Bundestagswahl 2017:CSU und SPD ringen um Fassung

Obwohl Andreas Lenz über das Direktmandat und Ewald Schurer über die Liste wieder in den Bundestag einziehen können, verderben die herben Verluste und das Erstarken der AfD die Wahlpartys

Von Thomas Daller, Erding

Andreas Lenz hat wie erwartet für die CSU das Direktmandat für den Wahlkreis Erding-Ebersberg geholt. Auch Ewald Schurer wird für die SPD-Landesliste den Wahlkreis wieder in Berlin vertreten. Nach einer fröhlichen Wahlparty stand jedoch keinem von beiden der Sinn: Wie in allen Wahlkreisen wurde die Wahl zum 19. Bundestag nicht nur von den hohen Verlusten der Volksparteien überschattet, sondern auch von der starken Wählerwanderung zur AfD.

Andreas Lenz war zum Auftakt des Wahlabends in den großen Sitzungssaal des Landratsamtes Erding gekommen, um zusammen mit Landrat Martin Bayerstorfer (CSU) auf die ersten Prognosen zu warten. Lenz hatte sich kurz vor 18 Uhr noch einen Teller mit Leberkäse und Kartoffelsalat geholt, als ihm der Appetit verging: Fassungslos sah er die Zahlen des Bayerischen Fernsehens, nach denen die CSU auf 38,5 Prozent absackte, der bisherige Koalitionspartner SPD auf 20 Prozent schwand und die AfD, die bei der letzten Bundestagswahl nicht über die Fünf-Prozent-Hürde gekommen war, mit 13,5 Prozent alle aktuellen Prognosen über den Haufen warf. "Das ist nicht wie damals mit Schönhuber und den Republikanern", sagte Lenz. "Politisch gesehen ist das eine andere Republik." Lenz vertrat indes nicht die Ansicht, dass der rechte Rand der CSU zur AfD übergelaufen ist, obwohl sie das schlechteste Ergebnis bei einer Bundestagswahl nach 1949 hinnehmen musste. Seines Erachtens hätten jene das Wahlergebnis geprägt, die bisher nicht zur Wahl gegangen sind. Tendenziell sei eine solche Stimmung wahrnehmbar gewesen, sagte Lenz. Aber keine aktuelle Umfrage habe solche Werte abgebildet. Landrat Martin Bayerstorfer befürchtete, dass sich der Erfolg der AfD nicht nur bei den Landtagswahlen in Bayern 2018 wiederholen könnte, sondern dass nun auch auf kommunaler Ebene Strukturen entstehen könnten, über die die AfD dann 2020 in die Stadt- und Gemeinderäte einziehen könnte.

Bundestagswagl

Erschrocken ist der CSU-Bundestagsabgeordnete Andreas Lenz, als die ersten Prognosen um 18 Uhr bekannt gegeben wurden.

(Foto: renate schmidt)

Ewald Schurer, der gegen 19.30 Uhr im Stüberl der Arbeiterwohlfahrt in der Münchner Straße in Erding eintraf, machte ebenfalls kein Hehl aus seiner Enttäuschung: "Wir haben es nicht geschafft, eine relativ gute Leistung für uns zu reklamieren", sagte er den dort wartenden Genossen. Obwohl die SPD vom Mindestlohn bis hin zur Rentenverbesserung eine Menge geleistet habe. Aber die "Kampagne des Willy-Brandt-Hauses war eher zweitklassig", sagte Schurer. "Der Rückenwind kam nicht."

Dass es bei dieser Bundestagswahl zahlreiche Protestwähler geben werden, sei bereits an den Infoständen spürbar gewesen, räumte Schurer ein. Aber er habe bis zuletzt gehofft, dass sie nicht auch noch drittstärkste Kraft werden würden. Nun dürfe man aber nicht den Fehler machen, "Leute, die der AfD auf den Leim gegangen sind, mit der AfD gleichzusetzen".

Schurer hatte bereits nach der Bundestagswahl 2013 für eine SPD in der Opposition plädiert: Eine große Koalition sei "das Allerletzte, was ich mir wünschen würde", hatte er damals am Wahlabend gesagt. Nun wiederholte er seinen Standpunkt eindringlich: "Die Basis kommt nicht erst heute zur Erkenntnis, dass uns die Opposition gut tun würde. Mit so einem Ergebnis brauchen wir über eine Regierungsbeteiligung nicht mehr nachdenken. Wir kämpfen in der Opposition." Der Bundestagabgeordnete schwor die Genossen darauf ein, dass sich die SPD in den nächsten vier Jahren "regenerieren" werde: "Das Allerletzte wäre, dass wir nun sagen würden, wir lassen jetzt nach."

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