Süddeutsche Zeitung

Corona in Erding:Die Patienten sind wieder da

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Ärzte mussten sich lange auf telefonische Diagnosen beschränken, weil viele den Praxisbesuch scheuten. Jetzt ist das anders: Die Menschen vertrauen den Hygienemaßnahmen

Von Renan Marie Halaceli, Erding

Die Patienten trauen sich wieder in die Arztpraxen. Lange mussten sich die Ärzte auf telefonische Diagnosen beschränken, denn mit dem Ausbruch der Corona-Pandemie und den damit verbundenen Einschränkungen verzichteten viele Menschen auch auf den Arztbesuch. Jetzt ist die Präsenz in den Praxen wieder angestiegen, das Vertrauen in die Hygienemaßnahmen sei da. "Es wird ja auch die ganze Zeit nur in Schutzausrüstung gearbeitet", sagt Petra Grundner, medizinische Fachangestellte in der Hausarztpraxis von Ruth Legler und Michaela Brummer. Wie viele Kollegen bestellt der Arzt Julian Bloch Patienten mit Symptomen auch anderer Virusinfektionen wie Erbrechen und Durchfall erst am Ende seiner Sprechstunden ein, um die Gesundheit der anderen nicht zu gefährden. Bei Verdacht auf Corona trägt das Personal "stärkere Masken".

"Im zweiten Quartal sind fast keine Patienten mehr zu den Vorsorgeuntersuchungen gekommen, sondern nur noch bei sehr akuten Angelegenheiten", sagte Bloch. Die Menschen blieben zuhause, so wie es ihnen empfohlen worden war. Das führte dazu, dass auch Arzt-Patienten-Gespräche nur noch telefonisch vonstatten gingen. Seit einigen Wochen normalisiert sich das Patientenaufkommen langsam jedoch wieder. Patienten mit Symptomen wie Fieber, Grippe, Husten oder Halsschmerzen können weiterhin auch eine Telefonsprechstunde in Anspruch nehmen. Bei Verdacht auf eine Covid-19 Infektion wird dann ein Abstrich veranlasst. "Der Patient klopft ans Fenster, und dann wird alles übers Fenster geregelt", so Bloch. Anschließend müsse der Patient weiter zur Screeningstelle in Erding.

Neben vielen zögernden Patienten gab es auch diejenigen, die sich nicht so leicht abschrecken ließen und trotz der Aufforderung, vorher telefonisch einen Termin zu vereinbaren, in die Praxis kamen. "Sie haben dann einfach auf der Matte gestanden, bis wir uns gezwungen sahen, die Türe zu schließen und nur noch auf Klingeln reinzulassen", sagte Petra Grundner. Die Ärztinnen holten die Patienten dann mit Schutzausrüstung in die Praxis und ließen sie vorher sich die Hände desinfizieren. Mittlerweile würden die neuen Sicherheitsauflagen aber sehr gut akzeptiert und angenommen und auch die Terminvereinbarung klappe recht gut. Seit Ende Mai gibt es in dieser Praxis eine Corona-Sprech-stunde zwischen 11.30 und 12.30 Uhr für alle, die an sich grippeartigen Symptomen feststellen.

Markus Marschall, Vorsitzender der Kassenärztlichen Vereinigung (KVB) in Erding, hatte in seiner Praxisgemeinschaft für Pneumologie und Gastroenterologie, bis auf wenige Wochen ein unverändert hohes Patientenaufkommen und trotz allem eine hohe Nachfrage, wie er sagt. Er habe darauf geachtet, dass sich nicht zu viele Patienten gleichzeitig in den Räumen aufhielten und dass Abstandsregeln und Hygienebestimmungen eingehalten werden. Im Klinikum Erding seien anfangs der Pandemie weniger Herzpatienten behandelt worden, später wurden es wieder mehr.

Laut Aussage der Ärzte sind den Patienten, die eine Zeit lang auf einen Praxisbesuch verzichtet hatten, keine negativen Folgen entstanden. Die Phase der strikten Quarantänemaßnahmen sei trotz fehlender Präsenzbehandlung gut überbrückt werden, obwohl sich das Angebot einer Videosprechstunde bisher nicht durchgesetzt hat. Bei älteren Patienten gäbe es ohnehin keine Nachfrage, sagt Grundner. "Die meisten kommen damit nicht klar und wollen auch gar nicht. Bloch und Marschall bestätigen die geringe Nachfrage. Trotzdem sehe er die Videosprechstunde als ein "nützliches Tool" für die Behandlung von Corona oder während der Erkältungssaison, sagte Marschall. So könne man unnötige Praxisaufenthalte vermeiden oder die Menschen direkt an Screeningstellen verweisen zum besseren Schutz der anderen.

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Quelle:
SZ vom 10.08.2020
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