Bürgerversammlung in Dorfen:Amtliche Zermürbungstaktik

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Zugegeben, eine Bürgerversammlung ist keine Party wie die von Antenne Bayern im Jahr 2015, bei der sich Bürgermeister Heinz Grundner offensichtlich bestens amüsierte. Ein bisschen mehr Schwung wäre jedoch machbar. (Foto: Renate Schmidt)

Die Bürgerversammlung in der Stadt Dorfen ist eine ermüdende und dröge Angelegenheit

Von Florian Tempel, Dorfen

Nach zwei Stunden eröffnete Bürgermeister Heinz Grundner (CSU) endlich die Diskussion- und Fragerunde. Der erste Bürgerwunsch war, ob man den Ablauf beim nächsten Mal umdrehen könnte, "dass man erst mal die Bürger reden lässt". Diesem Vorschlag erteilte Grundner umgehend eine Absage: "Ich glaube, dass es schon wichtig ist, dass man zuerst einen Impuls gibt." Es bleibt also dabei. Auf der Bürgerversammlung spricht vor allem der Bürgermeister. Traurig ist das auch, weil Grundners Einschätzung, er sei als Redner ein Impulsgeber, an der Realität vorbei geht. Das Vortragskonzept des Dorfener Bürgermeisters baut vielmehr auf Zermürbungstaktik auf.

Behördendeutsch und Floskeln

Es ist schwierig, einen längeren Vortrag so zu halten, dass man seine Zuhörer nicht ermüdet. Grundner sprach eineinhalb Stunden lang. Er tat das in seinem speziellen Redestil, einem selbstgestricktem Behördendeutsch, das er ab und an mit antiquierten Floskeln aufzupeppen versuchte. Ein Beispiel: Als es um die Steuereinnahmen der Stadt ging, sagte Grundner: "Es könnte aus Sicht der Kämmerei natürlich immer ein Schnaps mehr sein, um den kommunalen Aufgaben und Verpflichtungen auch gerecht werden zu können." Wie bitte? Eine andere, für Grundner typische Redepassage war: "Welche Variante zum Tragen kommen wird, wird zeitnah entschieden werden müssen." Aha. Das klingt amtlich und ist auch sonst völlig nichtssagend. Als er nach 90 Minuten ohne Pause schließlich fertig war, ließ Grundner unangekündigt noch eine Vertreterin der Wildland-Stiftung reden. Die Bürger warteten geduldig eine weitere halbe Stunde.

Immerhin: 30 Bürger waren da.

In der Stadt Dorfen ist das Interesse an der allgemeinen Bürgerversammlung seit vielen Jahren auffällig gering. Am Montag hatten sich etwa 30 Dorfener im Gasthaus am Markt eingefunden. Immerhin 30, muss man sagen. Vor einigen Jahren waren einmal nur vier oder fünf Dorfener zu einer Bürgerversammlung im Streibl-Saal erschienen. Es war eine jammervolle Situation, denn in den Saal passten mehrere hundert Menschen. Die Zahl der Verwaltungsmitarbeiter, die einen solchen Abend als Arbeitszeit verbuchen dürfen, war damals größer als die der Bürger.

Man weiß gar nicht so recht, woran es in Dorfen liegt, warum es mit den Bürgerversammlungen so hapert. In anderen Kommunen sind die Bürgerversammlungen gut besuchte Veranstaltungen. Und auch andernorts redet erst mal der oder die Bürgermeisterin, mal mehr, mal weniger mitreißend. Es ist auch überall üblich, den Bürgern ausführlich über Einnahmen und Ausgaben, Investitionen und Projekte zu berichten. Doch so dröge wie in Dorfen ist es selten wo.

Empfehlungen müssen behandelt werden.

Bürgerversammlungen sind Pflicht, sie sind in der bayerischen Gemeindeordnung festgelegt: "In jeder Gemeinde hat der erste Bürgermeister mindestens einmal jährlich eine Bürgerversammlung zur Erörterung gemeindlicher Angelegenheiten einzuberufen." Und: "Empfehlungen der Bürgerversammlungen müssen innerhalb einer Frist von drei Monaten vom Gemeinderat behandelt werden."

Auch damit hat man in Dorfen offenbar ein Problem. Der zweite Bürger, der sich bei der Bürgerversammlung am Montag zu Wort meldete, berichtete jedenfalls folgendes: Vor einem Jahr habe er bei der Bürgerversammlung drei konkrete Punkte angesprochen, eine Woche später war er ins Rathaus gegangen, um seine Anliegen noch einmal darzulegen. Danach habe er nichts mehr gehört und es sei auch nichts von dem, was er angeregt habe, umgesetzt worden. Es war sicher korrekt, was Bürgermeister Grundner darauf erwiderte: "Dazu kann ich nichts sagen." Er entwertete damit aber leider auch den Sinn und Zweck einer Bürgerversammlung.

© SZ vom 18.10.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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