Bewährung und Geldstrafe:Kreative Buchführung

Ein Gastwirt steht vor Gericht weil er jahrelang Kassenbeiträge für seine Angestellten nicht gezahlt hat

Von Wieland Bögel, Ebersberg

Hören sie das Wort Lohnnebenkosten ist das für viele Unternehmer ein Anlass zur Klage. Zu hoch, finden viele, seien die Zahlungen an die Sozial- und Krankenkassen. Einem Ebersberger Gastwirt ging es offenbar ähnlich, er zahlte für seine Mitarbeiter jahrelang zu wenig ein. Dafür wurde der 61-Jährige nun vom Amtsgericht zu einer Bewährungsstrafe, einer hohen Geldstrafe und der Rückzahlung des Schadens verurteilt.

Dieser ist durchaus erheblich, insgesamt listet die Anklageschrift 228 Fälle von gar nicht oder in zu geringem Umfang geleisteten Beiträge auf. Diese sollen sich zwischen Anfang 2008 und Ende 2013 ereignet haben. Die Schadenssumme aus den nicht bezahlten Beiträgen - sowohl Arbeitnehmer, wie Arbeitgeberanteil - beläuft sich auf einen Betrag von knapp 168 000 Euro. Da die Beiträge zu Kranken- und Sozialkassen offiziell Teil des Lohnes sind, lautete der Vorwurf auf "Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt."

Aufgekommen ist der Fall im Rahmen eines anderen Verfahrens gegen den Wirt. Offenbar nahm er es auch mit dem Bezahlen seiner Steuern nicht so genau. Wie hoch die ausstehenden Summen in dieser Sache sind, steht allerdings noch nicht fest, das Steuer-Verfahren ist noch nicht abgeschlossen.

Bereits vor der Verhandlung am Amtsgericht hatte die Verteidigung signalisiert, dass man an einem Deal interessiert sei. Das Gericht zeigte sich dazu bereit, für den Fall eines umfänglichen Geständnisses des Angeklagten, könne dieser eine Bewährungsstrafe erhalten. Falls der Angeklagte die Vorwürfe einräumt, stellte das Gericht eine Freiheitsstrafe von nicht mehr als zwei Jahren in Aussicht. Zudem soll der Angeklagte 300 Tagessätze zu je 30 Euro Geldstrafe zahlen.

Dieser ging auf den Deal sofort ein und erklärte, dass die Anklageschrift voll zutreffe. Der Verteidiger wies außerdem noch darauf hin, dass sein Mandant sich bereits während der Ermittlungen sehr kooperativ gezeigt habe. Die Liste mit den entgangenen Beiträgen sei unter seiner maßgeblichen Mithilfe entstanden.

Die Staatsanwaltschaft beantragte wie besprochen eine zweijährige Haftstrafe auf Bewährung plus die 9000 Euro Geldstrafe. Der 61-Jährige arbeitet zwar immer noch in der Gastronomie, allerdings als geringfügig Beschäftigter bei einem Verwandten. Wegen dieser Umstände forderte der Verteidiger eine etwas geringere Haftstrafe. Schließlich seien seinem Mandanten, der mittlerweile Insolvenz angemeldet hat, keine Vermögensvorteile entstanden, "er steht mit Anfang 60 ohne Vermögen und mit immensen Schulden da."

Das Gericht folgte dem Antrag der Staatsanwaltschaft und verurteilte den Angeklagten zu zwei Jahren auf Bewährung und 300 Tagessätzen á 30 Euro. Zur Rückzahlung des Schadens wurde außerdem die "Einziehung von Wertersatz" angeordnet - die Pfändung.

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