Der Frost setzt vor allem der Technik zu:Eiszeit

Die Kälte kostet: Autobatterien geben ihren Geist auf, Busse und Wohnzimmer müssen besonders geheizt werden. Für die Natur sind die tiefen Temperaturen nicht gefährlich - auch nicht für den Menschen

Von Regina Bluhme

Ein Borkenkäfer müsste man jetzt sein. Dieser bildet bei längeren Kälteperioden eine eigene Art Frostschutzmittel im Körper. Der bitterkalte Januar bereitet den Erdingern mittlerweile einige Probleme: Viele kämpfen mit leeren Autobatterien, die Installateure haben alle Hände voll zu tun mit nicht funktionierenden Heizungen und in einigen Haushalten steht bereits der Öltank leer. Landwirte, Förster und Gärtner dagegen freuen sich, dass es nach relativ warmen Jahren endlich mal wieder einen "richtigen" Winter gibt.

"Die Heizungen fallen der Reihe nach aus. Unsere Monteure fahren nur noch Notdienst", ist bei der Erdinger Firma A. Bachmair zu erfahren. "Wir haben gewaltig viel zu tun", berichtet auch Stefan Kübelbeck von dem gleichnamigen Haustechnikbetrieb in Erding. Er habe die Erfahrung gemacht, dass vor allem moderne Wärmepumpen bei der Kälte den Geist aufgeben: Je mehr Technik, umso mehr könne kaputt gehen. Fragt man beim Heizölhandel Werner Huber in Lengdorf nach, ist zu erfahren, dass die ersten Kunden nachbestellten und es bereits einige Leerstände gebe. Der Preis für den Liter Heizöl beträgt nach Auskunft der Firma Werner aktuell 50 Cent. Er sei schon einmal höher gewesen, aber auch niedriger: Im vergangenen Jahr habe er um die Zeit bei 40 Cent gelegen.

Feld im Winter

Es hat seine ganz eigene Ästhetik, wenn der Frost über die Felder des Landkreises herfällt.

(Foto: Stephan Görlich)

Sehr gefragt sind auch die Werkstattmitarbeiter vom Erdinger Autohaus Hans Maier. "Wir müssen derzeit viel ausrücken, weil Autobatterien ihren Geist aufgeben", sagt Hermann Maurer, zuständig für den Teiledienst. Probleme mit Autobatterien hätten die Streifenwägen der Polizeiinspektion (PI) Erding nicht, wie Bodo Urban, der stellvertretende PI-Leiter, berichtet. "Bei uns klappt alles." Das liege auch daran, dass die Polizei Leasing-Wagen fahre und dabei immer die neuesten Modelle. Gerade im Winter sei bei nächtlichen Kontrollen der VW-Bus recht gefragt, denn der habe eine Standheizung.

"Dieser Winter ist schon außergewöhnlich und fordert uns in alle Richtungen", sagt Martin Scharf, Mitinhaber des gleichnamigen Busunternehmens mit Sitz in Tittenkofen. Zum einen "spielt uns die Fahrzeugtechnik immer wieder Streiche", denn diese sei im Laufe der Jahre "nicht gerade robuster geworden". So könne es eben passieren, dass ein Bus nicht pünktlich starten könne. Zum anderen kommen laut Scharf Mehrkosten auf das Unternehmen zu, weil auch wesentlich mehr geheizt werden müsse. Ein weiteres Problem sei, dass oft Schnee vom Gehsteig an die Haltestelle geschoben werde, so dass der Bus die Busbucht gar nicht anfahren und einen Wendehammer kaum passieren könne.

Schnuppertraining

Manch einer freut sich über die Chance zum Wintersport.

(Foto: Renate Schmidt)

Die Heizkosten sieht auch Andrea Hagl, Juniorchefin der gleichnamigen Erdinger Gärtnerei, als Problem. Die Gewächshäuser bräuchten jetzt einfach mehr Wärme. "Aber im Grunde tut dieser Winter der Natur gut", erklärt sie. "Endlich herrscht wieder einmal ein ,normaler' Winter, in dem alles durchfriert und die Frühlingsgewächse dann zur ,normalen' Jahreszeit austreiben." Die Kälte fürchtet Andrea Hagl nicht: Die Rosen seien gut abgedeckt, dafür gebe es Stroh, Tannenzweige oder ein Vlies, und auch die Stämmchen seien gut verpackt.

Der permanente Frost schade auch dem Ackerbau nicht, sagt Gerhard Stock, Geschäftsführer des Bayerischen Bauernverbands in Erding. Im Gegenteil: Die sogenannte Frostgare mache im Frühling den Boden locker. Für den Anbau von Zwischenfrüchten, wie zum Beispiel Ölrettich, sei ein Frost sogar von Vorteil. "Dadurch zerbröselt die Pflanze von selbst" und müsse nicht im Frühjahr mechanisch zerkleinert oder mit einem Mittel behandelt werden, sagt Stock. Einzig in der Tierzucht, zum Beispiel bei Ferkeln, müsse der Stall ein wenig stärker geheizt werden.

Auswirkungen der Kaelte

Zeit wird's: Martin Huber liefert in Hörlkofen bestelltes Heizöl aus.

(Foto: Stephan Görlich)

"Ich finde diesen Winter eigentlich sehr gut", sagt Susann Schröcker von der Waldbesitzervereinigung Erding. Jetzt sei eine gute Zeit für Waldarbeiten, denn auf dem gefrorenen Boden richteten die Maschinen weniger Schaden im Erdreich an. Zur Vorsicht sei bei Holzfällarbeiten geraten, fügt sie hinzu. Denn bei den Minustemperaturen reiße das Holz leichter und könne absplittern. Für einige Insekten und Schädlinge kommen die eisigen Temperaturen ungelegen. "Die Zecken zum Beispiel vertragen die Kälte weniger gut", sagt die Försterin. Der Borkenkäfer dagegen könne sehr gut überleben, weil er eben ein eigenes Frostschutzmittel bilde.

Und wie verträgt der Mensch die eisigen Temperaturen? Brigitte Fischer von der Caritas Erding sagt, dass sich bei ihr bislang kein Obdachloser gemeldet habe. Die städtischen Notunterkünfte seien alle sehr gut belegt, berichtet Christian Wanninger, Pressesprecher der Großen Kreisstadt.

Die klirrende Kälte hat bislang keine steigende Patientenzahl in die Erdinger Praxis von Franz Eisenried getrieben. "Ganz durchschnittlich und unkompliziert" laufe der Betrieb, berichtet der Arzt. Er könne im Übrigen die Aufregung um diesen Winter nicht verstehen. "Woanders herrschen minus 30 Grad und es liegt meterhoher Schnee, das nenne ich Winter." Sein Rat: Keine Scheu vor der Kälte haben und täglich eine halbe Stunde spazieren gehen. Auch Joggen sei bei den eisigen Temperaturen "für einen Normalgesunden vollkommen ungefährlich". Gefährlich für die Gesundheit sei es vielmehr, den ganzen Tag am Schreibtisch zu sitzen.

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