CSU-EU-Politikerin:Unter Beobachtung

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Lobbycontrol wirft Niebler mangelnde Transparenz vor

Von Barbara Mooser, Ebersberg

Als Angelika Niebler im Sommer 2015 zur Kanzlei Gibson, Dunn & Crutcher wechselte, verkündete ihr neuer Arbeitgeber stolz, dass man nun ein Mitglied des Europäischen Parlaments in den Reihen habe. "Angelika hat einen profunden juristischen Hintergrund und Kenntnisse der europäischen Dimension von Fragen des geistigen Eigentums und des Datenschutzes, die für unsere Kunden wichtig sind", heißt es in der Pressemitteilung. Für die Organisation Lobbycontrol wirft die Tätigkeit der CSU-Politikerin allerdings Fragen auf. Denn die Kanzlei betreibe Lobbyarbeit, so Nina Katzemich vom Verein Lobbycontrol. Es sei unklar, inwieweit Nieblers Arbeit als Parlamentarierin dadurch Einfluss nehme. Niebler selbst betont, es gebe keine Interessenskonflikte.

Grundsätzlich ist es erlaubt und üblich, dass Brüsseler Abgeordnete Nebentätigkeiten ausüben, sofern sie diese offen legen. Dies hat Angelika Niebler stets getan, seit sie 1999 ins Europäische Parlament einzog. Eigenen Angaben zufolge geht sie mehrmals im Monat in ihrem Münchner Büro Anwaltstätigkeiten nach, mit ihrem Verdienst bei der Anwaltskanzlei fällt sie unter Einkommenskategorie 2, was zwischen 1001 und 5000 Euro monatlich zusätzlich bedeutet. An der Nebentätigkeit an sich üben Lobbycontrol sowie der Zusammenschluss von Umweltschutzorganisationen "Friends of the Earth" und die Anti-Lobbyismusorganisation "Corporate Europe Oberservatory" auch keine Kritik. Allerdings sehen sie sowohl den Arbeitgeber als auch die Art von Nieblers Tätigkeit für Gibson, Dunn & Crutcher kritisch. Die Kanzlei ist nicht ins EU-Transparenzregister eingetragen, das zum Ziel hat, die Beziehungen von Interessensvertretern zu den EU-Organen durchschaubarer zu machen, leistet aber laut der drei Organisationen dennoch Lobbyarbeit in Brüssel. Und Niebler selbst gilt als Expertin für die Bereiche Urheberrecht und Medien - sowohl als Anwältin als auch als Politikerin. Eines ist Nina Katzemich wichtig: "Wir können ihr nichts Falsches nachweisen. Wir wüssten halt nur gern, was dahinter steckt." Mehr Transparenz würde es bringen, wenn man wüsste, welche Kunden Niebler berät oder aus welchen Branchen diese stammten.

Auch an Martin Schulz, den damaligen Präsidenten des EU-Parlaments, haben sich die drei Organisationen gewandt mit der Bitte, mögliche Interessenskonflikte zu untersuchen. Die Antwort aus dem Büro des Präsidenten fällt knapp aus: Niebler habe ihre Nebentätigkeiten immer richtig angegeben, fehlerhafte oder missverständliche Informationen könne man nicht erkennen, es gebe keine Hinweise darauf, dass Niebler Regeln bezüglich möglicher Interessenskonflikte missachtet habe. Auch Niebler weist solche in einer Stellungnahme an die SZ nachdrücklich zurück. Ihre Tätigkeit als Anwältin habe sich auf Rechtsberatung beschränkt: "Ich habe immer größten Wert auf eine strenge Trennung gelegt, so dass kein Interessenkonflikt zwischen meinem Mandat im Europäischen Parlament und meiner Nebentätigkeit für das Münchner Büro der Anwaltskanzlei Gibson Dunn entstehen konnte und kann. Ein solcher wäre gegeben, wenn ich mich für einen Mandanten im parlamentarischen Verfahren, etwa bei Ausschussberatungen, verwenden würde. Dies hat es nie gegeben und wird es nie geben, darauf lege ich größten Wert." Dennoch will Lobbycontrol weiter ein Auge auf der Tätigkeit der Abgeordneten haben und sich generell für mehr Transparenz bei Nebentätigkeiten von EU-Abgeordneten einsetzen.

© SZ vom 25.01.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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