LokalgeschichteFlucht und Vertreibung

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Die Baracken des Reichsarbeitsdiensts in Dorfen, an der heutigen Ludwig-Uhland-Straße, wurden nach dem Zweiten Weltkrieg 1945 zu Unterkünften für Flüchtlinge und Vertriebene.
Die Baracken des Reichsarbeitsdiensts in Dorfen, an der heutigen Ludwig-Uhland-Straße, wurden nach dem Zweiten Weltkrieg 1945 zu Unterkünften für Flüchtlinge und Vertriebene. (Foto: Geschichtswerkstatt Dorfen)

Während einer großen Abendveranstaltung der Geschichtswerkstatt Dorfen im Jakobmayer kommen Zeitzeugen und Betroffene zu Wort.

Von Florian Tempel, Dorfen

Einmal im Jahr veranstaltet die Geschichtswerkstatt Dorfen einen großen lokalgeschichtlichen Abend zu einem bestimmten Thema im Kulturzentrum Jakobmayer. Es ging bei früheren Abenden unter anderem über die Revolutionsjahre 1918/19, das nationalsozialistische System der Zwangsarbeit und die NS-Krankenmorde. In diesem Jahr steht die große Veranstaltung am Donnerstag, 10. Oktober, unter dem Titel „Flucht und Vertreibung in den Nachkriegsjahren“.

Die Geschichtswerkstatt Dorfen ist 2023 auch deshalb mit einem Hauptpreis des Tassilo-Kulturpreises der Süddeutschen Zeitung ausgezeichnet worden, weil sie die Ergebnisse ihrer bemerkenswerten Recherchen auf besondere Art präsentiert. Bei den großen Live-Veranstaltungen stehen nicht nur Referentinnen vorn auf der Bühne am Rednerpult und klicken sich durch eine Powerpoint-Präsentation. „Im Mittelpunkt sollen nicht Vorträge stehen, sondern Gespräche mit Zeitzeugen“, sagt Schorsch Wiesmaier. Die persönlichen Erlebnisse und Erfahrungen von Menschen herauszuarbeiten sei für die Mitglieder der Geschichtswerkstatt „ein zentrales Motiv“ in der lokalen Forschung und geschichtlichen Vermittlung.

Das Thema Flucht und Vertreibung sei auch aus dem Grund ausgewählt worden, weil die Menschen, die aus erster Hand erzählen können, immer weniger werden. In der Abendveranstaltung im Jakobmayer werden Zeitzeuginnen zu Wort kommen sowie Kinder von Vertriebenen und Flüchtlingen, die in den Nachkriegsjahren in Dorfen zur Welt kamen. Außerdem werden Texte vorgetragen, die bereits verstorbene Geflüchtete oder Vertriebene verfasst und in denen diese ihre Lebenssituation konkret beschrieben haben. Außerdem werde man die Vertreibung im zeitgeschichtlichen Kontext als eine Folge des verbrecherischen deutschen Angriffskrieges einordnen.

Von den etwa zwölf bis 14 Millionen Deutschen, die nach dem Zweiten Weltkrieg aus den damals deutschen Ostgebieten flohen oder vertrieben wurden, kamen circa 1,9 Millionen nach Bayern. „Sie hatten oft eine schreckliche Flucht hinter sich und wurden nicht immer freundlich empfangen“, sagt Schorsch Wiesmaier. In Dorfen lebten 1948 etwa 700 Flüchtlinge und Vertriebene.

In einem weiteren Programmpunkt wird es darum gehen, dass Flucht und Vertreibung gewissermaßen seit Abrahams Zeit eine stets präsente Tatsache in der Welt sind. Und auch in Dorfen gab es nicht nur in den Nachkriegsjahren Flüchtlinge und Vertriebene. Die Kriege und Krisen unserer Zeit haben Flucht und Vertreibung zu einem sehr aktuellen Thema gemacht. Auch darüber soll bei dem Abend der Geschichtswerkstatt konkret gesprochen werden.

Flucht und Vertreibung, Donnerstag, 10. Oktober, 19.30 Uhr, Jakobmayer Dorfen, Eintritt frei.

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