten sie sich in der Stadt ein wenig die Füße, aber es gab "keinen Sachverhalt, der eine Anzeige nach sich gezogen hat", bilanzierte der stellvertretende Leiter der Polizeiinspektion Dorfen, Hans Rumpfinger.

Allerdings waren die Dorfener am Unsinnigen Donnerstag ziemlich sauer auf die Dorfener Polizei. Hans Kratzel, der Leiter der Inspektion, hatte sich mit einem Zitat Sympathien verscherzt. Nachdem ein paar Dorfener in den sozialen Medien die Auffassung vertreten hatten, man könne dennoch als Einzelperson im weißen Hemadlenzen-Nachtgewand spazieren oder zum Einkaufen gehen, hatte Kratzel in einem Zeitungsinterview darauf reagiert. "Grundsätzlich ist es so, dass die Infektionsschutzmaßnahmen Spaziergänge zulassen", hatte Kratzel gesagt. "Aber wenn feststellbar ist, dass die Intention eine andere ist, nämlich an der Tradition des Hemadlenzen festzuhalten, weil die Leute im weißen Gewand spazieren gehen, dann wird das Spazierengehen unzulässig", monierte er. "Das ist dann ein Verstoß gegen die Infektionsschutzmaßnahmen. Und das muss zur Anzeige gebracht werden."

Diese Aussage löste nicht nur Empörung in den sozialen Medien aus, sondern auch auf der Straße war es Tagesgespräch. So lange man sich nicht treffe, um in Gruppen durch die Stadt zu ziehen, sei das Tragen eines weißen Nachthemdes eben kein Verstoß gegen die Infektionsschutzmaßnahmen, schimpften Leute, die beim Bäcker oder Metzger Schlange standen. Manche bezeichneten es als fehlendes Fingerspitzengefühl, andere gingen aber noch weiter und sagten, es sei ein "starkes Stück", wenn der Polizeichef ohne Rechtsgrundlage den Bürgern mit Strafen drohe, wenn sie auch nur ein weißes Hemd tragen würden. Das sei eigentlich Anlass für eine Dienstaufsichtsbeschwerde. Das ist schon starker Tobak in Dorfen, wo man ansonsten überwiegend ein entspanntes Verhältnis zur Polizei hat.

In der Praxis wurde das Nachthemd-Verbot jedoch nicht so gehandhabt. Es war ohnehin so gut wie niemand in Kostümierung unterwegs. Ein einzelner älterer Herr hatte sich nach Brauchtumsart kostümiert und eine Dame, die mit ihrem Hund unterwegs war, hatte ihrem Zamperl ein blau-weißes Ringelhemd angezogen. "Pass auf, dass sie ihn dir nicht wegfangen", juxte Stadtrat Josef Jung, als er der Dame und ihrem Hund begegnete. Aber weder gegen den Zamperl noch gegen den älteren Herrn wurde von Seiten der Polizei eingeschritten. Auf Nachfrage erklärten die Beamten, sie hätten lediglich den Auftrag, die Ansammlung von Gruppen zu verhindern, eine Kostümierung sei kein Problem.

Polizeichef Kratzel war am Unsinnigen Donnerstag nicht zu sprechen. Sein Stellvertreter Rumpfinger versuchte die Wogen zu glätten: Kratzel habe gemeint, die Intention, an der Hemadlenz-Veranstaltung teilzunehmen, sei nicht zulässig. "Aber Spazierengehen im weißen Gewand ist jedem selbst überlassen."

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