Es gibt auf der Homepage des Bayerischen Staatsministeriums für Digitales eine interessante interaktive Karte. Sie zeigt an, wie viele Online-Verfahren bei Landratsämtern und Kommunen möglich sind. Die Große Kreisstadt Erding liegt (Stand Anfang März) mit 49 ganz gut im Rennen, das kleine Oberding (knapp 6000 Einwohner) mit 48 ebenso. Die Stadt Dorfen hat 35 Online-Möglichkeiten, Taufkirchen 54 und der Spitzenreiter, die 4000-Einwohner-Gemeinde Finsing, sogar 63. Der große Wumms ist das noch nicht.
In der Großen Kreisstadt Erding gibt es einen "Formularservice" auf der Homepage. Zahlreiche Anträge können zuhause herunterladen und ausgedruckt werden. Dann ist aber Schluss mit Online. "Ausgedruckt und ausgefüllt können die Formulare bereits in die Stadtverwaltung mitgebracht werden, um schnell die Anliegen zu klären", so beschreibt es die Stadt. Da könnte schon noch mehr gehen, hatte kürzlich im Erdinger Stadtrat Anne Connelly von der FDP gefordert.
Das altehrwürdige Rathaus mit grünen Fensterläden spiegelt sich im modernen Neubau.
(Foto: Renate Schmidt)Das Angebot soll in Erding erweitert werden, schreibt Pressesprecher Christian Wanninger. "Die Kollegen in der Bauverwaltung arbeiten gerade daran, dass Bauanträge samt allen Anlagen und Plänen digital eingereicht und bearbeitet werden können." Freilich: In vielen Fällen seien manuelle Unterschriften nach wie vor zwingend vorgeschrieben. "Da stößt die Digitalisierung schnell an ihre Grenzen."
Noch werde das Online-Angebot in Erding zögerlich angenommen, so Christian Wanninger. Viele der Angebote benötigte man nicht oft. "Viele Bürger ziehen es dann offensichtlich vor, doch schnell in die Rathäuser zu kommen anstelle das digitale Verfahren zu durchlaufen."
Finsings Bürgermeister Max Kressirer steht der Digitalisierung sehr aufgeschlossen gegenüber. Allerdings werden die Angebote bisher nur in sehr geringem Umfang, unter zehn Prozent aller Fälle, in Anspruch genommen. Einzige Ausnahme sei die Anmeldung von Hunden. Von den letzten sechs Anmeldungen wurden vier online durchgeführt. "Die geringe Inanspruchnahme ist für uns bedauerlich, da wir auch unsere Mitarbeiter auf entsprechende Schulungen schicken, die letzte war erst diese Woche Dienstag." Die Schulung habe gezeigt, dass der Durchschnittsbürger "eher ängstlich und vorsichtig an die Online-Angebote herangeht".
In nächster Zeit sei "noch viel Aufklärungsarbeit für diese Art der Kommunikation mit Behörden notwendig". Dabei sei insbesondere der Datenschutz für diese Anwendungen "sauber hinterlegt" und stelle keine besondere Herausforderung mehr dar, betont Kressirer.
Je mehr Angebote es gibt, desto höher werde die Nachfrage sein
Für eine Meldebescheinigung oder Briefwahl müssen auch in Dorfen Bürgerinnen und Bürger nicht mehr ins Rathaus kommen, diese können digital beantragt werden - und werden dann per Post zugestellt. Die Online-Angebote für "Meldebescheinigung", "Briefwahl", "Anmeldung für Kindertageseinrichtungen", "Anmeldung zu Aktion Ferienspaß", "Bewerberportal der Stadt" zum Beispiel werden laut Gersbach gerne und häufig angenommen.
Die Stadt gehe außerdem davon aus, "dass je mehr Angebote es digital gibt, desto höher auch die Nachfrage für die Digitalverfahren sein wird". Für dieses Jahr sei geplant, zum bestehenden Angebot circa 30 zusätzliche Web-Formulare/Online-Verfahren zur Verfügung zu stellen. "Wir werden das Angebot Stück für Stück weiter ausbauen."
Das Elster-System des Finanzamts wäre eine Option. Aber ob daraus was wird?
Ein Online-Angebot mache eigentlich nur Sinn bei einer "Zuende-Digitalisierung", sagt Georg Große Verspohl, Referent für Digitales beim Bayerischen Gemeindetag. Heißt: Auch das Verfahren im Rathaus muss digitalisiert sein. Wenn die Fachabteilung die online eingegangenen Anträge per PDF für die Bearbeitung ausdrucken muss, dann werde sich sicher nicht die erhoffte Effizienz einstellen.
Nun gibt es das Bundesgesetz, das Onlinezugangsgesetz (OZG), das ursprünglich besagte, dass bis Ende 2022 die Verwaltungsdienstleistungen im Netz nutzbar sein sollen, auf Bundes- und Landesebene. Sollte das auch für die Kommunen gelten? Darüber werde gestritten, so Große Verspohl. Im Gespräch ist derzeit, das sogenannte Elster-System des Finanzamts zu übernehmen. Aber ob das tatsächlich so komme, da herrsche im Moment Unsicherheit.
Bayern hat ein eigenes Digitalgesetz. Aber auch da bleiben Fragen offen
Seit Sommer 2022 hat Bayern ein eigenes, ein Bayerisches Digitalgesetz. Dieses verpflichtet die Behörden "geeignete Verwaltungsverfahren dem Bürger gegenüber anzubieten", allerdings nur soweit es "wirtschaftlich und zweckmäßig" ist. "Letztendlich bleibe die Entscheidung an den Stadträten und den Bürgermeistern hängen", so Große Verspohl. Von Seiten der Bayerischen Staatsregierung gebe es Packages, die seien sogar kostenfrei, aber nur bis 2023. "Und wie geht es dann weiter?", diese Frage stelle sich der Gemeindetag. Und das sei auch der Grund für die Zurückhaltung mancher Kommune, so Große Verspohl.
Ein weiterer Grund für eine gewisse Zurückhaltung ist - und das hat der Erdinger Oberbürgermeister Max Gotz schon des Öfteren in Sitzungen betont - der Datenschutz. Dieser dürfe nicht außer Acht gelassen werden. Gerade in Hinblick auf sensible Behördendaten sei "ein sorgfältiger und vertraulicher Umgang" erforderlich, schreibt die Stadt.
Im Augenblick gebe es "kein Richtig und kein Falsch"
Bürgermeister Max Kressirer vermutet, dass in Finsing die Zurückhaltung der Bürgerschaft wohl auch daran liegt, dass sie es von je her gewohnt sei, bei Anliegen in die Gemeindeverwaltung zu kommen. "Insbesondere bei uns als kleinere Gemeinde gibt es keine langen Wartezeiten und Termine müssen für allgemeine Angelegenheiten auch nicht vereinbart werden", so Max Kressirer. Nichts desto trotz: "Wir gehen mit dem Wandel der Zeit, bieten Online Verfahren an, die ausgereift sind und Sinn machen, überlassen es aber natürlich den Bürgern, welchen Weg sie wählen".
Die Digitalisierung der Kommunen ist eine durchaus komplexe Angelegenheit, sagt schließlich Große Verspohl. Unter den 2031 Mitgliedsgemeinden des Bayerischen Gemeindetags gebe es große Unterschiede. Manche wollen möglichst viel digital anbieten, andere seien da eher zurückhaltend. Vieles sei noch ungewiss, ungeklärt. Im Moment, so Große Verspohl, "gibt es kein Richtig oder Falsch".