Bundestagswahl 2025:Freie Wähler nominieren einen Importkandidaten

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FW-Direktkandidat Anton Steinbacher (Mitte) freut sich, Birgit Obermaier, Ursula Angenend und Stephan Weindler klatschen Beifall. (Foto: Renate Schmidt)

Der 59-jährige Zahnarzt Anton Steinbacher aus Unterwössen im Landkreis Traunstein tritt als FW-Bewerber im Wahlkreis Erding-Ebersberg an. Der Direktkandidat ist hier praktisch unbekannt, möchte aber das letzte Wahlergebnis möglichst verdoppeln.

Von Florian Tempel, Dorfen

Die Freien Wähler im Wahlkreis Erding-Ebersberg gehen mit Anton Steinbacher als Direktkandidat in die Bundestagswahl. Mit Anton wem? Der 59-Jährige ist in den beiden Landkreisen nahezu unbekannt. Was nicht wundert, denn Steinbacher lebt in Unterwössen im Landkreis Traunstein und hat weder dort noch sonst wo ein politisches Mandat. Aber er ist bereit und hat richtig Lust auf die Kandidatur. In seinem eigenen Wahlkreis Traunstein-Berchtesgadener Land wollte man ihn nicht aufstellen. Bei der Nominierungsversammlung am Sonntag in Dorfen wurde er dagegen einstimmig mit zwölf von zwölf Stimmen gekürt.

So richtig groß war die „Bundeswahlkreismitgliederversammlung“ also nicht. Dem Ruf, um 9 Uhr in den „Wirt z’Eibach“ zu kommen, waren nur neun FW-Mitglieder aus dem Landkreis Erding und drei aus dem Landkreis Ebersberg gefolgt. Das Nebenzimmer mit seinen vier orange eingedeckten Tischen war für das unverzagte Dutzend geräumig genug.

Die Versammelten zogen die Kandidatennominierung ohne Hast, aber mit konsequentem Zeitmanagement durch. Es war nicht störend, sondern passte sehr gut, dass die geschäftsmäßige Arbeitsatmosphäre von nebenan mit ausdauerndem Schnitzelklopfen begleitet wurde. In der Küche herrschte Hochbetrieb. „Altes Bier“ hieß das Ereignis des Tages in Eibach, ein Traditionsevent, bei dem das Dorf seinen Wirt feiert. Für das Mittagessen lagen 180 Reservierungen vor und manche kommen ja auch, ohne sich vorher anzukündigen.

FW-Kandidat Anton Steinbacher hat sich ein ambitioniertes Ziel gesetzt. Er möchte dazu beitragen, das Ergebnis von vor vier Jahren möglichst „zu verdoppeln“, wobei nicht klar wurde, auf welche Ebene er sich bezog. Im Wahlkreis Erding-Ebersberg holten die Freien Wähler bei der letzten Bundestagswahl 8,3 Prozent der Zweitstimmen.

Steinbachers Beziehungen in die beiden Landkreise sind überschaubar. Er hat vor vielen Jahren als Stabszahnarzt am Fliegerhorst Erding gearbeitet und sein Schwiegervater lebt in der Nähe von Vaterstetten. Nach seiner Zeit bei der Bundeswehr hatte Steinbacher eine eigene Zahnarztpraxis in Übersee am Chiemsee. Vor zehn Jahren musste er seinen Beruf wegen eines Tremors, eines Zitterns in den Händen, aufgeben, wie er offen sagte. Er sei jedoch „finanziell unabhängig“ und habe seitdem umso mehr Muße, sich der Politik zu widmen. Zuletzt war er als Kandidat auf Platz sieben der FW-Liste für die Europawahl dabei.

„Vielen Dank lieber Toni, wir unterstützen dich natürlich, das haben wir dir zugesagt.“

Sein zentrales Thema ist die Gesundheitspolitik. In seiner Vorstellungsrede rügte er die Klinikreform und prophezeite ein rasantes Kliniksterben – „das geht nun exponentiell nach oben“. Er kritisierte auch die Einführung der elektronischen Patientenakte, die ältere Mediziner vergraule. Viele würden deshalb vorzeitig in den Ruhestand gehen, das sei „ein Riesenproblem“. 2000 Euro steuerfreier Zuverdienst in der Rente, so wie es Hubert Aiwanger vorgeschlagen habe, sei deshalb eine gute Idee: „Der ein oder andere Arzt könnte es sich überlegen, noch mal in einer Praxis mitzuarbeiten.“ Worauf ein anwesender Arzt jedoch sogleich abwinkte, diese Summe sei gewiss nicht verlockend.

Ansonsten griff Kandidat Steinbacher zu bekannten Phrasen. Er sagte, „wir wollen keine Einbürgerung ohne Integration“, es brauche einen „Politikwechsel in der Wirtschaftspolitik“ und einen „Stimmungswandel“ in der Gesellschaft, „auch bei der Jugend, die sollen sich wieder Wohneigentum anschaffen können“.

Nach gut einer Stunde war die Versammlung schon wieder zu Ende und Sven Krage, der Vorsitzende der Erdinger FW-Kreisvereinigung, sprach das Schlusswort: „Vielen Dank, lieber Toni, wir unterstützen dich natürlich, das haben wir dir zugesagt.“ Im Gespräch mit der SZ sagte Krage noch, dass man schon gerne jemanden aus den eigenen Reihen aufgestellt hätte. Man habe eine Erdinger Kandidatin im Augen gehabt, diese habe jedoch aus ungenannten Gründen abgewunken. Auch aus Ebersberg wollte niemand.

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