Süddeutsche Zeitung

Busfahrer des Jahres:Ein anspruchsvoller Beruf mit Zukunft

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Uwe Wiesner aus Wartenberg ist Busfahrer des Jahres 2014 im Landkreis Erding

Von Christian Krügel und Alexandra Maier, Erding/München

- Die Fahrgäste im Landkreis Erding haben ihren Busfahrer des Jahres gewählt: Uwe Wiesner aus Wartenberg, der für das Verkehrsunternehmen Scharf fährt. Der Münchner Verkehrsverbund (MVV) und die Süddeutsche Zeitung hatten zum ersten Mal dazu aufgerufen, die besten Busfahrer der Region zu küren. MVV-Geschäftsführer Alexander Freitag nennt die Aktion einen "vollen Erfolg": Endlich sei der schwierige Beruf des Busfahrers "in den Mittelpunkt gerückt" worden, was auch der steigenden Bedeutung des Busverkehrs in der Region gerecht werde - mit dem der MVV in den nächsten Jahren große Pläne habe.

Rund 700 Fahrgäste haben sich an der Wahl zum Busfahrer des Jahres beteiligt: Sie konnten besonders rücksichtsvolle und kundenfreundliche Fahrer auf allen Linien außerhalb der Stadt München vorschlagen. Eine Jury aus Vertretern von MVV und SZ sowie Stefan Hofmeir, Vorsitzender des Fahrgastbeirates im MVV, kürten daraus die Landkreissieger. Dabei spielte nicht nur die Zahl der Einsendungen eine Rolle, sondern auch die Begründungen. Besonders die Freundlichkeit gegenüber Kindern, Senioren und Ortsunkundigen zählte, aber auch Fahrstil und Pünktlichkeit. "Die meisten unterschätzen, wie anspruchsvoll der Beruf des Busfahrers ist", sagt MVV-Chef Freitag. Sie müssten nicht nur sicher und pünktlich fahren, sondern seien auch Ansprechpartner für die Kunden in allen Situationen - von der Fahrplan- bis zur Tarifauskunft. "Die allermeisten bringen jeden Tag eine tolle Leistung", sagt Freitag.

Nach Überzeugung von Fahrgästen und Jury bringt im Landkreis Erding Uwe Wiesner eine besonders tolle Leistung. Er ist bei jüngeren und älteren Fahrgästen gleichermaßen beliebt, vor allem aber bei Müttern mit Kindern. "Bei einem Kindergeburtstagsausflug wurde einem Kind schlecht, Herr Wiesner blieb trotzdem ruhig und half ganz toll", so die Zuschrift einer Mutter. Seit etwas mehr als fünf Jahren ist Wiesner Busfahrer. Sein Traumberuf von Kindesbeinen an war es nicht, gibt er zu. Und doch waren Busfahrer in seinem Leben immer präsent und das nicht nur als diejenigen, die ihn sicher zur Schule und wieder nach Hause gebracht haben: "Mein Großvater war Busfahrer, mein Schwiegervater ist auch einer. Eigentlich schon irgendwie lustig, dass ich in ihre Fußstapfen trete", sagt Wiesner. Zum Busfahren gebracht habe ihn schlussendlich die Freude am Umgang mit Menschen und die Faszination für große Fahrzeuge: "Es macht mir einfach Spaß, alles zu fahren, was groß und schwer ist."

Vom Wettbewerb um den "Busfahrer des Jahres" hatte Wiesner zwar gehört, Chancen habe er sich aber keine ausgerechnet. Die Auszeichnung kurz vor Weihnachten kam für den 31-Jährigen richtig überraschend: "Ich hätte da im Leben nicht damit gerechnet, dass die Wahl am Ende auf mich fällt. Es gibt hier viele gute und nette Kollegen, die sich auch hervorragend um die Leute kümmern." Wiesner arbeitet gern mit Menschen. Manchmal ist gerade das nicht so einfach: "Du musst dich jeden Tag neu auf die Leute einstellen, auch wenn du mal einen schlechten Tag hast oder einer deiner Fahrgäste." Uwe Wiesner fährt sowohl Linienstrecken als auch Schulbus. Jeden Tag freut er sich, wenn bekannte Gesichter einsteigen. Für ihn ist das auch eine Möglichkeit, den Kontakt zu den Menschen zu halten. Nicht immer klappt es bei den eng getakteten Zeitplänen mit einem kleinen Ratsch. Wenn doch, dann freut sich Uwe Wiesner umso mehr: "So erfährt man, wohin es Bekannte verschlägt und man bleibt wenigstens ein bisschen in Kontakt."

Kompetente Busfahrer wie Wiesner werden die Busunternehmen in Zukunft viele brauchen. Denn der MVV möchte gerne das Angebot an Buslinien deutlich ausbauen. "Der Busverkehr hat eine wichtige Zubringerfunktion zur S-Bahn. Aber darüber hinaus wird es immer mehr eigenständige Busstrecken und Tangentiallinien geben müssen, wenn wir den öffentlichen Nahverkehr in der Region attraktiv halten wollen", sagt Freitag. Seit der Neuordnung des MVV im Jahr 1996 sei die Zahl der gefahrenen Kilometer bereits von 17 auf mehr als 30 Millionen gestiegen. Allein im Landkreis München habe es im abgelaufenen Jahr 26 Prozent mehr Leistungen im Busverkehr gegeben.

Diesen Trend möchte Freitag gerne fortsetzen. Er setzt damit auf mehr Tangentialverbindungen in der Region, also Strecken, die nicht parallel zu Schienentrassen laufen, sondern nur Verknüpfungen schaffen, etwa zwischen zwei Kreisstädten, zu U-Bahnhöfen in der Münchner Peripherie oder zwischen zwei S-Bahnästen. Dafür gibt es inzwischen sogar einen Arbeitskreis im MVV, und Freitag kann sich vorstellen, in diesem Bereich auch mehr nach dem Versuch- und Irrtums-Prinzip zu arbeiten. "Bei Buslinien haben wir keine ellenlange Vorlaufzeiten wie beim Schienenverkehr. Im Grunde können wir zu jedem Fahrplanwechsel neue Linien ins Programm nehmen und sie auch wieder kurzfristig stilllegen, wenn sie sich doch nicht rentieren", sagt Freitag.

Sein Ziel sei es, zwei bis drei zusätzliche Tangentiallinien pro Fahrplanwechsel einzuführen. Zudem arbeiten MVV und Landkreise in einem eigenen Arbeitskreis an der Weiterentwicklung des Busverkehrs. So soll definiert werden, was etwa Schnellbusse leisten können müssen, wie viele Haltestellen wirklich nötig sind, mit welchen Antrieben und Fahrzeugen künftig gefahren werden soll und welche neue Chancen etwa der Einsatz von Elektromotoren dabei bietet. "Wir haben Potenziale an zusätzlichen Fahrgästen, die wir mit attraktivem Busverkehr schneller und günstiger heben können als mit jedem anderen Verkehrsmittel", sagt Freitag. Vorausgesetzt, es gibt genügend qualifizierte Busfahrer.

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SZ vom 02.01.2015
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