Biologische Datenverarbeitung:Aufschluss über unser Denken und Fühlen

Biologische Datenverarbeitung: Die 33-jährige Julijana Gjorgjieva erforscht mit mathematischen Methoden, wie unsere Sinne und das Denken funktionieren. Bereits von Kindesbeinen an löste sie mit Begeisterung mathematische Aufgaben.

Die 33-jährige Julijana Gjorgjieva erforscht mit mathematischen Methoden, wie unsere Sinne und das Denken funktionieren. Bereits von Kindesbeinen an löste sie mit Begeisterung mathematische Aufgaben.

(Foto: Marco Einfeld)

Julijana Gjorgjieva untersucht mit mathematischen Methoden, wie das Gehirn des Menschen funktioniert

Was passiert in unserem Gehirn und wie funktioniert das Denken, - die Antworten auf diese Fragen liegen noch weit in der Zukunft. Die junge Wissenschaftlerin Julijana Gjorgjieva, die von Kindesbeinen an mathematische Aufgaben löste und bereits in der Schule in Mazedonien an zahlreichen Wettbewerben erfolgreich teilnahm, erforscht mit mathematischen Methoden, wie unsere Sinne und das Denken funktionieren. Dafür werden neuronale Netzwerke modelliert, die Funktionen eines echten Gehirns nachahmen und Aufschluss über unser Denken und Fühlen geben.

Gjorgjieva hat kürzlich die Tenure Track Professur für Computational Neuroscience am Wissenschaftszentrum Weihenstephan der TU-München erhalten, der Hauptarbeitsort der 33-jährigen Wissenschaftlerin ist jedoch das Max-Planck-Institut für Hirnforschung in Frankfurt am Main, wo sie eine Arbeitsgruppe leitet.

Die TU München kooperiert deutschlandweit mit den Max-Planck-Instituten und gibt Leitern von Forschungsgruppen mit den Tenure Track Professuren die Chance, an der Universität zu lehren und den Studierenden neueste wissenschaftliche Ergebnisse zu vermitteln. Die Computational Neuroscience (berechnende Neurowissenschaft) verbinde neurowissenschaftliche Untersuchungen mit moderner Datenanalyse, Computersimulation und mathematischer Modellierung, sagt Gjorgjieva. Bereits 1902 habe der deutsche Physiologe und Biophysiker Julius Bernstein herausgefunden, wie Nervenzellen Informationen durch elektrische Ströme weiterleiteten und verarbeiteten.

Die Forscherin sammelt Daten aus einem internationalen Netzwerk, in das auch die Ergebnisse von Versuchen mit Mäusen, Ratten oder Fliegen einfließen und interpretiert sie. Im Gehirn sendeten Neuronen elektrische Impulse an die Zellen, es gäbe einen neuronalen Code, der vorgebe, wie ein Gehirn auf Reize reagiere, schildert die Forscherin. Dazu kämen chemische Prozesse, Moleküle und Zellmembranen, die miteinander kommunizierten. Sämtliche Informationen flossen zusammen und daraus könne man in Zukunft mit mathematischen, statistischen oder mit dynamischen Systemen ein Modell des Gehirns berechnen, sagt Gjorgjieva. Mit diesem künstlichen Gehirn gewinne man Erkenntnisse über Krankheiten wie zum Beispiel der Schizophrenie. Und es sei auch möglich, mit einem Modell des Gehirns am PC Experimente zu machen, die am lebenden Objekt nicht möglich seien.

Die junge Wissenschaftlerin brennt aber nicht nur für ihre Forschung, sondern möchte auch jungen Biologiestudenten am Wissenschaftszentrum Weihenstephan mit Mathematik und Statistik vermitteln, wie man biologische Daten verarbeitet. Für Gjorgjieva war die Mathematik immer schon das Zentrums ihres Lebens. "Pure Mathematik ist wunderschön" sagt sie. Bereits mit 16 Jahren erhielt sie ein Stipendium für eine kleine, private High School in Philadelphia, USA und studierte nach ihrem Abitur wieder mit einem Stipendium am renommierten Harvey Mudd Collge, denn ihre Eltern hätten sich ein Studium ihrer Tochter in den USA nicht leisten können, berichtet die Wissenschaftlerin. In kleinen Gruppen studierte sie zunächst Mathematik, Biologie, Chemie und Informatik und machte ihren Bachelor in Mathematik. Anschließend ging sie nach Cambridge, England. "Ich wollte nie etwas anderes als Mathematik machen", erinnert sie sich.

Nach ihrem Master promovierte sie im Fach Computational Neuroscience am Fachbereich für Mathematik und Physik in Cambridge und ging anschließend als Post Doc an das Zentrum für Hirnforschung nach Harvard, Massachusetts USA, bevor sie mit einem Stipendium zwei Jahre lang bis 2016 am Biologie-Department der Brandeis Universität forschte. An allen diesen Forschungsstandorten sei die Atmosphäre, der Austausch unter den Wissenschaftlern, die gegenseitig voneinander profitierten, beflügelnd. Niemand achte auf ein regelmäßig freies Wochenende oder rechtzeitigen Feierabend, im Vordergrund stehe die Forschung, die Neues entdecke und ungelöste Rätsel entschlüssele, schildert die Wissenschaftlerin. Nach ihrer Zeit in Brandeis bewarb sich Gjorgjieva in Frankfurt erfolgreich beim Max-Planck-Institut für Hirnforschung, wo sie nun auch mit ihrem Partner, einem Physiker, zusammen lebt. Sie könne sich gut vorstellen, in einigen Jahren eine Professur an der TU-München zu übernehmen und dann auch hier zu forschen, blickt die junge Frau in die Zukunft.

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