Bockhorn:Attacken auf die Nordumfahrung

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In Erding gibt es 558 Einwendungen gegen das Straßenprojekt, Bockhorn rechnet mit 300 schriftlichen Protesten. Der Bund Naturschutz kündigt an, dass der Verband in jedem Fall klagen dürfe und das auch tun werde

Von Florian Tempel, Bockhorn

Nach der öffentlichen Auslegung der Pläne manifestiert sich der Widerstand gegen die Nordumfahrung Erding in der Zahl der Einwendungen, die zahlreiche Bürger erheben. Im Erdinger Rathaus sind 558 Beschwerden abgegeben worden. In Bockhorn, wo die Frist erst am kommenden Montag endet, sind es aktuell etwa hundert. Bürgermeister Hans Schreiner (Freie Wähler) rechnet bis zum Ablauf der Frist jedoch mit bis zu 300 schriftlichen Bürger-Protesten. Am Sonntag ist das Bockhorner Rathaus von 10 bis 13 Uhr geöffnet, damit Einwendungen abgegeben werden können.

Der Bund Naturschutz hat seine Ablehnung der Nordumfahrung bereits an die Regierung von Oberbayern geschickt. Die wird in den kommenden Wochen die Beschwerden sichten und bewerten. In einem nächsten Schritt könnte die Bezirksregierung einen Anhörungstermin im Frühjahr 2015 ansetzen. Wenn die Regierung von Oberbayern die Nordumfahrung genehmigen sollte, ist mit Klagen vor dem Verwaltungsgericht zu rechnen. Die Gemeinde Bockhorn hat bereits einen Fachanwalt für Verwaltungsrecht beauftragt, ihre Interessen zu vertreten, sagte Bürgermeister Schreiner bei einem Pressegespräch am Dienstag. Ob die Kommune jedoch überhaupt klageberechtigt ist, sei noch nicht geklärt. Die Gemeinde hat darüber hinaus ein Münchner Verkehrsplanungsbüro beauftragt, die Zahlen und Prognosen zur Verkehrsentwicklung, die in den Planungsunterlagen enthalten sind, zu überprüfen und nachzurechnen.

Der Geschäftsführer der Kreisgruppen Erding und Freising des Bund Naturschutz, Manfred Drobny, kündigte an, dass sein Verband in jedem Fall klagen dürfe und werde. Der Sprecher der Bockhorner Bürgerinitiative "Nordumfahrung - die vernünftigere Alternative", Martin Haindl, ist sich zudem sicher, dass auch Grundeigentümer gegen die Nordumfahrung vor Gericht ziehen werden.

Die meisten Gegner und Kritiker der Nordumfahrung kommen aus dem Erdinger Stadtteil Langengeisling. Die als Kreisstraße ED 99 geplante Umgehungsstraße würde nahe dem nördlichen Rand von Langengeisling vorbei führen. In Bockhorn wird ein massive Zunahme des Verkehrsaufkommens durch Schleichwegverkehr befürchtet.

Beim Pressegespräch in Bockhorn fassten Schreiner, Drobny und Haindl ihre Argumente gegen die Nordumfahrung noch einmal zusammen. Der Bockhorner Bürgermeister nannte rechtliche Bedenken. Es sei "Etikettenschwindel", dass die Nordumfahrung als Kreisstraße geplant werde, sagte Schreiner. Denn es sei ausgemacht, dass sie später zur Staatsstraße umgewidmet werde. Für eine Straße mit "erheblicher überörtlicher Bedeutung" - die Nordumfahrung sei eine "Erschließungsstraße eines internationalen Großflughafens" - müsste aber ein Raumordnungsverfahren vorgenommen werden, was unterblieben sei. Außerdem seien die aus Bockhorn vorgeschlagenen Trassenvarianten über den Fliegerhorst nicht korrekt untersucht worden. "Das ist ein gewichtiges Argument", befand auch Drobny.

Haindl setzt vor allem darauf, dass die Prognosen zur Verkehrsentwicklung angreifbar seien. Die in den Planungsunterlagen enthaltenen Zahlen seien nicht nachvollziehbar. Auch die Langengeislinger Bürgerinitiative und der Verkehrsclub Deutschland vertreten die Ansicht, das die vorausgesagte Entlastung der Anton-Bruckner-Straße in Erding zu gering ausfalle, als dass man damit den Bau einer Umgehungsstraße rechtfertigen könne. Drobny sagte, dass sei auch für den Bund Naturschutz ein Hauptargument.

Die Prognosen, auf denen die Planung der Nordumfahrung basierten, berücksichtigten zudem den Bau einer dritten Start- und Landebahn am Münchner Flughafen. Das sei jedoch nicht mehr aktuell. Da sich die Stadt München gegen eine dritte Startbahn ausgesprochen habe, "sind die Zahlen des Verkehrsgutachters nicht mehr brauchbar - das sehen wir als rechtlich relevant an". Die geplante Nordumfahrung sei auch aus Artenschutzgründen, wegen der großen Flächenversiegelung, des Verlusts von bestem Ackerland und von Erholungsräumen in mehrfacher Hinsicht eine Fehlplanung.

Nebenbei erwähnte Drobny einzelne Tierarten wie Kiebitze, Laubfrösche und Störche, deren Lebensraum durch eine Nordumfahrung erheblich beeinträchtigt, wenn nicht vollständig zerstört werden würde. Gleichwohl kämpfe der Bund Naturschutz nicht gegen die Umgehungsstraße, "weil der Kiebitz oder Brachvogel wichtiger als der Mensch" wäre, sondern weil die Straße in der Gesamtsicht ein falsches Projekt sei.

© SZ vom 03.12.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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