„Wir können nicht sagen, es ist uns egal.“ Martin Späth, einer der Verfasser des Dorfener Denkmalkonzepts, brachte es auf den Punkt. Er meinte mit „wir“ zwar in erster Linie die professionellen Denkmalpfleger, die Archäologen und die Mitarbeiterinnen der Denkmalbehörden. Doch eigentlich waren auch der Stadtrat und die Stadtverwaltung, alle gesetzestreuen und verantwortungsvollen Bürgerinnen und Bürger der Stadt in seine Aussage eingeschlossen. Denn die Bewahrung des historischen Erbes ist ein Auftrag und eine Verpflichtung von Verfassungsrang. Das steht in der Bayerischen Verfassung sogar ganz weit vorn. Schon in Artikel 3 heißt es, der Staat schützt „die kulturelle Überlieferung“. Weiter hinten, in Artikel 141 werden dann Denkmalschutz und die Denkmalpflege noch einmal expliziter erwähnt.
Das in den vergangenen Monaten ausgearbeitete Kommunale Denkmalkonzept der Stadt Dorfen, dass der Stadtrat letztlich bei nur einer Gegenstimme annahm, unterstreicht diese Verpflichtung und Verantwortung. Mit dem Denkmalkonzept wurden alle Einzeldenkmäler, aber auch die bedeutsamen Ensembles der Stadt und die städtebaulich historischen Quartiere akribisch erfasst. Die Dorfener Altstadt ist zudem als ein einziges großes Bodendenkmal ausgewiesen, denn überall im Untergrund liegen spannende Dinge aus vergangenen Zeiten.
Das Denkmalkonzept macht deutlich, dass vor allem die Altstadt, die historisch gewachsenen Vorstädte nördlich und südlich davon sowie die Kirche oben auf dem Berg eine wichtige Rolle für die Identität des Ortes spielen. „Die natürlich gewachsenen Strukturen und vorhandenen historischen Elemente sind einzigartig und visuell wahrnehmbare Zeichen des Charakters einer Stadt“, heißt es in der Erklärung zum Denkmalkonzept. Späth verwies etwa darauf, dass die Silhouette der Pfarr- und Wallfahrtskirche Mariä Himmelfahrt für jeden, der sich von Westen mit der Eisenbahn nähert, absolut charakteristisch ist. Es sei deshalb „städtebaulich bedeutsam“, dass der Hang unterhalb der Kirche frei von Bebauung bleibe, weil ansonsten ein prägendes Stadtbild „nicht mehr zur Geltung kommen“ würde.
Manches ist unscheinbar und hat doch prägnante Wirkung aufs größere Ganze
Es gibt aber auch weniger leicht einsichtige Beispiele städtebaulich wichtiger Substanz. Am Unteren Markt 11 findet sich ein recht unscheinbares niedriges Haus, eine leer stehende Wirtschaft. Das Gebäude selbst ist kein Denkmal. Doch als Baukörper mit historischen Dimensionen hat es eine prägnante Wirkung, erklärte Späth. Das heiße nicht, dass man dort für immer nichts ändern dürfe. Nur sollte man sorgsam vorgehen und sich bewusst machen, dass etwa ein neues, viel größeres und höheres Gebäude an dieser Stelle auch ein zerstörerischer Eingriff sein könne.
Stadtrat Josef Wagenlechner (TEG) sprach indes aus, was den ein oder die anderen in der Stadt irritiert: „Wie müssen uns alle ständig ändern, aber auf der anderen Seite halten wir an alten Dingen fest.“ Was sei denn mit dem Fortschritt und der Notwendigkeit, eine Stadt weiterzuentwickeln? Insbesondere kritisierte er, dass bei Neubauvorhaben in der Altstadt dann „die lustige Truppe“ der Archäologen anrücke, „die den Keller mit Pinsel und Spatel aushebt“, was viel Geld und Zeit koste.
Bürgermeister Heinz Grundner erwiderte, dass die Beauftragung von Archäologen in solch einem Fall gesetzlich vorgeschrieben sei und nichts mit dem Denkmalkonzept zu tun habe. Der Archäologe Sikko Neupert sagte dazu, das Denkmalkonzept gebe mit seinen Hinweisen, wo archäologisch interessante Bereiche sind, eine hilfreiche „Vorwarnung“.