Süddeutsche Zeitung

Clownpaar:"Jeder Mensch hat etwas Humorvolles in sich"

Lesezeit: 4 min

Erika Birner-Hintermaier und Nikolaus Hintermaier sind ein Paar im Leben und auf der Bühne. Als Clownine und Nikolosi treten die beiden unter anderem in Kindergärten und Kirchen auf. Das Clownpaar aus Bockhorn veranstaltet aber auch Workshops

Interview von Regina Bluhme

Es gibt Interviews, bei denen man den Gesprächspartnern jedes Wort aus der Nase ziehen muss. Und es gibt Interviews, da kommt man kaum mit einer Frage dazwischen. Wie bei Erika Birner-Hintermaier, 58, und Nikolaus Hintermaier, 55, aus Bockhorn. Knapp zwei Stunden erzählen die beiden - sie Lehrerin an der Berufsfachschule für Pflege in Erding, er Pastoralreferent der Erzdiözese München-Freising - begeistert von ihrem zweiten Standbein, zwischendrin wird viel gelacht: Sie sind "Clownine und Nikolosi - das bayerische Clownpaar". Das Ehepaar tritt in Kindergärten, Seniorenheimen und Kirchen auf und veranstaltet eigene Humorworkshops. Ein Gespräch über die Kraft des Lachens.

SZ: Frau Birner-Hintermaier, Herr Hintermaier, wie wird man ein Clown?

Nikolaus Hintermaier: Ich habe als Kind immer gern gelacht, auch laut gelacht. Dann hab ich gemerkt: Als Erwachsener lacht man nur wenig.

Vor allem nicht laut.

Erika Birner-Hintermaier: Manche schämen sich ja fast davor, mal so richtig laut rauszulachen. Als Clown muss man sich nicht schämen. Wenn ich die rote Nase aufhabe, dann bin ich Clownine und die darf jederzeit lachen.

Nikolaus Hintermaier: Ich habe erst wieder bemerkt, wie viel einem ein Lachen geben kann, als ich vor Jahren einen Workshop zum Thema "Kraft des Lachens" besucht habe. Im Anschluss habe ich eine Ausbildung zum Clown gemacht. Ich wollte zunächst gar nicht auf die Bühne. Ich hatte einfach mehr Spaß am Lachen, mehr Spaß am Leben. Dann hab ich mich als Clown auf Kindergeburtstagen und privaten Feiern ausprobiert. Das fand ich toll und ich bin gut angekommen.

Und dann hat es Sie auch gepackt?

Erika Birner-Hintermaier: Bei mir war es schon immer so, dass ich mich als Kind gerne verkleidet habe und in andere Rollen geschlüpft bin. Mittlerweile habe ich eine Ausbildung als zertifizierter "Gesundheitsclown" und als Humorberaterin.

Kann man Clown lernen?

Nikolaus Hintermaier: Man kann ganz viel lernen über Bewegung, Mimik und Gestik und verschiedene Techniken. Es gibt ja auch ganz unterschiedliche Clowns. Zum Beispiel die Zirkusclowns, die viel Akrobatik zeigen.

Erika Birner-Hintermaier: Das sind wir nicht!

Nikolaus Hintermaier: Immerhin kann ich Akkordeon spielen und ein bisschen zaubern.

Erika Birner-Hintermaier: Und ich kann mit Tüchern und Tellern jonglieren.

Nikolaus Hintermaier: Grundsätzlich geht es bei der Ausbildung darum, zunächst einmal den Clown in mir selbst zu entdecken, jeder Mensch hat etwas Humorvolles in sich, das kann hervorgeholt werden. Und aus dem entwickelt sich der eigene Clown. Ich bin der Nikolosi.

Wie ist der so?

Nikolaus Hintermaier: Ich bin ein bayerischer Clown. Ein wenig urig, manchmal auch schüchtern, ein wenig tollpatschig, jemand, der schnell mal hinfällt, dem nichts so recht gelingt.

Erika Birner-Hintermaier: Kinder lieben das: endlich ein Erwachsener, der scheitert! Der keine Schuhbänder binden kann, keinen Luftballon auflasen und nicht einmal die Jacke richtig anziehen kann.

Nikolaus Hintermaier: Auch Erwachsene können über das Scheitern lachen, weil sie es auch ihrem Alltag kennen und gleichzeitig haben sie als Zuschauer genügend Distanz dazu.

Und wie ist Clownine?

Erika Birner-Hintermaier: Ich bin die Kluge, die aber am Ende ebenfalls scheitert und dann auf den Nikolosi angewiesen ist. Na ja, manchmal trickse ich ihn auch aus. Aber egal, was ich anstelle: der Nikolosi hält zu mir.

Nikolaus Hintermaier: Wir schreiben unsere Stücke alle selbst, dabei haben wir Szenen aus dem Alltag vor Augen, aber auch unsere jeweilige Zielgruppe, ob es Kindergartenkinder sind, Senioren, eine Frauengruppe.

Erika Birner-Hintermaier: Unser Stärke ist, Kontakt herzustellen, Emotionen zu erzeugen. Das Schönste am Clownspiel ist, wenn ich merke, dass ich die Leute erreiche.

Nikolaus Hintermaier: Grundvoraussetzung ist immer die Wertschätzung des Publikums.

Erika Birner-Hintermaier: Ich finde es außerdem schön, dass man als Clown verrückte Sachen machen darf.

Nikolaus Hintermaier: Natürlich innerhalb klarer Grenzen, wir wollen niemanden verletzen.

Erika Birner-Hintermaier: Und nehmen Rücksicht. In der Kita ist unser Clownspiel ruhiger, wir sind nicht so laut und setzen uns zu den Kindern auf den Boden, begegnen ihnen auf Augenhöhe.

Nikolaus Hintermaier: Bei den Größeren im Kindergarten darf es dann schon mal scheppern.

Aber die rote Nase ist immer dabei.

Erika Birner-Hintermaier: Ja, immer. Auch im Gottesdienst. Das hat zum Beispiel in Gottesdiensten den Vorteil, dass wir sofort als Clowns wahrgenommen werden und die Leute wissen: Die zwei da vorne entsprechen nicht der Norm .

Was machen Clowns denn in Gottesdiensten?

Erika Birner-Hintermaier: Wir erklären auf einfache und witzige Art die Liturgie.

Nikolaus Hintermaier: Wir hangeln uns meist an den Liedern entlang. Zum Beispiel beim Gloria. Das singt der Nikolosi einmal ganz laut und tief und falsch und Clownine sagt, er soll bitte höher singen. Da holt er sich einen Stuhl zum Draufstellen, wieder falsch!

Erika Birner-Hintermaier: So geht das hin und her und zum Schluss erkläre ich dann, dass das Gloria ein Lobgesang für Gott ist, dafür, dass er uns Jesus geschickt hat. Das Gloria haben die Engel bei der Geburt von Jesus gesungen.

Mit "Szenen einer Ehe" treten Sie auch als langjähriges Ehepaar auf.

Nikolaus Hintermaier: Hier zeigen wir, dass Clowns nicht immer laut sein müssen, sondern mit leisem, feinem Humor durchaus berühren können. Im Übrigen sind wir wohl das einzige Ehepaar weit und breit, das auch als Clownpaar auf der Bühne steht.

Erika Birner-Hintermaier: Und das schon 23 Jahre verheiratet ist!

Über was können Sie lachen?

Nikolaus Hintermaier: Wir mögen beide Slapstick, Charlie Chaplin zum Beispiel. Natürlich auch Karl Valentin. Und über uns zwei kann ich auch lachen, immer wieder!

Erika Birner-Hintermaier: Ich hab festgestellt, das ich mittlerweile ganz gut über mich selber lachen kann, wenn mir ein Missgeschick passiert. Das möchte ich noch öfter können.

Weitere Informationen und Kontakt gibt es unter www.clownineundnikolosi.de

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Quelle:
SZ vom 12.10.2019
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