Corona in Erding:Impfquote noch zu niedrig

Um erwartete vierte Welle in voraussichtlich acht Wochen brechen zu können, braucht man mehr als 85 Prozent. Derzeit ist man bei 46 Prozent. Mediziner warnen vor schwereren Krankheitsverläufen der Delta-Variante von Covid-19. Inzidenzwert liegt bei 15,2

Von Philipp Schmitt, Erding

"Impfen, impfen, impfen - das wäre der beste Schutz vor der vierten Coronavirus-Welle im Landkreis. Sonst könnte in etwa acht Wochen eine weitere Infektionswelle auf uns zu rollen", sagte Freitag der ärztliche Direktor der Erdinger Klinik Lorenz Bott-Flügel beim Pressegespräch mit Landrat Martin Bayerstorfer und Vertretern des BRK-Impfzentrums und der Hausärzte. Sie appellierten an die Bürger, sich impfen zu lassen. Impfbereitschaft und -quote (derzeit 46 Prozent, Ziel ist über 85 Prozent) müssten deutlich erhöht werden, hieß es. Im Krankenhaus müssen zwar aktuell keine Covid-19-Patienten auf der Intensivstation behandelt werden - doch dies könnte sich bei zu geringer Impfquote im Herbst ändern, weil die aggressive und gefährlichere Delta-Mutante des Virus auch im Landkreis auf dem Vormarsch sei und in etwa acht Wochen eine vierte Welle drohen könnte. Nur wer bis dahin zwei Mal geimpft ist, sei gegen einen schweren Krankheitsverlauf gut geschützt: "Es spricht alles dafür, dass Geimpfte, die sich mit dem Virus infizieren, nur sehr selten so schwer erkranken, dass sie im Krankenhaus behandelt werden müssen. Aus meiner Sicht ist das ein klares Argument, sich impfen zu lassen", sagte Bott-Flügel.

Von den ersten beiden Wellen seien vor allem alte Personen erfasst worden, bei der dritten Welle gab es schwere und tödliche Verläufe bei 50- bis 65-jährigen Patienten. Auch jüngere Leute könnten schwer erkranken. Für alle Fälle wappne sich das Krankenhaus mit zehn Beatmungsgeräten im regulären Betrieb für eine erneute Welle im Herbst. Eine Impfquote von mehr als 85 Prozent könnte im Landkreis die erwartete Infektionswelle brechen, diese Quote werde angestrebt, sei aber nur schwer zu erreichen. Denkbar sei im Herbst zudem eine dritte Auffrischungsimpfung für bereits voll geimpfte Bürger. Der Direktor des Krankenhauses Dirk Last sprach von "großen Herausforderungen". Er appellierte wie Bayerstorfer und die Ärzte an die Bürger, Impfangebote anzunehmen, um in den nächsten Wochen wieder steigende Infektionszahlen zu vermeiden. Aufgrund der teilweise gravierenden Folgewirkungen einer Infektion sei es für Last "unverständlich, wenn sich Leute trotz Angeboten nicht impfen lassen".

Die Sieben-Tage-Inzidenz im Landkreis betrug am Freitag nach offiziellen Angaben des RKI 15,2.

Er sei froh, dass die Handlungsfähigkeit der Klinik relativ gut gesichert sei, weil mehr als 90 Prozent der Mitarbeiterinnen geimpft seien. Sorge bereite Last, dass in anderen Kliniken nach den Lockerungen die Zahlen der Intensivpatienten und Belastungen der Krankenhäuser bereits wieder deutlich steigen und sich bei der inzwischen auch in Erding vorherrschenden Delta-Variante des Coronavirus auch geimpfte Personen anstecken können, und "uns die vierte Welle trotz Impfungen treffen könnte".

Markus Marschall, der Vorsitzende des ärztlichen Kreisverbands, teilte mit, dass die Impfentscheidung eine "zutiefst persönliche" sei. Er rate dazu, sich "ergebnisoffen" damit zu beschäftigen und eine Impfung nicht kategorisch auszuschließen. Die zugelassenen Impfstoffe seien gut und böten auch vor der vorherrschenden Delta-Variante Schutz, fügte Hermann Schöberl an. Der ärztliche Leiter des Impfzentrums sagte, dass er eine Impfung dringend empfehle, weil die Schutzwirkung vor schweren Krankheitsverläufen das Risiko von nur sehr selten auftretenden Nebenwirkungen deutlich überwiege. Bei Kindern und Jugendlichen könne im Gespräch mit den Ärzten erörtert werden, ob die Vorteile die Impfrisiken überwiegen. Bott-Flügel wies darauf hin, dass vor allem Patienten mit Bluthochdruck, Diabetes, Übergewicht von einem schwereren Krankheitsverlauf betroffen sein können und sich impfen lassen sollten. Auch Long-Covid-Fälle gibt es im Landkreis. Bayerstorfer wies darauf hin, dass die Impfungen das wirksamste Mittel im Kampf gegen die Pandemie seien. Es wurden ehrgeizige Ziele gesteckt, im Juli konnte - früher als geplant - jedem Bürger ein Angebot gemacht werden. Es stehe inzwischen genügen Impfstoff zur Verfügung. Es gab bislang 135 799 Impfungen, darunter 71 499 im Impfzentrum. Wie es mit dem stationären Impfzentrum von Oktober an mit welchen Konzepten weitergehe müsse mit dem BRK besprochen und dann entschieden werden. Das Impfzentrum könnte in einem kleineren Rahmen fortgesetzt werden, endgültig entschieden sei das aber noch nicht. Es werde - wie von der Bezirksregierung angeregt - stärker auf mobile Impfteams gesetzt.

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