Europaweites Projekt„Unglaublich gute Empfehlungen“

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Präsentation städtebaulicher Bahnhofsentwicklung, erarbeitet von Studenten der TUM, unter der Leitung von (links) Stefanie Ruf und Spyros Koulouris.
Präsentation städtebaulicher Bahnhofsentwicklung, erarbeitet von Studenten der TUM, unter der Leitung von (links) Stefanie Ruf und Spyros Koulouris. (Foto: Renate Schmidt)

Studenten präsentieren ihre Ergebnisse zur städtebaulichen Entwicklung des Dorfener Bahnhofs. Eine Ausstellung dazu ist im Rathaus bis 8. Oktober zu sehen.

Von Thomas Daller, Dorfen

Zwei Wochen lang haben sich Studenten der TU München im Rahmen des europaweiten Projekts „Rail4Citis“ mit Dorfen und insbesondere dem geplanten neuen Bahnhof beschäftigt. Das von der EU geförderte Projekt will damit Perspektiven für die Bahnhöfe der Zukunft schaffen. Dorfen steht stellvertretend für die Kleinstadtbahnhöfe, Metropolen wie Toulouse oder Mailand werden ebenfalls städteplanerisch ins Visier genommen. Die Ergebnisse wurden am Freitag im Rathaus vorgestellt, eine Ausstellung dazu wird bis 8. Oktober im Rathausfoyer gezeigt.

Geleitet wurde das Dorfener Projekt von Spyros Koulouris und Stefanie Ruf, beide von der Professur für Urban Design, an der Präsentation nahmen neben dem Dorfener Bürgermeister Heinz Grundner und dem Immobilienunternehmer Robert Decker auch Vertreter der Bahn, des Staatsministeriums für Wohnen, Bau und Verkehr und der Metropolregion München teil.

Vorab prognostizierte eine Gruppe von Studenten der Stadt weiteres Wachstum. Dorfen bestünde zu mehr als 50 Prozent aus Einfamilienhäusern, die nur von einer oder von zwei Personen bewohnt werden. Hier sei eine Nachverdichtung besser als ein weiteres Wachstum in der Fläche.

Kritisiert wurde die schlechte Fuß- und Radwegeverbindung zwischen Innenstadt und Bahnhof: Sie sei schlecht ausgeschildert und schlecht beleuchtet. Da sei noch „Luft nach oben“. Außerdem sei Dorfen stark auf den Autoverkehr fixiert: Im Stadtgebiet gebe es 9500 Pkw-Stellplätze, aber lediglich 650 Fahrradstellplätze.

Um den Automobil-Verkehr zum neuen Bahnhof zu reduzieren, schlug ein Teil der Studenten ein begrüntes Parkhaus im westlichen Bereich der Bahnhofstraße vor, mit gewerblicher Nutzung im Erdgeschoss, E-Ladesäulen und einer Fahrradreparaturwerkstatt. Eine weitere Studentengruppe plädierte ebenfalls für ein Parkhaus, wobei sie eine Modulbauweise aus Holz vorschlug. Und die Begrünung sollte dazu dienen, dass Graffiti-Sprayer es nicht beschmieren.

Bessere Taktung beim Stadtbus und Tempo 30

Auf der unfallträchtigen B 15 und auf der Bahnhofstraße sollte Tempo 30 eingeführt werden. Ferner sollte der Stadtbus schneller getaktet werden, wenn er nur alle 30 Minuten fahre, sei das für Pendler nicht attraktiv genug, hieß es. Auch beim Vilstalradweg solle man umplanen, weil die Radfahrer an jeder Kreuzung dem Autoverkehr Vorrang geben müssten. Auf wichtigen Radwegeverbindungen sollten jedoch die Radfahrer Vorfahrt haben. Und ab dem Parkhaus sollten auf der Bahnhofstraße beidseitig Fahrradschutzstreifen zum neuen Bahnhof verlaufen. Man solle den neuen Bahnhof erreichen können, ohne auf das Auto angewiesen zu sein.

Bürgermeister Grundner entgegnete, diese Ideen würden sich mit dem decken, was im Stadtrat und in der Verwaltung diskutiert werde: Man müsse mehr Rad- und Fußverkehr generieren. Und bei Tempo 30 renne man bei ihm offene Türen ein: Tempo 30 habe man vor Jahren schon in der Bahnhofstraße eingeführt, „bis die Regierung von Oberbayern das wieder einkassiert hat“.

Entlang der Gleise bis zum neuen Bahnhof soll laut der Präsentation eine Grünachse angelegt werden, in der die Wegeführung verlaufen soll. Die dortigen Bäume sollten als sommerlicher Wärmeschutz dienen. Für die 500 Meter lange und fünf Meter hohe Lärmschutzwand gab es ebenfalls Vorschläge: Manche Abschnitte könnte man als Sportflächen nutzen, beispielsweise für Squash, bei dem man den Ball gegen eine Wand spiele. Ein anderer Vorschlag zielte darauf ab, einzelne Abschnitte der Lärmschutzwand transparent zu gestalten, damit die dahinter liegende Nutzung erkennbar bleibe. Damit werde für die Reisenden zumindest in Abschnitten Dorfen sichtbar.

Bahnhof mit WC, Kiosk und DB-Reisezentrum

Für den neuen Bahnhof gab es weitere Vorschläge, denn derzeit plant die Bahn eine sehr spartanische Lösung, die kein Bahnhofsgebäude, sondern lediglich überdachte Bahnsteige vorsieht. Ein WC, ein Kiosk und ein DB-Reisezentrum sollten schon vorhanden sein, monierten die Studenten. Und auf den überdachten Bahnsteigen sollten zumindest Solarpaneele auf dem Dach angebracht werden.

Ein weiterer Vorschlag für ein Bahnhofsgebäude bestand darin, die beiden alten Stellwerksgebäude umzusetzen und sie etwas versetzt nördlich des neuen Bahnsteigs aufzubauen. Dazwischen sollte man einen Mittelbau aus Holz errichten. Durch die Stellwerksgebäude erhoffe man sich einen gewissen Wiedererkennungseffekt. Der Vorschlag wurde vom Auditorium skeptisch gesehen. Die Stellwerksgebäude Ziegel für Ziegel abzureißen und an anderer Stelle wieder aufzubauen, sei sehr teuer und arbeitsaufwendig. Dafür werde man die Bahn nicht gewinnen können. Ein weiterer Entwurf, der ein hohes mehrstöckiges Gebäude vorsah, um die Sichtbarkeit des Bahnhofs von Weitem zu gewährleisten, wurde ebenfalls nicht weiter diskutiert.

Die letzte Gruppe hatte zum Thema Bürgerbeteiligung 39 Personen in Dorfen befragt. Sie kamen unter anderem zu dem Ergebnis, dass 48 Prozent der Befragten gar nicht wüssten, was mit dem Bahnhof in Dorfen passieren werde.

„Es geht nicht nur um den Bahnhof, sondern auch um Mobilität und Städtebau“, zog Projektleiter Spyros Koulouris Bilanz. Die Ergebnisse werden nun dokumentiert und den Beteiligten zur Verfügung gestellt. Bürgermeister Grundner sagte, es seien „unglaublich gute Empfehlungen mit dabei, die man schrittweise umsetzen kann“. Die besten werde man herausnehmen und realisieren.

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