Süddeutsche Zeitung

Brauereien in der Krise: "Ich sehe keine Perspektive mehr für die Zukunft"

Ausgerechnet im Jubiläumsjahr, in dem die Stadt Dorfen im Landkreis Erding ihr 1250-jähriges Bestehen feiert, bricht ein wichtiges Stück ihrer Geschichte weg: Die Traditionsbrauerei Bachmayer stellt den Betrieb ein.

Von Thomas Daller, Erding

Das ist ein harter Schlag für Dorfen: Ausgerechnet im Jubiläumsjahr, in dem die Stadt 1250-jähriges Bestehen feiert, bricht ein wichtiges Stück ihrer Geschichte weg. Die Brauerei Bachmayer, deren Wurzeln bis zum "Drommerbräu" zurückreichen, der 1649 erstmalig erwähnt wurde, stellt den Betrieb ein. Auch im Dorfener Bierkrieg von 1910, als es wegen einer Bierpreiserhöhung massive Unruhen und Brandstiftungen in Dorfen gegeben hat, spielte der Bachmayer eine historische Rolle. Was mit der großen Immobilie geschehen wird, die mitten in der Stadt am Marienplatz liegt, ist noch ungewiss. Brauereichef Josef Hörmann will sich frühestens Ende des Jahres darüber Gedanken machen.

Die Corona-Krise hat tiefe Spuren in der deutschen Brauwirtschaft hinterlassen. Gerade kleinere Brauereien, die stark vom Gastronomiegeschäft und von Veranstaltungen abhängig sind, rutschten in die Krise. Hinzu kommen nun auch noch die stark gestiegenen Energie- und Rohstoffpreise. Der Deutsche Brauerbund bezeichnete bereits 2022 als eines der schwärzesten Jahre in der Geschichte und 2023 seien die Aussichten ebenfalls düster.

Nun hat es auch die Brauerei Bachmayer in Dorfen erwischt. "Energie, Rohstoffe, ich sehe keine Perspektive mehr für die Zukunft", sagte Brauereichef Hörmann. "Ich kriege auch keine Fachleute mehr, das Problem mit dem Personal haben fast alle Brauereien." Aktuell beschäftigt er nur noch drei Mitarbeiter, mindestens zwei weitere würde er benötigen.

Bis Ende April soll noch alles an Eigenproduktion verkauft werden, dann ist Schluss. Die Brauerei beliefert eine niedrige zweistellige Zahl von Gasthäusern, die gerade informiert werden, dass sie sich einen anderen Lieferanten suchen müssen. Eine einstellige Zahl von Gasthäusern gehört der Brauerei selbst, dort läuft nur die Pacht weiter und die Brauereibindung fällt weg. Auch die Gmaade Wiesn GbR, die Veranstalter des Dorfener Volksfestes sind, hat die Brauerei Bachmayer bereits informiert, dass sie 2023 kein Festbier mehr liefern werden. "Die haben jetzt noch sieben Monate bis zum Volksfest", sagte Hörmann. Genug Zeit, um Ersatz zu finden.

Nach dem Abverkauf der Eigenproduktion wird noch bis zum Sommer gearbeitet. Bis dahin gebe es noch genug zu tun. Von den drei Mitarbeitern gehe einer dann in Rente, die beiden anderen würden wohl problemlos eine Anstellung bei einer anderen Brauerei finden, weil Fachpersonal in der Branche gesucht sei.

Wie es mit der großen Immobilie im Herzen von Dorfen weitergeht, ist noch ungewiss. Im Erdgeschoss befindet sich seit 52 Jahren das Einrichtungshaus Thalmeier, im vorderen Bereich die Verwaltung der Brauerei und hinten die Produktionsräume. Die zentrale Lage würde sich für Wohnungen anbieten, wenn man das Gebäude in Teilen entkernen würde. Schwierig würde es mit den erforderlichen Stellplätzen. Überlegungen oder gar Pläne existieren für eine Nachnutzung aber noch nicht, sagte Hörmann.

Die Brauerei Bachmayer ist die letzte der sechs Dorfener Brauereien, die es seit Anfang des 16. Jahrhunderts bis ins 20. Jahrhundert hinein gab. Bis Mitte des 19. Jahrhunderts erzeugten die Dorfener Bierbrauer ihr Bier im Kommunbrauhaus, das sich gegenüber dem ehemaligen Gasthaus Streibl in der Schäfflergasse befand. Das Bier lagerten sie dann in ihren eigenen Kellern. Bis Martin Bachmayer 1847 in den damaligen Drommerbräu einheiratete und als erster in Dorfen hinter seiner Gastwirtschaft ein eigenes Brauhaus errichten ließ. Die anderen Brauer taten es ihm gleich und errichteten ebenfalls eigene Brauhäuser. Das alte Kommunbräuhaus war nun überflüssig, es verfiel und wurde abgerissen.

In die Annalen der Stadt ging insbesondere der Brauereibesitzer und Ökonomierat Josef Bachmayer beim Bierkrieg ein. Wegen der leeren Staatskassen hatte der Landtag in München Anfang 1910 ein Malzaufschlaggesetz beschlossen. Als die Brauer die neuen Abgaben auf den Bierpreis aufschlugen, begann es im Volk zu rumoren. Für die Maß mussten nun 26 statt 24 Pfennig bezahlt werden. In ganz Bayern kam es zu Protesten, die am 5. Juni in Dorfen ihren Höhepunkt erreichten. Kurz nach Mittag ging das Gasthaus "Zum Jakobmayer" in Flammen auf. Bald darauf brannte auch die "Soafa", ein weiteres Traditionswirtshaus.

Das Feuer erfasste auch benachbarte Gebäude. Eine wild gewordene Menge wogte gegen die Brauerei der Familie Bachmayer, warf Fenster ein, stürmte die Wirtsstube, zerschlug Stühle und Tische. Die Familie, die sich in ihrer Wohnung verbarrikadiert hatte, fürchtete um ihr Leben. Auf Drängen der Tochter wagte sich der alte Ökonomierat Josef Bachmayer aus der Wohnung, stellte sich in der Wirtsstube todesmutig der johlenden Menge und verkündete die Rücknahme der Preiserhöhung. Daraufhin, so sagen die Quellen, hätten die erbosten Krieger den soeben noch geschmähten Bräu hochleben lassen.

Josef Hörmann findet keinen Nachfolger

Die Familie Hörmann bewirtschaftet neben der Brauerei auch einen Gutshof. Bis 1968 hat man sogar eigenen Hopfen angebaut, bis keine Hopfenzupfer mehr kamen und die Gerüste verrotteten. 1973, mit der Ölkrise, wurde dann auch das Mälzen eingestellt, weil mit den Ölpreisen auch die Arbeitslöhne stiegen. Seit 2011 wurden in Dorfen nur noch die Fässer abgefüllt, die Abfüllung der Flaschen erfolgte seither beim Fischerbräu in Eitting. Und nun ist es in der Brauerei Bachmayer auch mit dem Brauen vorbei. Persönliche Gründe haben ebenfalls eine Rolle gespielt, sagte Josef Hörmann: "Ich werde nächstes Jahr 60 und ich habe keinen Nachfolger."

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