Update:Ausgereizt und beendet

Update: Unter den Menschen über 60 Jahre hat die Bereitschaft, sich impfen zu lassen, stark nachgelassen.

Unter den Menschen über 60 Jahre hat die Bereitschaft, sich impfen zu lassen, stark nachgelassen.

(Foto: Marco Einfeldt)

Keine einzige Ü60-Erstimpfung im April in Erding und Freising.

Von Florian Tempel, Freising/Erding

Das war es dann wohl. Nachdem eine Impfpflicht ab 60 Jahren im Bundestag gescheitert ist, ist zu erwarten, dass die Impfkampagne bald ganz zum Erliegen kommen wird. Erst recht, da eine Impflicht scheibchenweise zerlegt und reduziert wurde. Die allgemeine Impfpflicht für alle Erwachsenen war schon länger vom Tisch. Die alternativ überlegte Pflicht für alle über 50 Jahre, die noch in der vergangenen Woche als tragfähige Idee zirkulierte, wurde dann binnen weniger Tage zum angeblichen Ü60-Kompromiss zerrieben, der in Berlin auch keine Mehrheit mehr fand. Dass das riesige Impfzentrum in München-Riem nur einen Tag später geschlossen wurde, illustriert die aktuelle Entwicklung plakativ. Doch es ist überall dasselbe, im Großen und im Kleinen.

Laut den täglich aktualisierten Daten des Robert-Koch-Instituts (RKI), das die Coronaimpfungen für alle Landkreise und kreisfreien Städte in Deutschland nach Altersgruppen sowie für Erst-, Zweit- und Booster-Impfungen differenziert erfasst, haben sich im April im Landkreis Erding bislang nur 18 Erwachsene und fünf Jugendliche eine Erstimpfung geben lassen. Im Landkreis Freising waren es kaum mehr. Hier gingen 21 Erwachsene und sechs Jugendliche zur Erstimpfung, dazu kamen noch neun Kinder zwischen fünf und elf Jahren. In beiden Landkreisen gab es jedoch keinen Menschen über 60 Jahre, der sich erstmals eine Spritze gegen das Coronavirus geben ließ - nicht ein einziger.

Die bayerische Erstimpfung-Quote in der Ü60-Gruppe beträgt 86,7 Prozent

Männer und Frauen der Altersgruppe Ü60 sind natürlich zum größten Teil schon längst geimpft. Die RKI-Statistik weist für den Landkreis Erding eine Quote von 91,5 Prozent Erstgeimpfter in der Ü60-Gruppe aus. Im Landkreis Freising sind es laut den RKI-Daten nur 84,3 Prozent. Es ist jedoch schon lange bekannt, dass die Impfquoten für einzelne Landkreise nicht unbedingt zutreffend sind. Es gab offensichtliche Probleme bei der Datenerfassung in der Anfangszeit der Impfkampagne. Zudem hat sich manch einer außerhalb seines Wohnsitz-Landkreises impfen lassen und fällt somit aus der Landkreisstatistik raus. Das RKI veröffentlicht deshalb nur Impfquoten für ganze Bundesländer. Die bayerische Quote in der Ü60-Gruppe bei den Erstimpfungen beträgt laut dem aktuellsten RKI-Impfmonitoring 86,7 Prozent.

Anhand der genannten Werte, die von einander um einige Prozentpunkte divergieren, lässt sich zumindest die ungefähre Menge derer abschätzen, die bislang keinen Impfschutz haben - und das sind nicht ganz wenige. Für den Landkreis Erding mit seinen insgesamt 139000 Einwohnern kommt man bei den 33000 Über-60-Jährigen auf 2800 bis 4400 ohne Impfschutz. Im mit 180000 Einwohnern bevölkerungsreicheren Landkreis Freising dürften von gut 40000 Ü60-Menschen 3500 bis 6300 ohne Impfschutz sein. Da die Impfkampagne nun schon mehr als ein Jahr lang läuft und die Persönlichkeitsentwicklung bei Über-60-Jährigen weitgehend abgeschlossen ist, kann man getrost damit rechnen, dass sich die Impfquote in dieser Altersgruppe nicht mehr signifikant ändern wird. Die Impfkampagne hat mit den Ältesten begonnen. Dass nun in der Ü60-Altersgruppe alles ausgereizt ist, muss nicht wundern. Alles hat ein Ende. Das war's.

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