Dobrindt und Scheuer in der Kritik:"Blödsinnig"

Dobrindt und Scheuer in der Kritik: Wenn Dobrindt oder Scheuer in Berlin in eine Kamera sprechen, dann hat Josef Erhard Sorge, "was sie jetzt wieder sagen werden".

Wenn Dobrindt oder Scheuer in Berlin in eine Kamera sprechen, dann hat Josef Erhard Sorge, "was sie jetzt wieder sagen werden".

(Foto: Renate Schmidt)

Max Gotz und Josef Erhard kritisieren ihre Parteikollegen in Berlin und wollen weg von der Obergrenze-Debatte

Von Antonia Steiger, Erding

Ganz unauffällig hat die CSU den wichtigsten Punkt des Abends als Nachlese zur Bundestagswahl getarnt und ihn an das Ende der Tagesordnung gesetzt. Dann aber entlud sich ein mittleres Gewitter über den etwa sechzig Mitgliedern des Erdinger Ortsverbandes, die zuvor geduldig eine umfangreiche Leistungsbilanz angehört hatten, die den vortragenden Fraktionssprecher Jakob Mittermeier fast zum Schwärmen gebracht hatte. Erding gehe es blendend mit OB Max Gotz an der Spitze des Rathauses, darauf lief der Rechenschaftsbericht hinaus. Der CSU im Allgemeinen gehe es aber bei weitem nicht so gut, das formulierte Gotz später ganz unmissverständlich. Statt mit Inhalten beschäftige sie sich mit Personaldebatten. Sie arbeite sich am Thema Asyl ab und lasse sich auf die Obergrenze reduzieren. "Damit berauben wir uns selbst unserer inhaltlichen Stärke." Die CSU habe nicht ihre fähigsten Leute in Berlin, findet Gotz.

Scheuer habe kein Mandat, für die CSU zu sprechen

Die Namen Alexander Dobrindt und Andreas Scheuer, der eine CSU-Landesgruppenvorsitzender im Bundestag, der andere Generalsekretär, fielen nicht, aber es gab keinen Zweifel, wen Gotz meinte. Den einen gleich nach der Bundestagswahl ins Amt gehoben zu haben, sei völlig unnötig gewesen, fand Gotz. Und der andere habe überhaupt kein Mandat, für die CSU in jede Kamera sprechen zu dürfen - "noch dazu mit diesem Wahlergebnis", das in erster Linie ein Generalsekretär zu verantworten habe. Gotz missfiel auch, dass die CSU die Obergrenze für Flüchtlinge noch am Abend der Wahl zur Voraussetzung für eine Beteiligung an einer Bundesregierung gemacht habe. "Blödsinnig" sei das gewesen, stimmte Josef Erhard zu, ehemaliger Stadtrat und früherer Ministerialdirektor im bayerischen Kultusministerium.

Auch er fühlt sich abgestoßen von der Performance der CSU in Berlin. Er habe jedes Mal Angst, wenn er einen von den beiden - Dobrindt und Scheuer - im Fernsehen sehe, weil er sich frage, "was sie jetzt wieder sagen werden". Auch Erhard äußerte die Auffassung, dass das Thema Flüchtlinge "praktisch erledigt" gewesen sei. Mit der Fixierung auf die Obergrenze habe es die CSU geschafft, die AfD an den Tisch der Koalitionsverhandlungen zu setzen. Wenn die Obergrenze von 200 000 Flüchtlingen in diesem Jahr erreicht werden solle, " müssen wir schnell noch 50 000 oder 60 000 ins Land holen". Und auch Erhard findet, dass ein Generalsekretär schlechte Wahlergebnisse zu verantworten habe. "Dass er unser Lautsprecher in Berlin ist, kann nicht sein."

Andere bleiben bei der Forderung nach der Obergrenze.

Doch nicht alle stimmten Gotz und Erhard zu. So beklagte Stadtrat Burkhard Köppen, dass sich die CSU früh an Bundeskanzlerin Angela Merkel "rangewanzt" habe. Wenn die CSU nicht klar Position beziehe, mache sie AfD noch stärker. Vor allem dürfe die CSU in den Koalitionsverhandlungen den Wünschen der Grünen nach einem großzügig Familiennachzug nicht nachgeben. Ähnlich äußerte sich Peter Helmprecht: Wenn die CSU jetzt von ihrem Kurs bei der Obergrenze abweiche, stehe sie bei den Landtagswahlen im kommenden Jahr vor einer Zerreißprobe. "Dann werden wir mit 38 Prozent noch gut bedient sein."

Zwei Stunden lang hatten Gotz und Mittermeier zuvor die Erfolge der Erdinger CSU dargelegt: Schulsanierungen, der S-Bahn-Ringschluss mit tiefergelegten Gleisen am Übergang Haager Straße, Sanierungen am Kronthaler Weiher und im Stadtpark, Schulsozialarbeit und vieles mehr zählte Mittermeier auf. Er musste keine Überzeugungsarbeit leisten bei den CSU-Mitgliedern, dass die Amtsperiode von OB Max Gotz, der seit 2008 im Amt ist, eine erfolgreiche für Erding sei. Gotz hatte zu Anfang in seiner Begrüßung gesagt, die Erdinger CSU sei ein verlässlicher Partner der Bürger. Über die gesamte CSU äußerte er sich anders. Er vermisse Führungskraft auch in der oberbayerischen CSU und er schoss scharf gegen den Landesverband der Jungen Union, der entgegen eines Vorstandsbeschlusses eine Debatte um die Zukunft des Parteivorsitzenden, Ministerpräsident Horst Seehofer, losgetreten hatte. "Es gehört zur Verlässlichkeit der CSU, dass für alle gültig ist, was beschlossen wird." Man müsse das Vertrauen der Menschen zurückgewinnen, "dass es uns nicht um Posten geht, sondern um die Zukunft des Landes".

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: