Die Hemadlenzen in Dorfen haben am „Unsinnigen Donnerstag“ wieder erfolgreich ihr Ritual abgeschlossen, um eine Fortsetzung der Jahreszeiten zu gewährleisten: Mit einem Brand- und vielen Trankopfern haben sie den Winter ausgetrieben. Nun können Straßencafés wieder Tische und Stühle hinausstellen, Cabrios oben ohne fahren und die Bauern ihre Rösslein einspannen: Der Frühling kann kommen.
Die Hemadlenzen hatten wieder einmal Glück mit dem Wetter: Seit der Umzug 2021 wegen Corona einmal ausfallen musste, war in den darauffolgenden Jahren immer strahlend blauer Himmel. Auch diesmal fing der Tag sehr sonnig an, erst später zeigten sich die Wolken und als der Strohhemadlenz zum Abschluss traditionell verbrannt wurde, fielen ein paar Tropfen.
Polizei, Sicherheitsdienste und Rotes Kreuz waren zahlreich vertreten, die Zufahrtsstraßen hatte man mit Beton-Legoblöcken versperrt, Rettungsgassen blockierte die Polizei mit ihren Einsatzfahrzeugen, um sie bei Bedarf zu öffnen.
Traditionell stärkt man sich in Dorfen bei einem Weißwurstfrühstück, bevor man sich weiß gewandet in die Erdinger Straße begibt, wo sich der Zug formiert. Gegen 10 Uhr spielt die Stadtkapelle das Dorfener Faschingslied und dann setzt sich der Zug schunkelnd in Bewegung.



Das Ritual sieht vor, dass sich die Hemadlenzen zuerst zum Unteren Tor begeben, wo das Prinzenpaar bereits im Turmstüberl auf sie wartet. Auch heuer waren wieder 2000 bis 3000 Hemadlenzen beim Umzug dabei, etwas weniger als in den vergangenen Jahren, aber ausreichend, um den gesamten Unteren Markt mit ihren Nachthemden in ein weißes Spektakel zu verwandeln.
Zu den traditionellen Elementen des Umzugs gehören Laternen, die man an Stangen mit sich führt oder auch Saublasen, die an Stöcke gebunden werden. Sie kommen aber allmählich aus der Mode, werden ersetzt durch Konfettikanonen oder föhnähnliche Seifenblasenmaschinen.
Nachdem das Prinzenpaar mit einer Leiter vom Turmstüberl zu den Hemadlenzen hinabgestiegen war, ging es zur nächsten Station, zum Dorfener Rathaus. Dort warteten bereits Bürgermeister Heinz Grundner und Landrat Martin Bayerstorfer. Nachdem die beiden, unterstützt durch Rathausmitarbeiter, zahlreiche Tüten mit Bonbons zu den Lenzen hinuntergeworfen und ihnen zugeprostet hatten, kletterte Grundner zum Zug hinab, der sich dann erneut zu seinem nächsten Ziel am Marienplatz in Bewegung setzte.


Die traditionelle Route über die Haager Straße wurde heuer auch aus Sicherheitsgründen ein wenig umgeändert. Die polizeiliche Absperrung setzte bereits auf Höhe der Bäckerei Brugger ein, um Zufahrtsstraßen zu begrenzen. Der Umzug ging stattdessen weiter über die Brandstattgasse und schließlich weiter zum Marienplatz, auf dem bereits der sogenannte Galgen mit der Aschewanne wartete, und wo die Lenzenpuppe, ausgestopft mit Holz und Stroh, unter Gejohle verbrannt wird. Dort warten erfahrungsgemäß neben Fotografen und Fernsehteams auch viele Eltern mit kleineren Kindern, die das Spektakel sehen wollen.

Brauchtum:Hemadlenz: Spuren führen ins Alemannische
Der Dorfener Umzug ist nicht so einmalig, wie immer behauptet wird. Rund um Konstanz gibt es so viele verblüffende Parallelen, dass sich die Frage nach Original und Kopie stellt.
Mit bangem Blick nach oben, als sich allmählich die Wolken dunkler färbten, kommentierten manche in der Menge, der Zug müsse sich allmählich beeilen. Der vom Wetterbericht angesagte Regen am Nachmittag werde nicht mehr lange auf sich warten lassen. Und so war es auch: Kaum hing der mit Spiritus getränkte Strohlenz am Galgen und fing Feuer, begann es auch schon zu tröpfeln. Allerdings reichte es nicht, um die Puppe zu löschen, das Ritual des Winteraustreibens war wieder einmal gelungen.


Der Hemadlenzenumzug verlief nach Angaben der Dorfener Polizei auch heuer wieder friedlich, das liegt wohl auch daran, dass seit vielen Jahren der Verkauf von harten alkoholischen Getränken untersagt wurde. Das Rote Kreuz hatte zum Abschluss des Umzugs noch einen Einsatz, allerdings schien es sich bei der Patientin um keine Schwerverletzte zu handeln. Die Rettungskräfte machten aus Datenschutzgründen dazu keine Angaben.
Nach dem Umzug wurde noch bis etwa 14 Uhr in den Straßen gefeiert und getanzt, weiter ging es für viele dann in den Gaststätten oder im Tonwerk, wo noch eine lange Party gefeiert wurde.