LiteraturNeue Bücher von den Seidls

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Leonhard M. Seidl hat einen historischen Roman geschrieben, der Anfang des 19. Jahrhunderts in München spielt.
Leonhard M. Seidl hat einen historischen Roman geschrieben, der Anfang des 19. Jahrhunderts in München spielt. (Foto: Renate Schmidt)

Vater Leonhard M. Seidl hat einen historischen Roman über den „Finessensepperl“, ein Münchner Original des 19. Jahrhunderts, geschrieben. Sein Sohn Leonhard F. Seidl versammelt in seinem neuen Buch „Beim Anschüren des Eisvogels“ sogenannte „Nature Writing“-Texte.

Von Florian Tempel, Isen

Ihre Namen sind schon sehr ähnlich. Beide heißen mit Vornamen Leonhard und mit Nachnamen Seidl.  Zur Unterscheidung gibt es nur genau einen Buchstaben. Der eine führt in der Mitte ein M. für Michael, der andere hat ein F. für Florian zwischen den Namen. Michael ist der Vater, Florian der Sohn. Ersterer lebt seit Jahrzehnten in Isen, betont jedoch gerne seine Herkunft aus Giesing. Der jüngere Seidl ist in Isen aufgewachsen und lebt seit einigen Jahren in Fürth.

Zu unterscheiden, wer wer ist, ist grundsätzlich wichtig. Bei den Seidls gilt es in diesem Jahr jedoch ganz besonders, denn beide Schriftsteller bringen neue Bücher heraus. Ein bisschen dauert es noch, doch die Erscheinungstage im August liegen sehr nahe beieinander. Da könnte es leicht Verwechselungen geben. Also: Vater Seidl hat einen historischen Roman geschrieben, der Anfang des 19. Jahrhunderts in München spielt. Sohn Seidl veröffentlicht ein Buch mit Nature Writing-Texten, die er insbesondere während mehrerer Stipendien-Aufenthalte in vier verschiedenen Nationalparks in Deutschland, Österreich und Tschechien verfasst hat.

„Nix G’wiss woas ma ned“, dieser allseits bekannte Spruch stammt von einem gewissen Joseph Huber (1763 bis 1829). Er war ein Münchner Original und in der Stadt seinerzeit als „Finessensepperl“ stadtbekannt. Seinen Lebensunterhalt bestritt er als Liebesbrief-Austräger und Vertrauensmann für heimliche Angelegenheiten. Er war Analphabet und ein bescheidener Mann, der mit wenig zufrieden war, denn er ließ sich für seine Dienste vornehmlich in Naturalien auszahlen.

Der originale Finessensepperl ist natürlich eine hochinteressante und tolle Vorlage für eine literarische Figur. Leonhard M. Seidl hat schon mehrere historische Romane geschrieben. Ob in „Die Rote Hanickl“, „Hundsgift“ oder „Novemberlicht“ ist es ihm dabei immer wieder sehr gut gelungen, Geschichte und Fiktion klug und unterhaltsam zu verbinden. Man darf sich also mit einiger Erwartung auf sein neues Buch freuen, das am 13. August im Verlag Gmeiner erscheint.

So viel sei schon mal verraten: Bei Leonhard M. Seidl trägt der Finessensepperl nicht nur delikate Briefe aus, sondern manchmal auch erotische Literatur und konfiszierte Druckwerke an Geheimbünde. Man kann sich leicht vorstellen, wie gut er über viele Geheimnisse informiert ist und wie viel er mitbekommt. Er gilt dabei bis in die höchsten Kreise als äußerst zuverlässig – nicht zuletzt, weil er nicht lesen kann. Allerdings drängt ihn Nanni, seine Lebensgefährtin, es nun endlich doch zu lernen. Der Sepperl lernt, merkt aber schnell auch: Wer lesen kann, lebt gefährlich.

Leonhard F. Seidl vereint in seinem neuen Buch  Nature Writing -Texte, die unter anderem bei Stipendien-Aufenthalten in Naturparks entstanden sind.
Leonhard F. Seidl vereint in seinem neuen Buch Nature Writing-Texte, die unter anderem bei Stipendien-Aufenthalten in Naturparks entstanden sind. (Foto: privat)

Auch Leonhard F. Seidl hat schon historische Romane verfasst. Sein 2022 erschienenes Buch „Vom Untergang“, für das er mit dem Kulturpreis der Stadt Fürth ausgezeichnet worden ist, ist zwar als Kriminalroman konzipiert, zugleich ist es aber eine packende Darstellung der Weimarer Republik. Der rechtsradikale Isener Forstrat Georg Escherich und der Anarchosyndikalist Fritz Oerter aus Fürth sind reale Personen der Zeitgeschichte.

Insgesamt hat Leonhard F. Seidl bereits sechs Romane sowie zahlreiche Kurzgeschichten, Kommentare und Essays geschrieben. In seinen früheren Werken beschäftigte sich der 49-Jährige stets mit politisch und gesellschaftlich relevanten Themen. Zuletzt verlegte er sich etwas weg von engagierter Literatur auf Nature Writing.

„Vom Schreiben aus dem Gelände“ ist der Untertitel seines neuen Buchs „Beim Anschüren des Eisvogels“.  Es vereint unterschiedliche Arten von Texten, die eines verbindet:  In seinen Erzählungen und Essays verwebt Leonhard F. Seidl Geschichten und Natureindrücke mit eigenen Erlebnissen und Empfindungen. In der Natur „heben sich die Grenzen zwischen den Staaten, Innen und Außen, zwischen Vergangenheit und Gegenwart auf“, heißt es in der Ankündigung seines Verlags Killroy Media, der das Buch am 11. August herausbringt.

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