Corona im Landkreis Erding:Gerüstet für die dritte Welle

Corona im Landkreis Erding: Flächendeckende Impfungen sind der Weg aus der Pandemie, darin sind sich die Ärzte im Landkreis einig. Noch fehlt es an genügend Impfstoff, den hier die Fachschwester Monika Eschbaumer einer Patientin verabreicht.

Flächendeckende Impfungen sind der Weg aus der Pandemie, darin sind sich die Ärzte im Landkreis einig. Noch fehlt es an genügend Impfstoff, den hier die Fachschwester Monika Eschbaumer einer Patientin verabreicht.

(Foto: Stephan Görlich)

Der Landkreis blickt zurück auf ein Jahr Corona. Bislang sei man gut durch die Krise gekommen, sagen die Ärzte. Aber sie geben keine Entwarnung

Von Antonia Steiger, Erding

An allen Ecken und Enden wird geschraubt und gedreht, damit die Menschen im Landkreis Erding so wenig Schaden wie möglich durch das Coronavirus nehmen. Die Krankenhäuser vernetzen sich, die Pflegeheime testen, das Gesundheitsamt verfolgt Infektionsketten und das Bayerische Rote Kreuz impft so viel wie möglich. Begrenzender Faktor ist beim Impfen das Material, der Impfstoff. Bei einer Pressekonferenz blickte Landrat Martin Bayerstorfer (CSU) am Mittwoch nicht nur auf ein Jahr Corona im Landkreis zurück. Fachleute aus allen Bereichen stellten auch dar, wie sie kommenden Herausforderungen begegnen wollen. Denn eine dritte Welle sei im Anmarsch, fürchten einige. Wie schwer sie den Landkreis treffen wird, ist nicht vorhersehbar. Am Mittwoch lag die Sieben-Tage-Inzidenz im Landkreis bei 45,6.

Testen, impfen und die Kapazitäten der Krankenhäuser im Blick behalten, das ist nach Bayerstorfers Auffassung die beste Strategie. Wobei eine hohe Geschwindigkeit beim Impfen am wichtigsten ist, wie vor allem die Ärzte sagten. Sieben Prozent der Bevölkerung im Landkreis sei bereits mindestens ein Mal geimpft. Damit liege der Landkreis über dem bayerischen und dem deutschen Durchschnitt. Doch so lange die Impfstoffe zögerlich eintreffen, müssen andere Gegenmaßnahmen ergriffen werden, und das strapaziert alle. Rainald Kaube, der Ärztliche Leiter in der Führungsgruppe Katastrophenschutz, machte deutlich, dass das Personal in Kliniken und Heimen an seinen Grenzen angekommen sei. "Und jetzt müssen wir ihnen noch einmal sagen, dass sie jetzt ganz besonders aufpassen müssen, dass sie andere Masken tragen müssen und dass das Hygienekonzept vielleicht noch einmal angepasst werden muss." Das Personal sieht auch Gertrud Friess-Ott im Fokus, die frühere Pflegedirektorin am Klinikum Erding, die jetzt in der Führungsgruppe Katastrophenschutz für die Pflegeheime zuständig ist. Sie äußerte sich zufrieden - zumindest für den Moment. In den Heimen werde viel getestet, manche testen ihr zufolge täglich, alle jedoch mindestens zweimal in der Woche. Am Mittwoch sei bei einer Pflegekraft eine Covid-19-Infektion gefunden worden, ansonsten gebe es keine Infizierte. Doch in einigen Heimen hatte es im Laufe des vergangenen Jahres Ausbrüche gegeben, damals seien die Mitarbeiter noch nicht gut geschult gewesen, das Material habe gefehlt. Friess-Ott wies auf das Problem hin, dass gesetzlich nur eine Quote von 50 Prozent von Fachpersonal in der Pflege vorgeschrieben sei, der Rest sei nicht qualifiziert, manche hätten keine ausreichenden Deutschkenntnisse. "Wenn sich hier nicht grundlegend was ändert, bekommen wir Probleme", sagte Friess-Ott. Pflegemitarbeiterinnen und -mitarbeitern ohne ausreichende Sprachkenntnisse ließe sich nicht so leicht vermitteln, dass sie in solch einer Situation differenzierter vorzugehen hätten, sei es im Umgang mit den Bewohnern, sei es im Umgang mit Hygienevorschriften.

Am Klinikum Erding gibt es eine Hygieneabteilung, über deren Existenz sowohl der Ärztliche Direktor Lorenz Bott-Flügel als auch Krankenhausdirektor Dirk Last heilfroh sind, wie sie sagen. Im Klinikum lagen am Mittwoch zwölf Covid 19-Erkrankte, neun auf der Isolierstation und drei auf der Intensivstation, zwei wurden beatmet. Nach wie vor wird jeder Patient, der im Klinikum aufgenommen wird, als potenziell Corona-Erkrankter behandelt, bis das Gegenteil bewiesen ist. Das, so sagte Bott-Flügel, gehe mittlerweile sehr viel schneller als am Anfang. Manche müssten dennoch anfangs in einem Einzelzimmer liegen, wenn unklar sei, um welche Virusvariante es sich handelt. Bott-Flügel sagte, am Anfang hätten alle Angst davor gehabt, dass es in Deutschland auch so schreckliche Bilder wie in Bergamo geben werden. Mittlerweile sind aber alle am Klinikum geimpft, die Kontakt zu Patienten haben. "Deswegen ist es für uns jetzt etwas entspannter."

Vor Weihnachten sei die Intensivstation an ihre Kapazitätsgrenzen gekommen, derzeit sieht es besser aus. Das liegt auch an Kaubes koordinierender Arbeit; er vernetzt die Krankenhäuser im Bereich des Rettungszweckverbandes, dem die Landkreise Erding, Freising und Ebersberg angehören, und hat ein Auge darauf, dass überall Kapazitäten für Notfälle frei bleiben. Derzeit seien Verlegungen von Intensivpatienten nicht erforderlich. Es gebe im Moment 36 betreibbare Intensivbetten in den drei Kreiskliniken. Das könne sich aber schnell ändern, zum Beispiel wenn das Personal erkranke. Von diesen 36 Intensivbetten waren am Mittwoch sieben belegt, dazu kamen drei Intensivfälle mit Covid-Verdacht. Auf den Isolierstationen lagen am Mittwoch in den drei Kreiskliniken 28 Patienten, dazu kamen weitere elf Verdachtsfälle. Die Zusammenarbeit sei sehr gut, betonte Kaube, auch über die drei Landkreise hinaus. "Hilfe gibt es immer, auch wenn der Weg mal weiter ist." Den weitesten Weg musste ein Patient zurücklegen, der von Erding nach Bayreuth geflogen wurde.

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