Bundesweite Studie:In vielen Kategorien spitze

Eine Studie der Friedrich-Ebert-Stiftung untersucht, wie ungleich die Menschen in Deutschland leben. Das Fazit: Im Landkreis lebt es sich gut, aber nicht alle profitieren vom Wachstum in der Region

Von Gerhard Wilhelm, Erding

Eine Studie der SPD-nahen Friedrich-Ebert-Stiftung hat untersucht, wie ungleich die Lebensverhältnisse in den 402 Landkreisen und kreisfreien Städten Deutschlands sind. Dabei beschränkten sich die Verfasser der Studie nicht wie sonst üblich auf ein einziges Kriterium wie das Einkommen oder die Altersstruktur. Stattdessen untersuchten sie eine ganze Bandbreite an Kriterien. Kaum verwunderlich: Der Landkreis Erding ist zwar in vielen Kategorien spitze. Doch wo Licht ist, ist auch Schatten, denn immer mehr Menschen wollen in den sogenannten Münchner Speckgürtel. Die Folgen: steigende Mieten und Immobilienpreise.

"Mehr in Ordnung als in diesen Gegenden kann die Welt kaum sein: die höchsten Gehälter (mittleres Bruttogehalt 3534 Euro), niedrige Alters- und Kinderarmut (1,9 und 6,2 Prozent), Spitze bei Lebenserwartung (82,0 Jahre) und Wahlbeteiligung (80,2 Prozent) - und das alles ohne den Lärm und Schmutz der Großstadt, dazu noch in schöner Landschaft (Alpenvorland)." So heißt es zusammenfassend in der Studie über den Großraum München. Bei manchen untersuchten Kriterien ist der Landkreis Erding sogar absolute Spitze. Zum Beispiel bei der Beschäftigungsquote. Die liegt in Erding bei 65,2 Prozent. Selbst die Landeshauptstadt München kommt nur auf 64,7 Prozent. Untersucht wurde der Anteil der 15- bis 65-Jährigen mit einem sozialversicherungspflichtigem Arbeitsplatz an der Gesamtbevölkerung im Jahr 2017.

Doch die gute Situation bei der Beschäftigung spiegelt sich im Gehalt nicht wieder. Da kommt Erding nur auf ein Bruttoinlandsprodukt von 62 280 Euro pro erwerbstätiger Person im Jahr 2016. Zum Vergleich: In Freising sind es 75 028 Euro, in Ebersberg 74 632 Euro und in München sogar 100 776 Euro. Warum dies so sein könnte, zeigt der Anteil der Arbeitnehmer mit Hochschulabschluss an allen sozialversicherungspflichtig Beschäftigten im Jahr 2018 im Landkreis: 13,44 Prozent sind es in Erding, in Freising 18,81 und in Ebersberg 22,07 Prozent. In München haben fast vier von zehn Beschäftigten einen Hochschulabschluss. Das mittlere Bruttogehalt liegt nach der Studie in Erding bei 3481 Euro, in Freising bei 3459 Euro und in Ebersberg bei 3750 Euro.

Doch dies sagt wenig über die tatsächlichen Lebensbedingungen aus. Der Anteil der Kinder unter 15 Jahren, die in Hartz IV-Familien leben, beträgt in Erding nur 3,6 Prozent, in München jedoch 11,1 Prozent. In Ebersberg sind es 2,9 Prozent, in Freising 2,2 Prozent. Auch der Anteil der Menschen ab 65 Jahren, die Grundsicherung im Alter beziehen, liegt in Erding mit zwei Prozent deutlich unter den 5,8 Prozent in München. Allerdings ist der Anteil in Ebersberg (1,5 Prozent) und Freising (1,4 Prozent) noch niedriger. Zudem hat sich die Situation in Erding im untersuchten Zeitraum von 2011 bis 2016 stark verschlechtert. Der Anteil stieg um 25 Prozent an. Die geringste Steigerung in der Region hat Freising mit 7,7 Prozent, die höchste der Landkreis München mit 29,4 Prozent. Im Mittelfeld in der Region liegt Erding beim Anteil der Schulabgänger ohne Abschluss: vier Prozent waren es 2016. In Freising 4,7, in Ebersberg 3,7 und in München 5,4 Prozent.

In einem ist sich die Studie einig: In der Region haben die Menschen eine höhere Lebenserwartung als im Rest Deutschlands. Nur in der Region um Stuttgart ist sie ähnlich hoch. Die Auswertung ergab, dass die durchschnittliche Lebenserwartung in Erding bei 82,1 Jahren liegt, in Freising bei 82 und in Ebersberg bei 82,7 Jahren. Am ältesten könnte man im Landkreis Starnberg werden: 83,4 Jahre.

Erding ist nach der Studie ein Landkreis mit starkem Bevölkerungszuzug. Auf 100 000 Menschen umgerechnet hatte der Landkreis Erding demnach in den Jahren von 2013 bis 2015 unterm Strich ein jährliches Plus von 364,4 Personen zu verzeichnen. Das Zuzugssaldo nach Ebersberg lag bei sogar 506,3, während München pro 100 000 Einwohner und Jahr 365,6 Personen verlor. Noch klarer wird die Sache, wenn bestimmte Altersgruppen betrachtet werden. In den Gruppen bis 18 Jahren und von 30 bis 49 Jahren lag der jährliche Zuzugssaldo bei 664,8 Menschen pro 100 000 Einwohner. Noch stärker war diese Familienwanderung im Landkreis Ebersberg (1229). In München betrug das Familienwanderungssaldo minus 1657,6 pro 100 000 Einwohner und Jahr.

Die Begründung liefert die Studie: Die Infrastruktur sei zwar nicht ganz so exzellent wie in den Metropolen, aber für ländliche Gebiete immer noch gut. Jedes Jahr ziehen rund 200 Menschen pro 100 000 Einwohnern mehr ins starke Umland als von dort weg. Allerdings bedeute die hohe Lebensqualität für viele weite Wege zum Arbeitsplatz in der Stadt - was auch Straßen und Schienen bereits jetzt vielerorts an die Kapazitätsgrenzen bringe.

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